Osterode. Niemand denkt gerne an Bestatter. Dabei haben die meisten kaum eine Vorstellung von dem Beruf. Wer sind die Menschen dahinter?

Der Verlust eines Menschen ist immer eine schmerzliche Erfahrung. Gerade in einer solch emotional schweren Zeit müssen Angehörige kurzfristig viele Entscheidungen treffen, die weitreichende Auswirkungen haben können. Welche Rolle spielt dabei ein Bestatter?

„Die allermeisten Bestatter, die ich aus meiner Verbandstätigkeit kenne, haben einen wirklich hohen Anspruch an sich selbst“, so Wolfgang Litzenroth, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des GBI, dem Großhamburger Bestattungsinstitut. „Der Pietätsgrundsatz lautet in Kurzform, dass man versucht, alles zu vermeiden, was zu marktschreierisch und zu aufdringlich ist.“

Wie ist das, täglich mit dem Tod konfrontiert zu sein? Alptraum oder doch Traumberuf? Dazu sagt Litzenroth: „Der Bestatter kann viel für Menschen tun. Es gibt eine soziale Komponente, was auch mit Geschäftsgebaren verbunden ist. Die Kombination aus beidem kann reizvoll sein.“

Ortstermin in Bad Lauterberg

Ortstermin bei Joan Collier, Bestattermeisterin bei Bestattungen Rien in Bad Lauterberg. Wie ist sie zu ihrem Beruf gekommen? Joan Collier wirkt nicht wie jemand, die sich in ihrem Beruf täglich mit dem Tod befasst. Mit 32 Jahren ist sie bereits Bestattermeisterin und seit 15 Jahren in diesem Gewerk tätig. „Bestatter kann sich jeder nennen, der ein Gewerbe anmeldet“, erläutert Collier. „Es ist kein geschützter Beruf. Dann gibt es jene, die vor dem Fachverband BDB (Bundesverband Deutscher Bestatter) eine Prüfung ablegen und damit fachgeprüfte Bestatter sind, als Bestatter noch kein anerkannter Ausbildungsberuf war. Das hat sich seit 2003 geändert.“

Das Bestattungsrecht bildet die Grundlage zur Regelung des Bestattungswesens in Deutschland. Da der deutsche Staat föderal organisiert ist, gibt es kein einheitliches, bundesweit geltendes Regelwerk bezüglich Bestattungen. Gestaltung und Erlass der Bestattungsgesetze obliegen den einzelnen Bundesländern.

Wer bestattungspflichtig ist

Bestattungspflichtig sind die nächsten Familienangehörigen, zunächst Ehe- und eingetragene Lebenspartner, Kinder und weitere Verwandte. Die Pflicht zur Bestattung besteht unabhängig von der Stellung eines Erben. Falls der Verstorbene keine eigene Vorsorge für den Todesfall getroffen hat, müssen die Bestattungspflichtigen die nötigen Entscheidungen treffen. Die persönliche Vorsorge kann in einem Bestattungsvorsorgevertrag, einer postmortalen Vollmacht oder im Testament oder Erbvertrag getroffen werden, wobei Testament und Erbvertrag in der Regel nach der Bestattung eröffnet werden.

Joan Collier kommt ursprünglich aus Goslar. Schon während ihrer Schulzeit am Gymnasium hat sie in einem Familienunternehmen für Bestattungen in Bad Harzburg gearbeitet. 2008, sie war 19 Jahre alt, begann dort ihre dreijährige Lehrzeit, die sie mit der Gesellinnenprüfung abschloss. Fortan durfte sie sich Bestattungsfachkraft nennen. Da das Familienunternehmen in Bad Harzburg sie nach abgeschlossener Lehrzeit nicht übernehmen konnte, arbeitete sie fünf Jahre in einem Bestattungsunternehmen in Hannover, drückte weiter die Schulbank und erwarb vor der Handwerkskammer Braunschweig, Lüneburg, Stade ihren Meistertitel im Bestatterhandwerk.

Serie- Der Umgang mit dem Tod

In unserer Reihe zum Thema Tod beschäftigen wir uns mit den Aufgaben von Bestattern, den unterschiedlichen Beisetzungsmöglichkeiten, schauen einem Steinmetz und einer Floristin über die Schulter, befragen einen Vertreter der Stadt Osterode über Verordnungen, beleuchten protestantische, katholische und muslimische Beisetzungsriten und besuchen ein Krematorium.

