Göttingen. Am 13. Mai werden die Händel-Festspiele in der Herzberger Nicolaikirche zu Gast sein. Thomas Kügler sprach mit dem Intendanten Tobias Wolf.
Am 10. Mai beginnt das Hauptprogramm der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen. Am 13. Mai wird das Festival auch in der Nicolaikirche in Herzberg zu Gast sein (wir berichteten). Über Konflikte und Konzerte in der Region sprachen wir mit dem Intendanten Tobias Wolf. Das Interview führte Redakteur Thomas Kügler.
Herr Wolf, es sind keine zwei Wochen mehr bis zum Beginn des Festivals. Wie hoch ist ihr Lampenfieber?
Tobias Wolf: Es ist nicht Lampenfieber, es ist eher Vorfreude. Die Sängerinnen und Sänger proben seit drei Wochen und das Festspielorchester reist derzeit auch an. Nun nimmt das Gestalt an, was wir monatelang vorbereitet haben.
Bisher haben wir uns mit Papier beschäftigt, haben Anträge gestellt und Pläne gemacht. Nun wird es Wirklichkeit und das ist toll anzusehen.
Die Händel Festspiele gehen immer häufiger in die Region. Welche Bedeutung hat diese für das Festival?
Für uns ist die Region sehr wichtig. Zum einen ist es spannend, immer neue Spielorte zu entdecken. Davon gibt es viele im neuen Kreis Göttingen. Die Nicolaikirche in Herzberg ist eine wunderschöne Kirche, klassizistisch ganz in weiß gehalten und lichtdurchflutet mit einer großen Fensterfront. Wir waren früher auch im Kreuzgang in Walkenried. Gerade unsere Gäste aus dem Ausland wissen die besondere Atmosphäre der Spielorte im Südharz zu schätzen. Auch die Göttinger nutzen die Gelegenheit zu einem Ausflug.
In der Region können wir gerade mit unseren Kammerkonzerten ein anderes Publikum erreichen. Das ist auch für Interpreten ohne die ganz großen Namen zu begeistern. So entdecken wir neue Spielstätten und unsere Gäste Musiker, die vielleicht in wenigen Jahren zu den Großen ihrer Branche zählen.
Ist mit einer Umbenennung in Händel Festspiel Region Göttingen zu rechnen?
Nein, wirklich nicht. Das ist auch nicht nötig, weil der Landkreis denselben Namen trägt wie die Stadt.
Auch für das Konzert in Herzberg haben Sie junge Musiker versprochen. Auf wen können wir uns insbesondere freuen?
Wir haben die Preisträger der großen Barock-Wettbewerbe engagiert wie dem Cesti-Wettbewerb in Innsbruck. Der hat sich als das Sprungbrett für großartige Karrieren etabliert. Zum anderen haben wir Interpreten aus der London Händel Sing Company gewinnen können. Dieses Ensemble wird in fünf oder sechs Jahren bestimmt auf den ganz großen Bühnen stehen. Dazu kommt dann das Landesjugendorchester Niedersachsen. Diese Zusammensetzung wird es in dieser Form nicht wieder geben.
Auf dem Programm steht in Herzberg das Oratorium „Alexander Balus“. Dieses gilt als Fortsetzung von „Judas Maccabeus“, das zuvor am Freitag in Göttingen läuft. Muss man das erste Konzert hören, um das zweite zu verstehen?
Nein. Es sind zwei Geschichten, die für sich ihre eigene Gültigkeit haben. Alexander Balus gibt zwar noch einmal eine andere Sicht auf die Geschichte. Das Oratorium funktioniert aber für sich, weil es viele wunderbare Arien hat. Dazu kommt eine wunderbare Orchestrierung. Alles zusammen ergibt außergewöhnliche Klangfarben.
Händel bietet da alles auf – und das Landesjugendorchester bringt eine Frische mit, die dem Werk gut tut.
„Konflikte“ ist das Thema der diesjährigen Händel Festspiele. Was spricht für diesen Titel?
Konflikte umringen uns. Vor vier Jahren haben wir noch die Personalunion zwischen dem Königreich Hannover und Großbritannien und die deutsch-britische Freundschaft gefeiert. Jetzt, nach dem Brexit, wird der Riss, der durch Europa geht, deutlich. Deswegen haben wir uns entschlossen, dieses Thema einmal näher zu betrachten.
Auch zu Händels Zeiten gab es Konflikte. Wenn er Musik zu Friedensschlüssen geschrieben hat, dann musste dem ja ein Konflikt, ein Krieg vorausgehen. Bei Alexander Balus ist es eben der Konflikt mit den Schotten, mit den Katholiken und mit dem Hause Stewart. Judas Maccabeus und Alexander Balus ist regelrecht eine Jubelarie auf den siegreichen König Georg II.
Schauen wir in die Zukunft. In zwei Jahren steht der 100. Geburtstag der Festspiele an. Wie hoch ist hier das Lampenfieber?
Der musikalische Leiter Laurence Cummings und ich haben ein ehrgeiziges Ziel. Wir möchten in dem Jahr alle 42 Händel Opern in einem Programm vereinen. Das soll in unterschiedlicher Form geschehen, als szenische oder als konzertante Aufführung, als Lesung oder als Figurentheater. Dabei sind auch ganz andere Engagements denkbar – wie zum Beispiel Aufführungen von Schulklassen. Aber es sollen eben alle 42 Opern sein.