Berlin. Neben Wärmepumpe und Co. soll auch die Gasheizung ab 2024 weiter eingebaut werden können – es gibt aber eine Voraussetzung zu beachten.

  • Hausbesitzerinnen und -besitzer müssen sich an bestimmte Vorgaben halten
  • Bei Heizungen besteht nach einer bestimmten Zeitspanne eine Austauschpflicht
  • Was es mit Blick auf das neue Heizungsgesetz zur Austauschpflicht zu wissen gibt, erfahren Sie hier

Das ursprünglich von Wirtschaftsminister Robert Habeck ins Kabinett eingebrachte Heizungsgesetz hat die Ampel-Koalition wochenlang beschäftigt. Allen voran zwischen der FDP und den Grünen sind die Fronten verhärtet. Die Grünen peilten eine schnelle Einigung an. Die Liberalen wiederum pochten auf eine Technologieoffenheit und lehnten eine voreilige Entscheidung ab. Jüngst wurde die erste Etappe geschafft: Die Parteien haben sich auf einen Kompromiss verständigt – das Heizungsgesetz wurde entschärft.

Heizung älter als 30 Jahre: Austauschpflicht – was sie für das neue Heizungsgesetz bedeutet

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr hatte von "fundamentalen Änderungen" gesprochen. "Die Heizung muss zum Gebäude passen und nicht umgekehrt." Die zwei Kernpunkte für Bestandsgebäude: Holz- und grundsätzlich alle Biomasse-Heizungen sollen die 65-Prozent-Vorgabe erfüllen – sie sollen damit der Wärmepumpe gleichgestellt werden. Auch eine neue Gasheizung soll mit Blick auf das Heizungsgesetz weiter möglich sein.

Damit hat sich die FDP gegen die Grünen durchsetzen können. Der ursprüngliche Gesetzentwurf zielte primär auf rein regenerative Technologien wie die Wärmepumpe ab – jetzt sollen auch Holz- und Gasheizungen stärker berücksichtigt werden. Was bedeutet das für die Austauschpflicht nach 30 Jahren für alte Gas- und Ölheizungen? Zur Erinnerung: Die Austauschpflicht für alte Heizungen wurde noch von der Großen Koalition unter Angela Merkel beschlossen. Im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll die Tauschpflicht weiter Bestand haben.

Heizungsgesetz entschärft: Gasheizung ab 2024 weiter möglich – unter dieser Voraussetzung

Das bedeutet: Hausbesitzer mit einer Gas- oder Ölheizung können 2023 und in den Folgejahren weiter betroffen sein. An der Auflage an sich soll sich im neuen Heizungsgesetz nichts ändern – wegen der jüngsten Änderungen im geplanten Heizungsgesetz ergeben sich für betroffene Eigentümer jedoch mehr Optionen. Statt der Wärmepumpe kann nach aktuellem Stand auch eine Gas- oder Pelletheizung neu eingebaut werden. Speziell bei einer Gasheizung gibt es jedoch Auflagen zu beachten. Diese dürfen neu eingebaut werden, wenn:

  • sie auf Wasserstoff umrüstbar sind oder
  • wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit Biomasse betrieben werden.

Problematisch wird es bloß in der praktischen Umsetzung. Denn noch sind die Gasnetze in Deutschland nicht vollständig auf Erdgasgemische mit hohen Wasserstoffanteilen ausgelegt. Dazu kommt: Eine "H2-ready"-Gasheizung hat einen Haken. Selbst modernste Modelle können Gasgemische mit maximal 30 Prozent Wasserstoffanteil verarbeiten. An Heizungen mit einer noch höheren Zahl wird aktuell geforscht.

HeizungKosten in EUR
Ölheizungab ca. 8.000
Gasheizungab ca. 7.000
Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
Wasserstoffheizungab ca. 30.000
Solarthermieab ca. 10.000
Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

Heizung älter als 30 Jahre: In neue Heizung mit H2 oder Biogas investieren? Ein Faktencheck

Bei einer reinen "H2-ready"-Gasheizung ist die Einhaltung der 65-Prozent-Vorgabe mit erneuerbaren Energien fraglich – unter Umständen muss zusätzlich noch in eine Photovoltaik-Technik (Solar oder Solarthermie) investiert werden. Die Alternative zur neuen Gasheizung im Wasserstoffbetrieb ist die Nutzung mit Biogas. Im Unterschied zur Wasserstoff-Nutzung muss die Gasheizung dafür nicht "H2-ready" sein – theoretisch können also auch bestehende Gasheizungen mit Biogas betrieben werden.

