Herzberg/Scharzfeld. Das Video von einem Luchs zwischen Scharzfeld und Herzberg geht durchs Netz. Warum für die Experten vom Luchs-Projekt jede Meldung wertvoll ist.

Er sitzt im Gebüsch an Straßenrand und blinzelt entspannt in die Kamera - Das Video eines Luchses, der in der Nacht von Montag auf Dienstag an der Landstraße zwischen Scharzfeld und Herzberg gefilmt wurde, sorgt gerade für Aufmerksamkeit im Netz. „Ist was über einen/mehrere Luchs/e in Scharzfeld und Umgebung bekannt?“, fragt Kristing Markus - bei Facebook als Kristin Graumann angemeldet - in der Gruppe „Lauterberger helfen sich“.

Dort hat sie bereits in der Nacht das Video hochgeladen, das ihre Tochter kaum eine halbe Stunde zuvor aufgenommen hat. „Sie rief mich an und fragte, ob es hier überhaupt Luchse gibt“, erzählt Kristin Markus am Telefon. Gemeinsam mit einem Freund sei die Tochter in der Nacht mit dem Auto auf der Straße unterwegs gewesen, als beide ein Tier am Straßenrand bemerkten, das sie zunächst für einen Fuchs oder ein Wildschwein hielten.

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Harzer Luchs im Video: Tier sitzt entspannt am Straßenrand

„Sie sind dann langsam daran vorbeigefahren, um es nicht zu überfahren und haben später noch einmal zurückgesetzt, als sie bemerkten, dass es kein Wildschwein war“, berichtet Markus weiter. „Der Luchs hat sich gar nicht abschrecken lassen. Er sitzt auf dem Video einfach ganz entspannt am Straßenrand.“ Als ihre Tochter nach Hause kam, habe Kristin Markus das Video dann bei Facebook hochgeladen.

Gelegentlich treffen sich Mensch und Luchs auch in der freien Wildbahn. Beobachten kann man die Tiere aber auch in Wildparks, etwa dem Wildkatzendorf Hütscheroda.
Gelegentlich treffen sich Mensch und Luchs auch in der freien Wildbahn. Beobachten kann man die Tiere aber auch in Wildparks, etwa dem Wildkatzendorf Hütscheroda. © dpa | Martin Schutt

Sehr zur Freude der Nutzerinnen und Nutzer. „Wie süß, Mann!“, schreibt eine Userin. Ein anderer scherzt: „In Berlin ist das ein Löwe!“. Und wieder eine andere Userin fordert auf: „Ja, das ist zweifelsfrei ein Luchs. Toll! Bitte diese Beobachtung unbedingt dem Luchs-Spezialisten Ole Anders melden!“

Luchs-Experte indentifiziert das Tier zweifelsfrei

Gesagt, getan. Am Dienstagvormittag ist der Koordinator des Luchs-Projektes im Harz und Experte für die großen Katzen, Ole Anders, schon voll im Bild. „Das Tier im Video ist zweifelsfrei ein Luchs“, bestätigt er. Der ursprünglich aus dem Raum Bremen stammende studierte Forstwirt ist seit mehr als 20 Jahren mit der Wiederansiedlung des Luchses im Harz befasst. Warum ihn die Raubkatze so fasziniert, und wie man sich bei einer Luchs-Begegnung verhalten sollte, erklärte er dem Harz Kurier im Frühjahr in einem Videointerview.

Manche denken, solche Meldungen sind ein alter Hut. Aber jede Luchs-Sichtung, die an uns gemeldet wird, ist für das Luchs-Projekt sehr wertvoll.
Ole Anders, Leiter des Luchs-Projektes beim Nationalpark Harz

Wie groß sind die Streifgebiete der Harzer Luchse? Wie viele Rehe frisst ein Luchs? Warum und auf welchen Wegen gelingt es den Luchsen, aus dem Harz abzuwandern? Um solche häufig gestellten Fragen zu beantworten, betreibt das Luchs-Projekt Harz Forschung. „Luchse sind vorwiegend in der Dämmerung und in der Nacht aktiv. Noch dazu bevorzugen sie bewaldetes Gelände. Direkte Beobachtungen sind daher selten und zufällig“, informieren Experten auf der Homepage des Luchs-Projekts.

Jede Luchs-Sichtung ist wertvoll für die Experten

Auch deswegen sind Videos wie das der Familie Markus auch weiterhin von Interesse, selbst wenn Luchs-Sichtungen im Harz und auch im Altkreis Osterode immer häufiger werden. Und das nicht nur, weil Begegnungen mit seltenen Wildtieren die Menschen stets aufs Neue faszinieren. „Manche denken, solche Meldungen sind ein alter Hut. Aber jede Sichtung, die an uns gemeldet wird, ist für das Luchs-Projekt sehr wertvoll“, sagte Ole Anders.