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Tabuthema Tod- Was kostet eigentlich eine Bestattung?

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Nachgefragt: Was machen eigentlich freie Trauerredner?

Heute ist die 32-Jährige angestellte Meisterin bei Bestattungen Rien in Bad Lauterberg mit einer weiteren Filiale in Bad Sachsa, deren Angebotsspektrum von der Bestattungsvorsorge über die Beratung im Sterbefall, Gestaltung der Trauerfeier bis hin zur Erledigung von Formalitäten reicht. „Ich habe keine tragische Geschichte, die mich dazu bewogen hat, Bestattermeisterin zu werden“, so Joan Collier. „Mein Fokus liegt darauf, das Thema Tod angstfrei in die Gesellschaft zu bringen.“

In Ruhe verabschieden

Tritt der Todesfall ein, so haben Angehörige, je nach Bundesland, 24 bis 36 Stunden Zeit, um die Abholung des Verstorbenen durch einen Bestatter zu veranlassen. In Niedersachsen ist die Bestattung aber frühestens 48 Stunden nach Eintritt des Todes möglich. Trauerbegleiter empfehlen, sich in Ruhe vom Verstorbenen zu verabschieden. Tritt der Sterbefall zu Hause ein, muss als erstes ein Arzt benachrichtigt werden, der den Totenschein ausstellt. Im Krankenhaus oder im Pflegeheim wird dies durch das Personal veranlasst.

Anschließend wird ein Bestatter der eigenen Wahl beauftragt. Vor der eigentlichen Bestattung werden viele Dokumente benötigt, beim zuständigen Standesamt muss etwa die Sterbeurkunde beantragt werden. Für diese Beantragung sind persönliche Dokumente des Verstorbenen erforderlich. Die Art der Dokumente hängt dabei vom Familienstand des Verstorbenen ab. In jedem Fall werden Personalausweis und Geburtsurkunde benötigt. Falls die Person verheiratet, geschieden oder verwitwet war, wird stattdessen die Heiratsurkunde bzw. eine Abschrift aus dem Familienbuch oder das Stammbuch gefordert. Bei Geschiedenen außerdem das Scheidungsurteil, bei Verwitweten die Sterbeurkunde des vorher verstorbenen Partners.

„Bei der Beantragung der Sterbeurkunden empfiehlt es sich, mehrere Exemplare anzufordern, die für die Kündigung etwaiger Verträge benötigt werden“, so Collier. „Dazu gehören die Lebensversicherung und die Rentenversicherung. Für die Kündigung des Telefonanschlusses reicht üblicherweise eine Kopie der Sterbeurkunde.“

Eine lange Liste

Viele organisatorische Fragen müssen geklärt werden: Wurde vom Verstorbenen eine bestimmte Bestattungsform gewünscht? Besteht eine Sterbegeldversicherung? Soll es eine Erd- oder Feuerbestattung werden? Eine See- oder Naturbestattung? Wird ein Wahl-, Reihen-, Familiengrab gewünscht?

Der Bestatter geht im Gespräch auf die Wünsche der Auftraggeber ein und erstellt einen detaillierten Kostenplan für sämtliche Posten. Dabei entsteht eine lange Liste mit Dingen wie Sargausstattung, Damen- oder Herrenhemd, Kissen und Decke, Urne, Trauerfeier, Blumen- und Kranztransport, Pfarrer, Trauerredner, Musik, Traueranzeige, Friedhofsgebühren, Todesbescheinigung, Sterbeurkunden, Überführung ins Krematorium, Einäscherung und Urnenüberführung. „Neben diesen organisatorischen Fragen steht natürlich der Verstorbene im Mittelpunkt“, so Collier. Auch die Begleitung ins Krematorium ist möglich. Beim Einfahren des Sarges können Angehörige in den meisten Krematorien dabei sein.

Bestatter vergleichen

Bestatter ist jedoch nicht gleich Bestatter. Viele Anbieter unterscheiden sich teilweise stark in den angebotenen Leistungen. Zum einen gibt es Bestatter, die eher traditionelle Bestattungsarten wie Erdbestattung, Feuerbestattung oder Seebestattung anbieten. Dann gibt es Bestatter, die auch neuere Bestattungsarten wie Luftbestattung, Baumbestattung oder Naturbestattung in ihre Leistungen aufgenommen haben. Während einige Bestatter ihre Leistungen bundesweit anbieten, gibt es andere, die stark ortsbezogen arbeiten und teilweise ihre Leistungen nur in einem begrenzteren Radius anbieten.

Im Onlineportal bestattungen.de kann man sowohl überregional als auch lokal arbeitende Bestatter finden. Angehörige verfügen meist nicht über Kraft und Zeit, im Todesfall verschiedene Bestatter miteinander vergleichen. Hilfreich kann es hier sein, auf die Erfahrungen anderer Betroffener zurückzugreifen. Wenn im eigenen Umfeld keine Erfahrungen mit Bestattungshäusern gemacht wurden, kann die Bestattersuche und -bewertung im Internet eine wertvolle Unterstützung sein.

Besondere Trauerarbeit

In Deutschland sterben jeden Tag mehr als 2.000 Menschen. In der Eile des Alltags finden Hinterbliebene zuweilen nicht genug Zeit zum Trauern. Daher legt Axel Bauermann, Diplom-Psychologe, Theologe und Bestatter in Ahrensburg am Rande von Hamburg, auf diesen Aspekt sein besonderes Augenmerk. Er kam über sein Engagement als freiberuflicher Trauerredner und über die Hospizarbeit zum Bestattungswesen. Um seine Ideen umsetzen zu können, gründete er 2001 ein eigenes Unternehmen und erfüllte sich 2005 mit dem neu erbauten „Haus der Zeit“ einen persönlichen Traum. An diesem außergewöhnlichen Ort zum Abschiednehmen kann sich Trauer auf vielfältige Weise ausdrücken.

Eine Frau bemalt den Sarg ihrer verstorbenen Mutter im „Haus der Zeit“.
Eine Frau bemalt den Sarg ihrer verstorbenen Mutter im „Haus der Zeit“. © HK | Rita J. Sührig

„Ich möchte erlebbar machen, dass Trauer und Lebensfreude aus derselben Quelle fließen“, so Bauermann. Hier darf jeder ganz in Ruhe herausfinden, was ihm das Loslassen erleichtert. Für Bauermann kennt Trauer keine Regeln, aber viele Wege. „Ganz wichtig ist uns, den Hinterbliebenen Zeit zur Verfügung zu stellen. Darum auch der Name: Haus der Zeit.“

Trauern gläubige Menschen eigentlich anders? Dazu Axel Bauermann: „Ich bin der festen Überzeugung, dass meine Haltung als Christ in aller Regel durchaus hilfreich ist für andere. Und darum habe ich auch keine Scheu mehr, mich so zu geben, wie ich bin. Was nicht konfessorisch rüberkommen muss.“ Für ihn sind die schönsten Momente die, wenn er erlebt und spürt, dass er hilfreich sein konnte mit seiner Arbeit. Und dass er Raum schaffen konnte dafür, dass Menschen Gott begegnen.

Routine mit dem Tod

Und wie ist das mit der Routine in der Arbeit mit dem Tod? Dazu Wolfgang Litzenroth: „Es gibt in jedem Beruf so etwas wie Routine. Und auch beim Umgang mit Verstorbenen entwickeln sich in bestimmten Abläufen Routinen. Das heißt aber nicht, dass man abstumpft. Der Umgang mit den Menschen – dem Verstorbenen und den Angehörigen – ist immer wieder äußerst individuell.“

Axel Bauermann sagt dazu: „Wenn Angehörige bei einer Trauerfeier trauern können, dann freue ich mich für diese Angehörigen. Aber auf jeden Fall geht es mir auch nah. In dem Moment, in dem ich denke, es berührt mich nicht mehr, würde ich mir echt Sorgen machen.“

Zum Schluss bleibt die Frage: Gehen Christen eigentlich anders um mit Tod und Trauer? „Ich glaube, es gibt Christen, die diese Hoffnung internalisiert haben, dass der Tod nicht das Grausamste ist, sondern der Übergang zum ewigen Leben und wonach wir uns auch sehnen“, so Bauermann. „Dann aber glaube ich, dass es Christen gibt, denen dieser Hoffnungshorizont im Moment nicht zur Verfügung steht. Aber man hat als Christ natürlich die Möglichkeit, diesen Horizont aufzumalen. Was für Christen ein ganz großer Vorteil ist, das ist die Gemeinschaft. Menschen, die Mittragen. Der Gesang ist bei weltlichen Trauerfeiern fast weg. Bei christlichen Trauerfeiern ist der Gesang etwas, das verbindet und Halt gibt.“ Für Bauermann gehören Leben und Tod zusammen. „Nach dem Tod vollendet sich das Leben.“