Berlin. Israel ist eine gewaltige militärische Macht. Doch das Land kämpft seit seiner Gründung immer noch um sein Existenzrecht. Ein Kommentar

Als David Ben-Gurion vor 75 Jahren am 14. Mai die Gründung Israels feierlich verkündete, dauerte es keine 24 Stunden, bis der junge Staat im Krieg war. Ägypten, Syrien, Jordanien, Libanon und der Irak griffen mit einer riesigen Streitmacht an, um den Überlebenden der Shoah die neue Heimat zu entreißen. Israel gewann – weil es Löwenmut bewies und sein Volk wusste: Es wird keinen sicheren Ort für uns geben, wenn wir ihn nicht selbst schaffen.

e69bdb02-e11a-11ed-b709-3c85ef479f1d
© Jörg Quoos, ab 1. Mai Herausgeber der Berliner Morgenpost

Dieser Geist der Gründergeneration hat 75 Jahre überdauert und dafür gesorgt, dass es Israel noch gibt. Als einzige echte Demokratie im Nahen Osten. Als Nation von Tüftlern, deren einziger Rohstoff das ist, was „zwischen den beiden Ohren“ liegt, wie es Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, beim Festakt in Berlin formulierte. Diese klugen Hirne schufen nicht nur eine freie, demokratische Gesellschaft, sondern auch wissenschaftliche Exzellenz, gefragte Hightech und eine Landwirtschaftstechnik, die sogar die Wüste zum Blühen bringt.

Auch heute kämpft Israel um sein Existenzrecht, wobei sich das Kräfteverhältnis gedreht hat. Israel im Jahr 2023 hat gewaltige militärische Macht. Die braucht es zwingend, aber daraus wächst auch Verpflichtung. Israel muss vor der Haustür in Gaza und im Westjordanland klug für Frieden sorgen. Mit Härte gegen Terror, aber mit großem Herz für die Menschen, die wie ihre Nachbarn einfach gut leben wollen. Und Israel darf keinen Millimeter abrücken von seinem Bekenntnis zur Demokratie. Es ist gut, dass so viele junge Israelis für Gewaltenteilung und die Bewahrung der Verfassung kämpfen. Damit Israel als Vorbild für eine ganze Region auch den 100. Geburtstag feiern kann.