Osterode. Bei einem Besuch am Osteroder Standort der Harz-Weser-Werke diskutiert Alexander Saade Auswege in Zeiten teurer Energie und fehlender Mobilität.

Der Herbst ist kühl, doch die Wahlkampfphase ist heiß. Alexander Saade (SPD) will das Direktmandat im Wahlkreis 12: Göttingen/Harz erringen. Und tourt. Durch den Harz und das Harzvorland und durch die Betriebe, die sich hier finden. Berufspraktika sozusagen.

An der Wartbergschule in Osterode war er dafür zum Beispiel bereits oder bei Lkw-Reifenhändler Claus Lips in Clausthal-Zellerfeld. Hat Feuerwehren besucht und Schützenvereine. Er wolle „in verschiedene Arbeitswelten hineinschnuppern.“ Außer Polizist habe er ja nichts gelernt, sagt er augenzwinkernd.

Gretchenfragen der Wirtschaft

Weniger als zwei Wochen vor der Landtagswahl führt der Wahlkampf den Kandidaten nun zu den Harz-Weser-Werken in Osterode. Saade trifft sich zum Gespräch mit Geschäftsführer Ditmar Hartmann und Werkstattleiter Karsten Dannenberg.

Mehr als 500 Menschen mit Behinderung arbeiten hier. Elektromontage, Metallarbeiten, Großküche, Wäscherei – von Größenordnung und Umfang der Arbeit stehen die Werke einem mittelständischen Unternehmen in nichts nach. Besonderen Wert legen die Harz-Weser-Werke auf ihren pädagogischen Anspruch. Sie wollen Menschen mit Behinderung helfen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dazu gehört die Arbeit in den unterschiedlichen Bereichen – je nach Befähigung.

Saade hat Zeit mitgebracht, um einen Tag lang hinter die Kulissen zu blicken, hört viel zu, sammelt Eindrücke und stellt sie seinen bisherigen Besuchen gegenüber. Was ihn selbst interessiert, sind vor allem zwei Fragen. Es sind die Gretchenfragen jedes Betriebs in Deutschland dieser Tage: Wie steht es mit Fachkräften und mit Energiepreisen?

Werkstattleiter Karsten Dannenberg (links), Landtagskandidat Alexander Saade (SPD, Mitte) und der Geschäftsführer der Harz-Weser-Werke Ditmar Hartmann am Standort in Osterode.
Werkstattleiter Karsten Dannenberg (links), Landtagskandidat Alexander Saade (SPD, Mitte) und der Geschäftsführer der Harz-Weser-Werke Ditmar Hartmann am Standort in Osterode. © Harz-Weser-Werke | Cläre Lindenmaier

Die Botschaft hör ich wohl...

Eigentlich will Karsten Dannenberg gar nicht klagen: „Es geht anderen Betrieben so viel schlechter als uns. Klar haben wir erhebliche Mehrbelastungen – aber wir sind noch einigermaßen beruhigt.“ Dennoch: Fast alle Bereiche der Harz-Weser-Werke am Standort Osterode sind energieintensiv. Auch die eigene Photovoltaik-Anlage kann da nur einen Teil abdecken.

Welche Lösungen kann der Mann also anbieten, der gerne Landtagsabgeordneter im Wahlkreis 12 werden möchte? Saade ist zuversichtlich bezüglich der Politik, die seine Genossinnen und Genossen in Land und Bund bereits machen. „Stefan Weil hat es bereits verkündet: Wir lassen niemanden allein.“

… allein mir fehlt der Glaube

Ditmar Hartmann zuckt kurz. Wahlkampfsprache sei das doch, oder? Ob man auf solche Sätze setzen sollte? Saade gibt sich überzeugt: „Die Gelder sind effektiv da. Wir müssen sie nur endlich umsatteln“, wirft er ein und bekräftigt: Wenn die SPD endlich könnte, dann würde es voran gehen.

Generell sieht Saade die Fronten im politischen Getümmel in Berlin und Hannover klar. In der Bundeshauptstadt bremsen die Liberalen, in Hannover die Konservativen. Und er ist festgelegt: „Wenn man in die Programme schaut, was umgesetzt werden kann, dann ist für mich völlig logisch: Die Grünen sind mein Wunschkoalitionspartner.“

Also alle Probleme politisch lösbar? Alexander Saade ist sich sicher: Die mittelstandsverbundene FDP wird ihren Widerstand gegenüber einer Gaspreisbremse nicht mehr lange aufrecht erhalten. Und in Hannover könnte die Wahl im Oktober die Weichen neu stellen.

Mobilität im ländlichen Raum

Es sind wirtschaftspolitische Fragen, die den Besuch von Saade bestimmen. Die Lösungen dafür liegen nicht im Harz und nur in sehr eingeschränktem Maße in Niedersachsen – das wissen alle Beteiligten. Als sich Saade nach seinem ausgedehnten Rundgang mit dem Werkstattrat der Beschäftigten trifft, tritt unweigerlich die zweite Frage des Tages auf den Tisch.

Denn die Beschäftigten bitten zuvorderst um eine bessere Mobilität. In ländlichen Kreisen nachvollziehbar ein heißes Eisen, vor allem jetzt, da das 9-Euro-Ticket jäh verschwunden ist. Viele hier seien auf ÖPNV-Angebote angewiesen. Deren Mangel verhindere das Ziel eines selbstbestimmten Lebens, trotz Lebens mit Einschränkungen.

Die Fragen nach einer besseren Anbindung am Rande des Landkreises Göttingen bewegt auch Saade. Denn an der Mobilität hängt für ihn unweigerlich die Attraktivität des Kreises, der sonst nicht wird wachsen können. Auch hier sieht er den Bremsklotz im CDU-geführten Verkehrsministerium. Rot-grün würde sich endlich einsetzen für Bus und Bahn. Natürlich auch im Altkreis Osterode, der durch bessere Infrastruktur, wieder Attraktivität gewinnen könnte.

Finanzierungsvorbehalt

Welche Pläne die Landespolitik am Ende auch immer verfolgen wird: Entscheidend ist die Frage der Finanzierung. Saade möchte die Schuldenbremse in der angespannten Lage aussetzen: „Wenn wir jetzt nicht reagieren, fallen viele Betriebe und ihre Mitarbeiter sowieso wieder dem Staat anheim“, prophezeit der SPD-Mann.

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