Im Frühjahr gibt der Luchs-Beauftragte Ole Anders dem Harz Kurier ein Interview am Hübichenstein in Bad Grund.
Im Frühjahr gibt der Luchs-Beauftragte Ole Anders dem Harz Kurier ein Interview am Hübichenstein in Bad Grund. © HK | Mark Härtl

Der Grund: Immer am 1. Mai eines Jahres beginnt beim Luchs-Projekt eine neue Monitoring-Phase. „Dann sitzen wir quasi immer aufs Neue vor einer leeren Karte, die sich im Laufe des Jahres mit aktuellen Informationen füllen muss.“ Angewiesen seien die Experten da unter anderem auf die Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern, die entsprechende Beobachtungen machen. Auch Wildkameras kommen beim Monitoring zum Einsatz. Ausgewilderte Tiere werden außerdem mit Ohrmarken versehen.

Draußen im Harz: Am Hübichenstein mit Ole Anders

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    Luchs-Sichtung melden per E-Mail oder Internet-Formular

    Melden kann man eine Luchs-Sichtung daher per E-Mail an das Projekt, per Telefon oder ganz einfach über ein Formular auf der Website des Luchs-Projektes. Dort werden die Hinweise nicht nur gesammelt, sondern auch in Kategorien eingeteilt und in einer Übersichtskarte eingetragen. Verschiedene Arten von Luchs-Hinweisen hätten auch unterschiedliche Aussagekraft, schreibt das Projekt auf seiner Homepage. „Während Spurfunde oder ein Riss bei rechtzeitiger Information vor Ort überprüft werden können, muss eine Sichtbeobachtung aufgrund des Berichtes des Beobachters subjektiv eingeschätzt werden. Nicht jeder Beobachter, der zum ersten Mal einer der großen Katzen begegnet, ist sich ganz sicher. War es wirklich ein Luchs? Eine Sichtbeobachtung kann aber durch ein Foto zu einem absolut sicheren Nachweis werden.“ Oder eben durch ein Video.

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    „Wo genau das Video nun gefilmt wurde, lässt sich anhand der Aufnahmen natürlich nicht zweifelsfrei sagen“, bewertet Anders das vorliegende. Da müssen man sich auf die Angaben der Filmerin verlassen. Allzu genau kennzeichnen die Experten die Nachweise in der Karte aber sowieso nicht. „Wir möchten nicht, dass Neugierige gleich an dieser Stelle auftauchen und die Tiere damit womöglich stören.“

    Wiederansiedlung des Luches im Harz gilt als geglückt

    Dass der Luchs im Video an der parallel zur Bundesstraße verlaufenden Landstraße zwischen Herzberg und Scharzfeld aufgetaucht ist, ist für Anders keine Überraschung. „Das Gebiet liegt in absoluter Nähe zum Harz und zu anderen Bereichen, in denen Luchse leben“, sagt er. Tatsächlich: Ein Blick auf die Übersichtskarte zeigt, dass im Südharz, unter anderem in Herzberg und Bad Sachsa, speziell aber auch im Dreieck zwischen Osterode, Northeim und Bad Grund zahlreiche Sichtungen vermerkt sind.

    Der Luchs ist angekommen im Harz - und das, nachdem das Verbreitungsgebiet der einst in fast ganz Europa und großen Teilen Asiens verbreiteten großen Katze nach intensiver Verfolgung durch den Menschen heute deutlich kleiner geworden ist als einst. Im Nationalpark Harz wurden zwischen 2000 und 2006 nach und nach insgesamt 24 Luchse in die Freiheit entlassen. Inzwischen gilt die Wiederansiedlung als geglückt: Rund 100 Tiere leben laut Schätzungen aktuell wieder in der Region.

    Kontakt zum Luchsprojekt

    Wer einen Luchs oder ein Tier gesehen hat, das er für einen Luchs hält, oder wer Luchs-Spuren melden möchte, kann dies per E-Mail an luchsprojekt-harz@posteo.de tun. Das Online-Meldeformular des Luchs-Projektes ist unter https://meldungen.luchsprojekt-harz.de/web/luchs.php/login zu finden.

    Auf der Homepage sind auch die Telefonnummern der Verantwortlichen sind dort zu finden. Ebenso finden sich online Informationen darüber, was man im Falle von Rissen durch Luchs tun sollte, und über die Forschung und das Monitoring.

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