Berlin. Wer länger als acht Jahre studiert hat, dem fehlen wichtige Rentenpunkte – doch es gibt eine Möglichkeit, diese Lücke zu schließen.

Wer jung ist, denkt selten an die Rente. Dennoch sollte jeder wissen, dass sich eine frühe finanzielle Vorsorge auszahlen kann. Einen Überblick über mögliche Anlagen neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung gibt unsere Redaktion.

Rente: Wie kann man mit Anfang 20 fürs Alter vorsorgen?

„Es ist ratsam, sich bei seinem Arbeitgeber zu erkundigen, ob es vermögenswirksame Leistungen (VL) gibt“, sagt Doris Kappes, Altersvorsorgeexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Arbeitnehmer, Auszubildende, Beamte, Richter oder Soldaten können vom Arbeitgeber oder Dienstherrn zwischen 6,65 und 40 Euro im Monat erhalten. Die Leistungen sind freiwillig, aber in manchen Branchen auch durch Tarifverträge festgeschrieben.

Das Geld muss in einen sogenannten VL-Vertrag fließen. Die Überweisung übernimmt der Arbeitgeber, die Anlageform und das Produkt kann der Arbeitnehmer auswählen. „Wir raten zu einem Fonds- oder Banksparplan, je nach eigener Risikobereitschaft“, sagt Kappes. „Beim Fondssparplan favorisieren wir einen kostengünstigen Exchange Traded Fund (ETF). Das ist ein börsengehandelter Indexfonds.“

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Bevorzugt werden sollte eine weltweite Aktienanlage. Dafür bietet sich ein ETF auf MSCI World, ein weltweiter Aktienindex, an.“ Wenn der Arbeitgeber nur niedrige VL zahlt, kann der Arbeitnehmer den Betrag selbst aufstocken.

Vermögenswirksame Leistungen: Was bringt das für die Rente?

Mit Anfang 20 kann man ein wenig risikofreudiger vorgehen, wenn man nicht darauf spekuliert, die VL sobald wie möglich für einen anderen Zweck zu verwenden. Eingezahlt wird über sechs Jahre, dann ruht das Guthaben ein Jahr. Frühestens danach kann über das Geld verfügt werden. Nach dem sechsten Jahr kann bereits ein neuer Vertrag gestartet werden.

Wer jung ist, sollte dennoch bereits über seine Altersvorsorge nachdenken.
Wer jung ist, sollte dennoch bereits über seine Altersvorsorge nachdenken. © Getty Images | vgajic

Nach Berechnungen des Fondsverbandes BVI erzielten VL-Fondssparpläne nach jeweils sieben Jahren Vertragsdauer im Zeitraum von 1962 bis 2022 7,29 Prozent durchschnittliche Rendite. Aus den über sechs Jahre jeweils eingezahlten 2880 Euro (monatlich 40 Euro) wurden im Schnitt 3857 Euro. Hält man das über 35 Jahre durch stehen danach rund 135.000 Euro zur Verfügung, ohne dass dabei der Zinseszinseffekt schon berücksichtigt ist, ebenso nicht die Kosten. In sieben Zeitperioden standen die Fonds am Ende allerdings im Minus. Wenn man die Anlage aber nicht auflöst, müssen die Verluste auch nicht realisiert werden.

Hintergrund: Vermögenswirksame Leistungen – Sparen dank Chef und Staat

Mit einem Banksparplan kann das nicht passieren, dafür ist die Rendite deutlich geringer und die Anzahl der Anbieter überschaubar. Die ING zahlt auf VL einen Festzins von 1,50 Prozent. Bei der Degussa Bank gibt es einen variablen Zins von 1,45 Prozent und einen Bonuszins auf die eingezahlten Sparraten, so dass sich daraus eine Rendite von 2,93 Prozent pro Jahr ergibt, ermittelte das Verbraucherportal Biallo.

Sparpläne: Gibt es noch weitere Zuschüsse?

Wer wenig verdient, kann sich auf die Einzahlungen in einen Fondssparplan die Arbeitnehmersparzulage sichern. Wenn das zu versteuernde Einkommen bei Ledigen 20.000 im Jahr nicht übersteigt, legt der Staat noch einmal 80 Euro obenauf. Voraussetzung: Es müssen mindestens 400 Euro im Jahr eingezahlt werden. Dann steigt die durchschnittliche Rendite von VL nach den Berechnungen des BVI auf 10,3 Prozent. Ein Banksparplan wird nicht gefördert.

Rente – was ist fürs Alter noch wichtig?

„Bevor Geld investiert wird, muss man an die Absicherung der eigenen Arbeitskraft mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) denken“, sagt Verbraucherschützerin Kappes. Wichtig sei, dass die Police nicht mit anderen Verträgen wie einer Rentenversicherung gekoppelt wird. Eine BU-Rente wird gezahlt, wenn der Versicherte in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr arbeiten kann.

Kostenbeispiel: Eine 28-Jährige Mechatronikerin möchte sich bis zum 67. Lebensjahr mit einer monatlichen BU-Rente in Höhe von 1500 Euro absichern. Dafür muss sie im Schnitt der besten Tarife am Markt 129 Euro monatlich bezahlen. Ein 35-Jähriger hat schon mehr finanzielle Möglichkeiten, um privat für das Alter vorzusorgen.

