Der Zug ist dem Auto in vielerlei Hinsicht überlegen. Es gibt keine Staus, der ICE ist schneller als das Auto und während man ans Ziel kommt, kann man arbeiten, sich die Beine vertreten oder einen Film ansehen. Vor allem bei den steigenden Spritpreisen und dem 9-Euro-Ticket schont das Reisen mit der Bahn auch den Geldbeutel.
Dennoch gehört es in Deutschland fast schon zum guten Ton, sich über die Deutsche Bahn zu beschweren. Versagende Klimaanlagen, fehlende Sitzplatzreservierungen und vor allem verspätete Züge bringen die Fahrgäste zur Verzweiflung. Nicht ganz zu Unrecht, denn im Jahr 2021 war ein Viertel der Fernzüge der Deutschen Bahn verspätet, und alles unter sechs Minuten wird gar nicht erst erfasst.
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Deutsche Bahn: Dann gibt es eine Entschädigung
Doch wem der Anschlusszug vor der Nase wegfährt, oder wer sich am Bahnsteig die Beine in den Bauch steht, sollte prüfen, ob er Anspruch auf Entschädigung hat.
Der Anspruch auf Entschädigung gilt für eine Verspätung von mindestens 60 Minuten. Was viele nicht wissen: Auch wenn der erste Zug nur 15 Minuten Verspätung hat, man dadurch aber den Anschlusszug verpasst und eine Stunde später am Ziel ankommt, hat man Anspruch auf Entschädigung. Voraussetzung dafür ist, dass der Kunde oder die Kundin eine Fahrkarte für die gesamte Strecke besitzt. Auch Sturm, Schnee, Überschwemmung und Streik sind keine Gründe, die Entschädigung zu verweigern.
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So viel wird von der Deutschen Bahn erstattet
Die Ansprüche zur Erstattung sind dabei nach Grad der Verspätung gestaffelt.
- 60 Minuten und mehr: Entschädigung von 25 Prozent des Fahrpreises
- Ab 120 Minuten: Entschädigung von 50 Prozent des Fahrpreises
- Alternativ: Ist die Verspätung schon vor Antritt der geplanten Reise bekannt, haben Fahrgäste das Recht, die Reise abzubrechen und sich den vollen Fahrpreis erstatten zu lassen.
Deutsche Bahn: So viel Zeit bleibt für die Erstattung
Wenn möglich, sollte man sich die Verspätungen immer von Mitarbeitern des Unternehmens bestätigen lassen. Das erleichtert es, die Reise später im Internet oder in einem Servicecenter der Bahn zu reklamieren. Es geht aber auch ohne das, denn die Bahn archiviert die Abfahrts- und Ankunftszeiten ihrer Züge.
Wer sich beim Lesen dieser Zeilen an eine verspätete Zugfahrt erinnert, kann sich freuen: Fahrgäste haben grundsätzlich ein Jahr Zeit, ihren Anspruch auf Fahrgastrechte geltend zu machen.
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Deutsche Bahn: So klappt die Erstattung
Für den Antrag wird ein Fahrgastrechteformular benötigt. Dieses ist entweder direkt beim Zugbegleiter, in einem DB Reisezentrum oder auf der Internetseite der Deutschen Bahn erhältlich. Das ausgefüllte Formular wird dann zusammen mit den Belegen, in der Regel der Originalfahrkarte und der Verspätungsbestätigung, in einem DB Reisezentrum abgegeben. Alternativ können die Belege auch per Post an die nachfolgende Adresse geschickt werden: DB Dialog, Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main. Manko: Das Formular kann noch nicht online versendet werden.
Übrigens: Auch wenn reservierte Sitzplätze nicht bereitgehalten werden konnten oder aufgrund einer Zugverspätung nicht genutzt werden konnten, gibt es Anspruch auf Erstattung der gezahlten Reservierungsgebühr. Dies gilt sowohl für Sitzplätze als auch für Fahrradstellplätze.
