Halberstadt. In der Nacht auf Montag und am Montagvormittag waren Zehntausende Haushalte betroffen. Entscheidend sind die Notstromaggregate.

Stromausfall! Da hört der Spaß auf. „Vor allem die Älteren werden sehr nervös“, sagt Landrat Thomas Balcerowski (CDU) am Montag unserer Zeitung. Zum Glück merkt man gleich, wenn der Landrat über Nervosität spricht, dass der großflächige Stromausfall im Landkreis Harz in der Nacht auf Montag und am Montagvormittag keine lebensbedrohlichen Folgen gehabt hat. Für mehrere Stunden waren die Städte Halberstadt, Blankenburg und Teile von Wernigerode sowie diverse Gemeinden ohne Strom. Bis zu 100.000 Menschen waren betroffen.

Das Gute: In Krankenhäusern und Pflegeheimen klappte die Versorgung mit Notstromaggregaten. Laut MDR musste ein beatmeter Patient aus einer Pflegeeinrichtung ins Krankenhaus gebracht werden. Auch mussten im Ameos-Klinikum in Halberstadt Röntgenapparat und Computertomograph heruntergefahren werden. Doch ein echter Notstand blieb aus. „Es zeigt sich, wie wichtig diese Notstromversorgung ist“, sagt Balcerowski. Man sollte sie eigentlich überall vor allem bei Heimen regelmäßig kontrollieren, findet der Kommunalpolitiker. „Ein Stromausfall kann so schnell passieren, sei es aufgrund einer extremen Wetterlage, wie jetzt bei uns, sei es aufgrund von Sabotageakten, für die es ja leider auch Vorbilder gibt.“ Zum Glück habe man im Landkreis Harz im vorigen Herbst eine große Übung gemacht, wie in so einem Fall mit Satellitentelefonen und anderen Instrumenten die Kommunikation aufrechterhalten werden kann.

Eisiges Problem auf den Leiterseilen

Extreme Wetterlage? Da wundert man sich zunächst beim Blick aus dem Fenster. Doch wie der Netzbetreiber Avacon mitteilt, hatte sich zuletzt besonders viel Eis auf den Leiterseilen gebildet. Eisregen, das somit erhöhte Gewicht und starker Wind bilden dann die gefährliche Mischung, weil die Seile in Bewegung geraten. Am Sonntagabend, kurz nach 22 Uhr, ist dann offenbar im Umspannwerk Hüttenrode (Blankenburg) entweder ein Leiter- oder ein Erdseil – das wäre ein geerdetes Blitzschutzseil – an der Hochspannungsleitung gerissen und auf die stromführenden Leitung gefallen. Das Ergebnis: Kurzschluss. Dieser Ablauf ist dem Energietechnik-Experten Prof. Jürgen Kuck von der Ostfalia-Hochschule zufolge plausibel. Ein solcher Vorfall auf den „Landstraßen des Stroms“, wie Kuck diese Netzebene unserer Zeitung gegenüber umschreibt, sei mit einem echten „Blackout“ nicht zu verwechseln, also einem langfristigen Ausfall auf den „Autobahnen des Stroms“. Dessen ungeachtet findet aber auch Kuck, dass die Folgen solcher Ausfälle in puncto Telefon, Internet, Mobilfunk die Dringlichkeit erhöhen, über Absicherungen nachzudenken, mithin über Notstromaggregate und Batterien an den neuralgischen Punkten.

Gibt es weitere Ausfälle?

Die aktuellen Probleme im Kreis Harz waren am Montagmittag beseitigt, wie eine Avacon-Sprecherin mitteilt. Vorerst? Mit Blick auf das Wetter seien weitere Probleme nicht auszuschließen, sagt sie. „Wir versuchen, die Ausfälle so gering wie möglich zu halten.“

Was kann man lernen aus so einem Vorfall? Der Harzer Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse findet schon, dass sich Mängel im Bevölkerungsschutz offenbart hätten. Dem MDR sagt Lohse, vor allem die Probleme von Bürgerinnen und Bürgern, bei einem großflächigen Stromausfall Notrufe abzusetzen, könne man nicht auf sich beruhen lassen. Seiner Ansicht nach besteht an dieser Stelle bundespolitischer Handlungsbedarf. Außer der Variante, die Feuerwehrgerätehäuser in den Gemeinden zu besetzen, die über Digitalfunk die Leitstelle informieren, habe man keine Möglichkeit gesehen, die Meldungen vor Ort weiterzuleiten. Landrat Balcerowski kündigt an, das Sonntag-Montag-Problem seriös aufzuarbeiten. „Wir müssen daraus lernen“, sagt er. Und in der Tat sind es bestimmt nicht nur ältere Menschen, die sich ernsthaft Sorgen um die Sicherheit der Stromnetze machen.

Mehr Premium-Inhalte unserer Zeitung für die Region Braunschweig-Wolfsburg:

Täglich wissen, was in der Region Braunschweig-Wolfsburg und der Welt passiert: Hier kostenlos für den täglichen Desk-Newsletter anmelden!Hier kostenlos für den täglichen Desk-Newsletter anmelden!

Es gab einen Spannungsabfall in einem Umspannter in Hüttenrode. Große Teile des Landkreis Harz blieben daher über einen längeren Zeitraum ohne Strom.
Es gab einen Spannungsabfall in einem Umspannter in Hüttenrode. Große Teile des Landkreis Harz blieben daher über einen längeren Zeitraum ohne Strom. © dpa | Matthias Bein

Lesen Sie weitere Nachrichten aus dem Harz: