Madrid/Berlin. Nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen in Spanien: Der sozialdemokratische Premierminister Pedro Sánchez kündigt Neuwahlen an.

Der Niederlage bei den spanischen Kommunal- und Regionalwahlen, bei denen die Konservativen deutlich gewannen, folgte ein Erdbeben. Nur wenige Stunden nach dem Debakel trat Spaniens sozialdemokratischer Premier Pedro Sánchez am Montag vor die Kameras und kündigte einen Befreiungsschlag an: Er gab bekannt, dass er das spanische Parlament auflösen und für den 23. Juli – fünf Monate vor dem regulären Termin – nationale Neuwahlen ansetzen werde.

Bei den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag hatte die konservative Volkspartei die Macht in den meisten Regionen und Rathäusern im Land erobern können. Spaniens Medien sprachen von einem "Tsunami", der die Sozialdemokraten überrollte und die Parteienlandschaft im ganzen Land massiv verändert habe. Der Urnengang galt als Stimmungsbarometer für die politische Lage und hatte den Druck auf Sánchez erhöht.

Spanien: Minderheitsregierung im Dauer-Clinch

Der 51-jährige Sozialdemokrat war 2018 nach einem Misstrauensvotum gegen den damaligen konservativen Regierungschef Mariano Rajoy, der unter Korruptionsverdacht stand, an die Macht gekommen. Seit 2020 regierte Sánchez mit einem Minderheitskabinett, das aus Sozialdemokraten und der kleineren Linkspartei Podemos bestand.

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Zuletzt war die Koalition aber tief zerstritten, was sich nun im schlechten Ergebnis in den Kommunal- und Regionalwahlen niederschlug. In diesen wurden nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch Podemos abgestraft. Podemos verschwand aus etlichen regionalen und kommunalen Parlamenten.

Klimaschutz, Inflation, Digitalisierung: Spanien vor großen Herausforderungen

"Ich persönlich übernehme die Verantwortung für die Resultate meiner Partei", sagte Sánchez in seiner TV-Ansprache. Und: "Obwohl es sich um Kommunal- und Regionalwahlen handelte, geht die Bedeutung des Ergebnisses darüber hinaus". Angesichts der wichtigen Herausforderungen, vor denen Spanien stehe, sei es deswegen notwendig, dass sich die Bürger über den künftigen Kurs der Staatsregierung äußern. Und darüber, welche politische Kraft das Land steuern solle.

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Zu den Herausforderungen gehört zum Beispiel der Klimaschutz, die Digitalisierung oder die Verringerung der explodierten Staatsschulden, die mit 113 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sehr hoch sind. Genauso wie die sinnvolle Verwendung des EU-Geldregens aus dem Next-Generation-Fonds, der bis 2026 70 Milliarden Euro an Spanien ausschüttet. Auch die Folgen des Ukraine-Krieges und der Inflationskrise sind noch nicht verdaut. Zudem übernimmt Spanien am 1. Juli für ein halbes Jahr die turnusmäßige EU-Ratspräsidentschaft.

Konservative stehen in den Startlöchern nach "Tsunami"-Sieg

"All diese Gründe sprechen dafür, den Willen der Spanierinnen und Spanier zu klären", sagte Sánchez. Der Chef der konservativen Volkspartei, Alberto Nuñez Feijóo, begrüßte am Montagnachmittag die Ankündigung der nationalen Neuwahl. "Je früher, desto besser", sagte Feijóo.

Mit dem Sieg seiner Volkspartei in den Kommunal- und Regionalwahlen habe Spanien einen ersten Schritt gemacht, um eine neue politische Ära einzuleiten. Der 61-jährige Feijóo, der den Vorsitz der Konservativen vor einem Jahr mitten in einer tiefen parteiinternen Krise antrat, kann sich durch den jüngsten Wahlsieg in seiner Rolle als Anwärter auf das spanische Regierungsamt bestätigt sehen.

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Opposition erringt Metropolen: Sattes Plus von 9 Prozent

Die Konservativen holten in den Kommunalwahlen in den allermeisten großen Städten die Macht – etwa in Madrid, Sevilla, Valencia, Saragossa, Murcia, Malaga, Palma de Mallorca, Córdoba und Alicante. Ein bisschen Hoffnung gab es für die Sozialdemokraten in der katalanischen Metropole Barcelona. Dort landeten sie zwar nur auf dem zweiten Platz, hatten aber rechnerisch Chancen, unterstützt von zwei linken Partnern, den Bürgermeister zu stellen.

Landesweit holten die Konservativen in der Kommunalwahl 31,5 Prozent und verbesserten sich damit um neun Prozentpunkte. Die Sozialisten erreichten im nationalen Schnitt 28,1 Prozent – gut einen Punkt weniger als vor vier Jahren.

"Weiblicher Trump" lauert: Konservative flirten mit Rechtspopulisten

Zum landesweiten Symbol für den konservativen Triumph wurde die spanische Hauptstadtregion Madrid, in der die bisherige konservative Ministerpräsidentin Isabel Díaz Ayuso ihre Macht festigte und mit 47 Prozent die absolute Mehrheit holte. Ayuso wird von politischen Analysten wegen ihres aggressiven und populistischen Stils auch als "weiblicher Trump" bezeichnet. Sie gilt als interne Rivalin ihres Parteichefs Feijóo.

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Zudem siegte die konservative Volkspartei in sechs weiteren jener zwölf Regionen, in denen neue Parlamente gewählt wurden. Die Konservativen werden allerdings vielerorts von den Stimmen der ebenfalls erstarkten Rechtspartei Vox abhängig sein. Vox holte im landesweiten Schnitt 7,2 Prozent. Die Partei stützt bereits in einigen Regional- und Rathausparlamenten die Konservativen. Die Rechtspopulisten erwiesen sich allerdings bisher wegen ihres nationalistischen, fremdenfeindlichen und antieuropäischen Kurses als schwieriger Partner.