Auf dem Gelände des Energieunternehmens Enertrag steht ein Elektrolyseur, mit dem Wasserstoff hergestellt wird. H2 könnte auch eine Option für die Gasheizungen der Zukunft sein.
Auf dem Gelände des Energieunternehmens Enertrag steht ein Elektrolyseur, mit dem Wasserstoff hergestellt wird. H2 könnte auch eine Option für die Gasheizungen der Zukunft sein. © Christophe Gateau/dpa

Doch auch hier gibt es einen Haken: Auf die Einspeisung von Biogas in das Gasnetz haben die Verbraucher gar keinen Einfluss. Für eine flächendeckende Nutzung müsste der Bestand an Biogasanlagen weiter ausgebaut werden. Stand 2022 erzeugen 9.600 Biogasanlagen in Deutschland ausreichend Wärme für über 2,5 Millionen Haushalte. Die Daten stammen vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Im Mai hatten wir über das Thema mit Manuel Maciejczyk gesprochen. Er ist Geschäftsführer im Fachverband Biogas und verfolgt die Pläne der Politik genau.

Neue Heizung nach 30 Jahren: Kritik an der Gasheizung – Eigentümer stehen vor Problemen

Das Potenzial für Biogas sei groß. "Wir haben in Deutschland einen hohen Selbstversorgungsgrad." Zumal viele Grundstoffe für die Produktion von Biogas ohnehin anfallen. Maciejczyk: "Wir reden nicht bloß von Mais – von Blühpflanzen bis zu Gülle und Stroh kommen eine Vielzahl von Naturstoffen für die Biogas-Produktion infrage." Letztlich die komplette Fruchtfolge, also die Abfolge aller Nutzpflanzen auf einem Acker innerhalb eines Jahres. Maciejczyk ist sich sicher: "Bis 2030 können wir sieben Millionen Haushalte mit Biogas erreichen."

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Für von der Austauschpflicht betroffene Hausbesitzer bedeutet das: Neben Wärmepumpe und Co. kann auch eine Gasheizung eine Möglichkeit sein – im Wasserstoff- oder Biogasbetrieb. Allerdings gibt es noch viele schwer kalkulierbare Variablen. Dazu zählen die Umrüstung der Gasnetze auf Gas mit H2-Anteil oder der Ausbau von Biogasanlagen. Letzteres ist auch eine ethische Frage. Denn Kritiker von Biogas bemängeln die Praxis – Lebensmittel wie Mais werden zur Energieerzeugung genutzt, während viele Menschen in der Welt hungern.

Austauschpflicht nach 30 Jahren: Neue Zahlen überraschen – wie viele wirklich betroffen sind

Jüngst hatte auch eine Behörde vor der Nutzung von Biogas gewarnt – und über die Gefahren aufgeklärt. Und was bedeutet das für von der Austauschpflicht betroffene Verbraucher? Fest steht: Eigentümer mit einer 30 Jahre alten Gas- oder Ölheizung sollten keine überstürzte Entscheidung treffen. Denn von der Austauschpflicht gibt es eine Reihe von Ausnahmen – etwa für Heizungen mit Brennwert- oder Niedrigtemperatur-Technik. Neue Zahlen hatten jüngst für viel Aufsehen gesorgt. Lesen Sie hier: Wie viele Haushalte tatsächlich von der Austauschpflicht betroffen sind

Umgekehrt sollten sich Hausbesitzer rechtzeitig Gedanken über eine Alternative für ihre alte Gas- oder Ölheizung machen. Dabei sollten alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Unter Umständen ist sogar in Altbauten die Wärmepumpe eine Option – eine Checkliste mit den Voraussetzungen finden Sie hier. Ramona Ballod – Energiereferentin der Verbraucherzentrale Thüringen – empfiehlt: "Nehmen Sie sich für Ihre Entscheidung Zeit – und wägen Sie die Vor- und Nachteile aller gängigen Heizsysteme ab."

Heizung älter als 30 Jahre: Expertinnen geben wichtigen Ratschlag – so reagieren Sie richtig

Ähnlich äußerte sich Iris Ege von der Energieagentur Biberach (Baden-Württemberg) im Interview mit der "Schwäbischen". "Ich empfehle deshalb in Ruhe zu überlegen, was man macht." Im ersten Schritt legen beide Expertinnen eine Beratung nahe. Hier kommen Energieberater oder auch ein Gespräch bei einer Verbraucherzentrale infrage. Mögliche Alternativen zur Gas- oder Ölheizung sind neben der Wärmepumpe eine Pelletheizung oder auch ein Anschluss an ein Nah- oder Fernwärmenetz.

Im überarbeiteten Heizungsgesetz soll allen voran die Fernwärme stärker forciert werden. Unter Umständen kann der Anschluss an ein Fernwärmenetz für Hausbesitzer besser als eine Wärmepumpe sein – Stichworte Platz und Geräuschentwicklung. Unabhängig von der neuen Heizungstechnik gibt es für von der Austauschpflicht betroffene Verbraucher Förderungen vom Staat. Der "Heizungs-Tausch-Bonus" etwa bezuschusst den Wechsel von Gas und Heizöl auf rein regenerative Öko-Heizungen. Auch hier lohnt sich eine auf die individuellen Gegebenheiten ausgerichtete Recherche.

