Berlin. Die CDU setzt ihre Neuausrichtung fort und arbeitet an einem Grundsatzprogramm. Doch eine Personaldebatte lenkt davon eher ab.

Die alte Volkspartei CDU wollte bei einem kleinen Parteitag am Freitag und einem größeren Zusammenkommen am Samstag in Berlin ihre Positionen für die Zukunft neu festlegen. Es sollten zwei intensive Tage für die Delegierten der Partei werden, die sich rund um die verlorene Bundestagswahl 2021 selbst zerlegt hatte und sich daraufhin in die Selbstbeschauung zurückzog.

Ein wichtiger Anteil an der nun folgenden Neuausrichtung wird einem Grundsatzprogramm zugesprochen, das die Mitte der Gesellschaft ansprechen, eine klare Abgrenzung zum rechten Rand darstellen und letztlich dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz den Weg für die Kanzlerschaft ebnen soll. Programmkommissionschef und CDU-Vize Carsten Linnemann formulierte den Anspruch: Am Ende müsse das Grundsatzprogramm deutlich machen, was die CDU von anderen Parteien unterscheidet. Ein Wochenende voller inhaltlicher Arbeit sollte es also werden. Aber es kam anders.

NameFriedrich Merz
Geburtsdatum11. November 1955
SternzeichenSkorpion
AmtCDU-Vorsitzender
ParteiCDU
Parteimitglied seit1972
FamilienstandVerheiratet, drei Kinder
Größe1,98 Meter
WohnortArnsberg

Kurz zuvor hatte sich schon Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, zu Wort gemeldet. In einem Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schilderte er seine Sicht darüber, wie die Politik der Christdemokraten künftig aussehen sollte. Diese Wortmeldung kam für einige in der Partei zur Unzeit – wenige Stunden bevor unter der Ägide von Merz die inhaltliche Arbeit im Mittelpunkt stehen sollte.

Der Parteichef konnte sich deshalb eine deutliche Spitze gegen Wüst, der im Publikum saß, nicht verkneifen: „Ich freue mich über die Veröffentlichung von solchen Beiträgen und hätte nur eine Bitte: Wenn noch auf andere verwiesen würde, die ähnlich gute Beiträge geschrieben haben, dann bringt uns das alle voran.“

Merz wiederholt umstrittene Aussage: „Bei den Paschas bleibt’s.“

Der erste Mann der Christdemokraten behauptete zwar, er habe in Wüsts Schilderungen wenig Konträres gelesen, doch die Vorstellungen des Jüngeren sind nicht deckungsgleich mit denen des Parteichefs. Wüst will den Fokus auch auf Alleinerziehende richten, Kindern mit Migrationshintergrund unter die Arme greifen und wünscht sich eine sozialere Ausrichtung der Partei.

Merz hingegen betonte am Samstag, dass er seine umstrittene Aussage in Zusammenhang mit den Silvester-Krawallen in Berlin nicht zurücknehmen wird: „Bei den Paschas bleibt’s.“ In Parteikreisen wurde Wüsts Wortmeldung jedenfalls als erste Kampfansage an Merz registriert. Die Personaldebatte überlagerte die inhaltliche und es wurde klar: Die Kanzlerkandidatur wird für den 67-Jährigen kein Selbstläufer. Dem Vernehmen nach hat es am Freitagabend noch eine Aussprache zwischen Merz und Wüst gegeben.

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Der Wettstreit zur Ausrichtung der Partei zeigte sich jedoch auch am zweiten Tag in einer Diskussion mit dem früheren Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks. Er sagte zu Merz: „Die AfD ist unser gemeinsamer Gegner, Gegner einer offenen Gesellschaft. Die Grünen sind Ihr potenzieller Koalitionspartner.“

Da ging ein Raunen durch den Saal, denn die Grünen als Bündnispartner schmecken nicht einmal der Hälfte der Delegierten. Fücks mutete den Parteimitgliedern sogar noch mehr zu: „Zwischen Grünen und CDU gibt es einen Wettbewerb darum, wer die moderne bürgerliche Partei sei. Merz entgegnete: „Wir führen doch hier keine Koalitionsdebatten.“

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Also zurück zum Inhalt. Geeinigt haben sich die Delegierten auf ein Kinderchancenpaket, das der Gegenentwurf zur Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sein soll. Gemeint sind damit mehrere Maßnahmen, die Familien, Kitas und Schulen unterstützen und Bildungsgerechtigkeit fördern sollen. Sonst drang an beiden Tagen noch wenig Konkretes durch. Parteivize Linnemann nannte die Positionierung für ein „Gesellschaftsjahr“, das nicht nur bei der Bundeswehr oder der Feuerwehr denkbar sei. In der Sozialpolitik gelte, dass die volle Unterstützung des Staates bekommen müsse, wer nicht arbeiten könne. Wer arbeiten könne, sollte arbeiten müssen. Eigenverantwortung statt Vater Staat – so will die CDU attraktiver werden.

Zwei Jahre feilt die CDU an ihren zentralen Positionen

Die Haltung der CDU ist wichtig für die kommenden Wahlen zunächst in den ostdeutschen Bundesländern, später bei der Bundestagswahl. Erst am Bundesparteitag im Mai 2024 soll das Grundsatzprogramm nach zwei Jahren verabschiedet werden. Das neue Programm solle die Partei „wieder auf die Höhe der Zeit“ bringen, sagte Linnemann. In zwei Jahren Selbstfindungsprozess kann einen die Aktualität allerdings auch wieder einholen.