Berlin. Die Wärmepumpe ist auf dem Vormarsch. Nun verkauft Deutschlands größter Produzent Viessmann sein Geschäft in die USA. Was das bedeutet.

Die Wärmepumpe ist die Heizung der Zukunft. Ausgerechnet jetzt, wo die Heizungswende in Deutschland an Fahrt aufnimmt, verkauft einer der größten Heizungsproduzenten des Landes seine komplette Klimasparte und damit die Wärmepumpen-Produktion an die US-Firma Carrier Global. Die wichtigsten Fragen zum Deal.

Was ist über den Verkauf bekannt?

Trotz gut laufender Geschäfte verkauft das hessische Familienunternehmen Viessmann seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Dieser bezifferte den Kaufpreis für die Sparte mit rund 11.000 Beschäftigten auf 12 Milliarden Euro. 20 Prozent sollen als Aktienpaket an die verbleibende Viessmann-Gruppe gehen, die damit zu einem großen Anteilseigner der US-Firma wird.

Der Geschäftsbereich machte bei Viessmann im vergangenen Jahr 85 Prozent des Umsatzes aus, der für 2022 um 19 Prozent auf den Rekordwert von rund vier Milliarden Euro angestiegen war. Damit bleibt die Wärmepumpen-Produktion von Viessmann auf absehbare Zeit in Deutschland erhalten. Firmenchef Max Viessmann soll einen Sitz im Carrier-Verwaltungsrat erhalten.

Was wird aus den Mitarbeitern?

Beide Seiten haben sich auf langfristige Garantien geeinigt. So sollen betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen sowie wichtige Standorte für Produktion und Entwicklung fünf Jahre gesichert werden und das nordhessische Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt sein. Von den 14.500 Mitarbeitenden arbeiten 8000 in Deutschland, 4500 von ihnen in Allendorf. Mit dem Verkauf von Climate Solutions werden 10.500 Mitarbeitende zu Carrier Global wechseln.

An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie „für 106 Erfolgsjahre“ ausgeschüttet werden. Der Chef des US-Konzerns, David Gitlin, versicherte zudem bei einer Konferenzschalte: „Es geht nicht um Job-Abbau. Wir kommen nicht, um Fabriken zu schließen – im Gegenteil“, sagte Gitlin. „Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren.“

Die Fertigungshalle für Wärmepumpen bei Viessmann in Hessen. Der Heizungsbauer verkauft seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Im Gegenzug übernimmt die verbleibende Viessmann-Gruppe ein Aktienpaket und wird nach eigenen Angaben einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns.
Die Fertigungshalle für Wärmepumpen bei Viessmann in Hessen. Der Heizungsbauer verkauft seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Im Gegenzug übernimmt die verbleibende Viessmann-Gruppe ein Aktienpaket und wird nach eigenen Angaben einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns. © dpa | VIESSMANN

Hat Viessmann zu spät auf Wärmepumpen gesetzt?

Viessmann hat insbesondere in der jüngeren Vergangenheit stark in den Ausbau der Wärmepumpen-Produktion investiert. Mittlerweile gilt das Unternehmen in der Branche als Deutschlands größter Hersteller von Wärmepumpen. Und Global Carrier will das deutsche Traditionsunternehmen, das 1917 gegründet wurde, für 12 Milliarden Euro kaufen – ein hoher Preis angesichts eines Jahresumsatzes von vier Milliarden Euro. Doch der Markt mit Wärmepumpen boomt.

„Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt“, sagte Firmenchef Max Viessmann laut dpa. Zu erwarten ist, dass der Wärmepumpen-Markt auch in den kommenden Jahren massiv wachsen wird, weil Deutschlands Hausbesitzer nach Plänen der Bundesregierung von Gas- und Ölheizungen auf erneuerbare Techniken wie Wärmepumpen umstellen müssen.

Dass Viessmann nun aber verkauft, könnte ein Indiz dafür sein, dass sich das Unternehmen ein adäquates Wachstum aus eigener Kraft auf dem Markt nicht mehr zugetraut hat. Ein Verkauf ergibt gerade jetzt Sinn, da Viessmann aktuell noch einen hohen Verkaufspreis erzielen kann. Branchenkenner gehen davon aus, dass vermehrt internationale Konkurrenz – insbesondere aus Asien mit Samsung, Panasonic oder LG – auf den deutschen Markt drängen wird. In einigen Jahren, wenn der Wärmepumpen-Markt etwas gesättigter ist, wäre der Preis vermutlich niedriger gewesen.

So funktionieren Wärmepumpen

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    Was ist die Kritik an dem Deal?

    Da die Wärmepumpe für Deutschland in Zukunft enorm wichtig wird in der Heizungswende, gefällt der Verkauf von Viessmann in die USA nicht jedem. Jens Spahn (CDU) etwa kritisierte im Gespräch mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): „Die Wärmewende mit der Brechstange erzeugt großen Druck auf deutsche Hersteller.“ Und auch die FDP zeigte sich laut dpa besorgt über den Verkauf: „Geistiges Eigentum und Produktion sind nicht auf Dauer in Deutschland gesichert.“ Und weiter: „Ganz offensichtlich haben Verunsicherung und die befürchtete Überbeschleunigung der Wärmewende diese Entscheidung forciert.“

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hingegen will den Verkauf prüfen. Er kündigte an: „Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient“, sagte der Grünen-Politiker. Die Vorteile der deutschen Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet würden, müssten weiter dem Standort Deutschland zugutekommen.

    Was bedeutet der Deal für die Verbraucher?

    Für Kunden bedeutet der Deal wohl sinkende Preise für Wärmepumpen in den kommenden Jahren. Der Markt wächst und in Zukunft werden wohl vermehrt internationale Firmen auch auf den deutschen Markt drängen. Und auch die anderen deutschen Hersteller wie Stiebel Eltron, Bosch Thermotechnik, Vaillant und Co. bauen ihre Produktionskapazitäten derzeit aus. Verbraucher werden also in Zukunft bei den Anbietern eine größere Auswahl haben. Und je höher das Angebot, desto härter der Preiskampf.