Göttingen. Tobias Wolff, Intendant der Händel-Festspiele, berichtet im Interview von Versuchen, einige der Veranstaltungen in geeigneter Form nachzuholen.

Es sollte eine große Geburtstagsfeier werden: Am 20. Mai sollten die Internationalen Händel-Festspiele Göttingen auf dem Marktplatz eröffnet werden. Immerhin wäre es der 100. Geburtstag des Festivals gewesen. Aber nun musste Intendant Tobias Wolff die Veranstaltung absagen.

Herr Wolff, wie ist die Stimmung im Team?

Noch ist sie ganz gut. Wir sind derzeit damit beschäftigt, gewissermaßen die Geschäftsstelle abzuwickeln und die restlichen Tätigkeiten ins Home Office zu verlegen. Aber wenn wir nächste Woche damit fertig sein werden, dann wird die Laune sicherlich sinken. Dann werden wir wohl realisieren, was dieser Schritt bedeutet. Immerhin haben wir jahrelang auf dieses Jubiläumsfestival hingearbeitet.

Sind die Festspiele damit abgesagt oder verschoben?

Wir werden versuchen, einige der Veranstaltungen in geeigneter Form nachzuholen. Das wird aber nicht in allen Fällen machbar sein. Dennoch sind wir mit einigen Künstlerinnen und Künstlern schon in Verhandlung. Wie gesagt, wir haben diese Festspiele über Jahre hinweg geplant. Ich gehe davon aus, dass wir die nachzuholenden Veranstaltungen und Projekte auf den Zeitraum zwischen August diesen Jahres und September nächsten Jahres verteilen. Dabei können wir auf die Hilfe unserer Partner und Gesellschafter bauen. Sie haben uns allesamt volle Unterstützung zugesichert.

Wie ist die Absage aufgenommen worden?

Natürlich bedauern viele Fans den Schritt, aber es ist uns von allen Seiten signalisiert worden, dass man diesen Schritt für richtig und unvermeidbar hält. Im Vordergrund steht für uns der gesundheitliche Schutz der Künstlerinnen und Künstler, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des Publikums. Dabei wollten wir auch frühzeitig Klarheit schaffen. Im April hätten die Proben zur Festspieloper begonnen. Wir haben aber Künstler aus aller Welt und es ist nicht klar, wer dann hätte einreisen dürfen und wer nicht. Vielleicht hätten wir die Festspiele auch durchführen können, aber einen Flickenteppich wollten wir auch nicht anbieten.

Wie sieht die finanzielle Seite aus?

Ich muss nun Festspiele abrechnen, die es nicht gegeben hat. Das ist eine Situation, die an Kafka erinnert. Es ist vor allem eine Situation, die es so noch nicht gegeben hat. Da muss man einfallsreich sein und etwas Chuzpe haben. Aber wie gesagt, alle Partner haben uns die volle Unterstützung zugesagt und dafür bin ich zunächst sehr dankbar. Das enorme Defizit zu stemmen wird trotzdem ein Kraftakt, für den wir jede erdenkliche Hilfe brauchen.

Was passiert nun mit den Eintrittskarten?

Wir können schlecht sagen, dass die Tickets ihre Gültigkeit behalten. Wir wissen ja noch gar nicht, welche Veranstaltungen wir in welchem Saal und zu welchem Datum nachholen werden. Ich appelliere aber an unser Publikum, Solidarität zu zeigen und auf eine Rückerstattung zu verzichten. Damit wären wir dann in der Lage, zumindest symbolische Ausfallgagen zu bezahlen. Denn für die Künstlerinnen und Künstler sind mit der Verschiebung existenzbedrohende Verluste verbunden.

Herr Wolff, was machen Sie jetzt in der Freizeit?

Es ist ja nicht so, dass ich nichts zu tun hätte. Wie schon gesagt, müssen noch viele Dinge erledigt werden und ich muss eine Reihe von Gesprächen mit den Geldgebern, Sponsoren, Künstlern und Kunden führen. Zugegeben, ich muss jetzt aber demnächst hoffentlich nicht mehr jedes Wochenende durcharbeiten.