Lohnt es, für Studienzeiten in die gesetzliche Rentenversicherung nachzuzahlen?

In der gesetzlichen Rentenversicherung werden Schul- und Studienzeiten mit maximal acht Jahren angerechnet. Die Anrechnungszeit beginnt frühestens ab dem 17. Geburtstag. „Aber wer ein Hochschulstudium absolviert, bekommt für diese Zeit keine Entgeltpunkte, anders als etwa bei einem Fachschulstudium“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Die Anrechnungszeit zählt aber für die Wartezeit von 35 Jahren bei der Rentenberechnung. „Wir bewerten die gesetzliche Rente im Vergleich zur privaten Rentenversicherung grundsätzlich positiv, weil sie auch mit einem Inflationsvergleich verbunden ist“, sagt Kappes.

Wer lange studiert hat, für den kann sich eine Nachzahlung in die Rentenkasse lohnen.
Wer lange studiert hat, für den kann sich eine Nachzahlung in die Rentenkasse lohnen. © dpa

Rente: Wann sind Nachzahlungen möglich?

Möglich sind Nachzahlungen für Versicherte, wenn sie zwischen dem 16. und 17. Geburtstag zur Schule gegangen sind und/oder eine Schulausbildung oder ein Studium ab dem 17. Geburtstag länger als acht Jahre gedauert hat, also über den 25. Geburtstag hinaus. Da die Materie sehr kompliziert ist, berechnet die DRV, für wie viele Monate eine Nachzahlung möglich ist. „Eine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungen zählt bis zu einer Dauer von maximal vier Monaten als Ausbildungszeit“, sagt die Sprecherin der DRV.

Was kostet das und was bringt es für die Rente?

Nachzahlungen sind bis zum 45. Geburtstag möglich. Die Höhe der Einzahlungen kann der Versicherte frei wählen. „Für 2023 beträgt der monatliche Mindestbeitrag 96,72 Euro und der monatliche Höchstbeitrag 1357,80 Euro“, sagt die Sprecherin der DRV.

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Angenommen es kann für zwei Jahre nachgezahlt werden und der monatliche Beitrag liegt bei 500 Euro pro Monat (12.000 Euro insgesamt), so würde das zu einer monatlichen Rente von 56,23 Euro führen. „Durch die jährlichen Rentenanpassungen zum 1. Juli wird sich dieser Betrag bis zur tatsächlichen Auszahlung entsprechend erhöhen“, sagt die Sprecherin der DRV. Auch eine Ratenzahlung über fünf Jahre ist möglich.

Wie sinnvoll ist eine Direktversicherung?

Das ist eine Rentenversicherung, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abschließt. Der Arbeitgeber muss sich mit 15 Prozent an den Einzahlungen beteiligen. „Wir halten aber eine solche Form der betrieblichen Altersvorsorge nur für sinnvoll, wenn sich der Arbeitgeber mit mehr als 30 Prozent beteiligt“, sagt Kappes. „Denn bei diesen Produkten muss man schon mehr als 100 Jahre alt werden, damit sie sich lohnen.“ Steuer- und sozialabgabenfrei können in diesem Jahr bis zu 292 Euro monatlich in eine solche Versicherung investiert werden.

Das hat zwar den Effekt, dass bei einer Einzahlung von 100 Euro nur rund die Hälfte vom Arbeitnehmer (brutto 3500 Euro, Steuerklasse I) selbst aufgebracht werden muss. „Aber es wird eben auch weniger in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und mit der Auszahlung in der Rentenphase sind hohe Abgaben verbunden“, sagt Kappes.

Die monatliche Rente ist voll mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern und wenn man gesetzlich krankenversichert ist, wird der volle Krankenkassenbeitrag plus Pflegeversicherung fällig. Allerdings gibt es einen monat­lichen Freibetrag von 169,75 Euro. Erst, wenn die Betriebsrente höher liegt als dieser Betrag, müssen auf diesen Abgaben gezahlt werden.

Welche Alternative gibt es?

Aktien bringen eine durchschnittliche jährliche Rendite zwischen fünf und acht Prozent. „Je früher man mit dem Sparen für das Alter beginnt, desto weniger spielen Rückschläge am Aktienmarkt für den Sparerfolg eine Rolle“, sagt Bernd Schimmer Wertpapierexperte der Hamburger Sparkasse. Wer mit 30 Jahren schon anfängt für das Alter zu sparen, benötigt monatlich 125 Euro, um auf eine Summe von 150.000 Euro zu kommen.

Bei einem Start mit 50 Jahren sind schon 490 Euro im Monat erforderlich. Für so langfristige Sparvorhaben eignen sich am besten Exchange Traded Funds (ETF), also börsengehandelten Indexfonds. Der bekannteste ist der MSCI-World-Index mit 1600 Aktien aus 23 Ländern. Das ist eine kostengünstige Anlage, die fast alle Wirtschaftsregionen abdeckt.

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