Deutsche Bahn: So geht die Online-Erstattung
Wesentlich schneller und bequemer geht es mit der Online-Erstattung von zu Hause aus. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Ticket über die Website der Deutschen Bahn oder die App der Deutschen Bahn gekauft wurde.
- Im eigenen Konto anmelden, entweder im "DB Navigator" oder auf bahn.de.
- Buchungsübersicht über "Alle Buchungen anzeigen" oder "Meine Tickets" in der App wählen. Dann die Reise oder Streckenzeitkarte, für die eine Erstattung beantragen soll, auswählen.
- Im Reiter "Fahrgastrechte" auf "Entschädigung beantragen" klicken
- Die geforderten Angaben zur Reise und Dauer der Verspätung machen und den Antrag abschicken
- BahnCard-100-Kundinnen und -kunden wählen den Bereich "Alle BahnCard-Services" aus und können dort ihre Fahrgastrechte geltend machen
Deutsche Bahn: In welcher Form erhalte ich die Entschädigung?
Wer das ausgefüllte Fahrgastrechte-Formular mit der Bestätigung einer Verspätung und der Originalfahrkarte in einem DB Reisezentrum abgibt, kann sofort eine Entschädigung in Form eines Gutscheins oder Geldbetrags erhalten.
Bei Online-Käufen stellt die Deutsche Bahn eine Erstattung als Online-Überweisung oder auch als Gutschein zur Auswahl.
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Deutsche Bahn: Erstattungen bei Zeitkarten
Auch bei einer Zeitkarte, wie zum Beispiel bei Monatskarten für bestimmte Strecken, gibt es bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten Geld zurück. Allerdings gilt hier eine pauschale Entschädigung die nicht mehr als als 25 Prozent des Zeitkartenwerts betragen kann.
- Zeitkarten des Fernverkehrs: 5 Euro (2. Klasse), 7,50 Euro (1. Klasse)
- BahnCard 100: 10 Euro (2. Klasse), 15 Euro (1. Klasse).
- Zeitkarten des Nahverkehrs (Länder-Tickets, Quer-durchs-Land-Ticket): 1,50 Euro (2. Klasse), 2,25 Euro (1. Klasse). Auch das aktuell gültige 9-Euro-Ticket fällt unter die Kategorie.
Da Beträge unter 4 Euro nicht ausgezahlt werden, lohnt es sich, die Verspätungsfälle zu sammeln und gemeinsam einzureichen. Immerhin: Wenn der Regionalzug mehr als 20 Minuten Verspätung am Zielbahnhof hat, kann mit dem 9-Euro-Ticket auch ein Fernzug (EC, IC oder ICE) genutzt werden.
Wann übernimmt die Deutsche Bahn Taxikosten?
Auch wenn es nur selten vorkommt, unter bestimmten Umständen haben Fahrgäste das Recht sich die Kosten bis maximal 80 Euro für ein anderes Verkehrsmittel erstatten zu lassen.
- Taxi und Bus: Wenn die geplante Ankunftszeit am Zielort nach einer Verspätung zwischen 0 und 5 Uhr morgens liegt, können die Fahrgäste ein anderes Verkehrsmittel benutzen. Allerdings muss eine Verspätung von mindestens 60 Minuten vorliegen und die Kosten für die Ersatzbeförderung dürfen 80 Euro nicht überschreiten – sonst erstattet die Bahn die Kosten nicht.
- Übernachtung: Wenn es aufgrund eines Zugausfalls oder einer Verspätung notwendig wird, eine Unterkunft für die Nacht zu finden, und es nicht zumutbar ist, die Reise am selben Tag fortzusetzen, übernimmt die Bahn auch "angemessene Übernachtungskosten".
- Stellt das Eisenbahnunternehmen dem Kunden ein anderes Verkehrsmittel oder eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung, so hat dessen/deren Nutzung grundsätzlich Vorrang vor einer selbst organisierten Alternative. Deshalb sollte immer der Kontakt zum Bahnpersonal gesucht werden.
- Im Fall der Fälle sollten alle Quittungen, Rechnungen und Belege im Original aufgehoben werden. Nur so werden die zusätzlichen Kosten erstattet.