HeizungGrundförderungHeizungs-Tausch-BonusWärmepumpen-BonusFörderung gesamt
Wärmepumpe2510540 Prozent
Pelletheizung101020 Prozent

FAQ zum neuen Heizungsgesetz

1. Was sind die grundlegenden Änderungen?

Neue Heizungen sollen künftig zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden – hier ändert sich nichts. Allerdings wurde am Zeitplan deutlich entschärft und neben der Wärmepumpe sind andere Heizungstechniken gleichberechtigt – etwa Biomasse-Heizungen. Neu im Gesetz ist auch die kommunale Wärmeplanung. Mehr dazu in Punkt fünf.

2. Ab wann soll das Heizungsgesetz gelten?

Das Gesetz soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Es wird jedoch eine Übergangsphase geben – in dieser soll eine kommunale Wärmeplanung erstellt werden. Erst im Anschluss sollen die Vorgaben im neuen Heizungsgesetz greifen.

3. Welche Systeme erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe?

Neu ist: Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe ausnahmslos. Auch Gasheizungen – zu 65 Prozent mit Biomasse oder Wasserstoff betrieben – sollen unter bestimmten Umständen weiter eingebaut werden können. Rein regenerative Alternativen wie die Wärmepumpe erfüllen die 65 Prozent ohnehin.

4. Ist eine Gasheizung nach 2024 noch zulässig?

Ab Januar 2024 sollen Gasheizungen eingebaut werden können – die Voraussetzung: Die neue Heizung muss auf Wasserstoff umrüstbar sein oder über Biogas betrieben werden. Diese Regelung greift auch für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten.

5. Wie wirkt sich die kommunale Wärmeplanung auf das Gesetz aus?

Die kommunale Wärmeplanung soll vorliegen, bevor Hauseigentümer aufgrund des Gesetzes zum Heizungsaustausch verpflichtet werden. Das bedeutet, dass in Gebieten – in denen keine kommunale Wärmeplanung vorliegt – die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) noch nicht gelten.

6. Was ist die kommunale Wärmeplanung?

Die kommunale Wärmeplanung ist letztlich ein strategischer Prozess. Gemeinden und Städte sollen ihre Wärmeversorgung planen und steuern – um ihre Energieeffizienz zu verbessern, den Einsatz erneuerbarer Energien zu erhöhen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Dieser Prozess beinhaltet die Erstellung eines Wärmeatlasses, die Analyse der bestehenden Infrastruktur und die Bewertung von Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energien.

Die Wärmeplanung berücksichtigt sowohl technische als auch wirtschaftliche Aspekte und beinhaltet die Beteiligung der Öffentlichkeit, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Bedenken der Gemeindemitglieder berücksichtigt werden. Insgesamt dient die kommunale Wärmeplanung dazu, die komplette Wärmeversorgung nachhaltiger, effizienter und kosteneffektiver zu gestalten und die Ziele des Klimaschutzes zu unterstützen.

7. Wie wird die Umrüstung auf erneuerbare Heizungen bei Bestandsgebäuden geregelt?

Bestandsgebäude werden zur Umrüstung auf erneuerbare Heizungen verpflichtet, sobald die kommunale Wärmeplanung vorliegt. Dies könnte in einigen Regionen erst ab 2028 der Fall sein.

8. Was ist das geplante "Heiz-Kataster" im neuen Gesetz?

Das geplante Heiz-Kataster verpflichtet Kommunen, den Energieverbrauch der Gebäude in einer Region genau zu erfassen. Dies soll mehr Planungssicherheit bei der Wärmewende bieten.

9. Wie wirkt sich das neue Heizungsgesetz auf die Austauschpflicht aus?

Das neue Heizungsgesetz hat keinen erheblichen Einfluss auf die Austauschpflicht von bestehenden Heizungssystemen – die bisherigen Vorgaben für den Heizungstausch haben weiter Bestand. Aufgrund der Neuerungen im Heizungsgesetz haben Betroffene aber mehr Alternativen zur klassischen Gas- oder Ölheizung. Neben Wärmepumpe und Co. sollen zusätzlich unter bestimmten Bedingungen weiterhin Gasheizungen zulässig sein, die mit Biomasse oder H2-Wasserstoff betrieben werden.

Dennoch hängt die spezifische Auswirkung des neuen Gesetzes auf die Austauschpflicht von der jeweiligen kommunalen Wärmeplanung ab – bis diese vorliegt, sind die Bestimmungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für den Austausch von Heizungen nicht anwendbar. Daher kann es sein, dass in einigen Regionen die konkreten Auswirkungen des neuen Heizungsgesetzes auf die Austauschpflicht erst in einigen Jahren vollständig spürbar sein werden.

10. Welche neuen Förderungen soll es für den Wechsel zu erneuerbaren Heizungen geben?

Die bestehenden Förderungen für neue Heizungen (2023) sollen weiter optimiert werden, um unterschiedliche soziale Härten zu adressieren und breitere Teile der Gesellschaft zu erreichen. Im Förderkonzept ab 2024 sind daher Klimaboni vorgesehen, die auf verschiedene Verbrauchergruppen abzielen.