Berlin. Im Ausland brauche ich keinen Extraschutz – richtig oder falsch? Sechs weit verbreitete Irrtümer zur Krankenversicherung im Überblick.

Gesundheit geht vor, heißt es so oft. Dementsprechend ist die Krankenversicherung in Deutschland verpflichtend. Doch Krankenkasse ist nicht gleich Krankenkasse und Leistung auch nicht gleich Leistung. Sechs hartnäckige Fehlannahmen zur Krankenversicherung im Realitätscheck.

Mythos 1: Privatversicherte bekommen bessere Leistungen

Die private Krankenversicherung gilt als Goldstandard im Gesundheitssystem. Doch Vorsicht: Billigtarife bieten teils schlechtere Leistungen als die gesetzliche Versorgung. Wer sich privat versichert, sollte daher genau vergleichen. Beim Geldratgeber Finanztip gibt es eine Liste der wichtigsten Leistungen, die Interessenten herunterladen und mit zu einer Beratung nehmen können.

Nachteile gibt es auch für privat versicherte Eltern. Sie bekommen kein Kinderkrankengeld, kein Mutterschaftsgeld und können ihren Nachwuchs auch nicht kostenfrei familienversichern.

Mythos 2: Die Leistungen aller Krankenkassen sind gleich

Hartnäckig hält sich der Glaube, es lohne sich nicht, die Krankenkasse zu wechseln. Schließlich böten alle Kassen dasselbe. Das stimmt nur zum Teil. Die Kernleistungen sind gesetzlich festgelegt und für alle Kassenpatienten gleich. Aber die Versicherungen bieten inzwischen viele Extras, die sich finanziell lohnen können.

Einige Kassen bezuschussen Sportkurse mit 200 oder sogar 500 Euro im Jahr. Andere geben etwas zur professionellen Zahnreinigung dazu, wieder andere werben mit besonderen Familienleistungen wie Zuschüssen zu zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen, dem Geburtsvorbereitungskurs für den Partner oder einer Videoberatung durch Hebammen. Es lohnt sich also, einen Anbieter zu suchen, der zu den eigenen Bedürfnissen passt.

Mythos 3: Wer Krankengeld bekommt, darf nicht verreisen

Urlaub trotz Langzeitkrankschreibung? Klingt ungewöhnlich, ist aber möglich – solange die behandelnde Ärztin bescheinigt, dass die Reise die Genesung nicht gefährdet. Reisen innerhalb Deutschlands müssen sich Versicherte nicht genehmigen lassen, vor einer Auslandsreise braucht es die Zustimmung der Krankenkasse. Diese darf den Aufenthalt in anderen EU-Ländern aber nicht verweigern und muss weiter Krankengeld zahlen – es sei denn, der Versicherte missbraucht Leistungen.

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Mythos 4: Kassenpatienten müssen für Zahnersatz immer zuzahlen

Seit 2005 müssen Kassenpatienten Zahnersatz zum Teil selbst bezahlen. Die gesetzliche Versicherung übernimmt bis zu 75 Prozent der Kosten für zweckmäßigen Zahnersatz. Was viele nicht wissen: Für Geringverdienende und Bezieher von Sozialleistungen oder Bafög gibt es eine Härtefallregelung. Sie bekommen auf Antrag bei der Krankenkasse die vollen Kosten erstattet.

Im Jahr 2023 haben Versicherte mit einem Monatsbrutto von weniger als 1358 Euro Anspruch auf die Härtefallregel (1867,25 Euro, wenn sie mit einem Angehörigen zusammenwohnen – plus 339,50 Euro für jeden weiteren Angehörigen). Auch wer leicht über der Verdienstgrenze liegt, hat Chancen auf einen erhöhten Zuschuss und sollte sich an seine Krankenkasse wenden.

Sind Eltern privat krankenversichert, kann das auch Nachteile haben – etwa wenn das Kind krank wird.
Sind Eltern privat krankenversichert, kann das auch Nachteile haben – etwa wenn das Kind krank wird. © Shutterstock / Tomsickova Tatyana | Tomsickova Tatyana

Mythos 5: Für Urlaub in Europa braucht es keine Reisekrankenversicherung

Eine Reisekrankenversicherung für den Urlaub auf Mallorca abschließen? „Unnötig!“, meinen viele – und sitzen damit einem Irrtum auf, der teuer werden kann. Zwar gilt der Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung auch im europä­ischen Ausland, allerdings nur eingeschränkt. Reisende bekommen nur das erstattet, was die gesetzliche Versicherung im Urlaubsland übernimmt – und das ist oft dürftig.

Für einen Ambulanzflug zurück nach Deutschland zahlt die gesetzliche Kasse nicht. Wer also schwer verletzt oder krank wird, muss schlimmstenfalls Zehntausende Euro aus eigener Tasche aufbringen. Deshalb ist eine Reisekrankenversicherung ein Muss. Gute Angebote gibt es schon für zehn Euro im Jahr. Privatversicherte sind im Ausland oft bessergestellt, sollten aber ihren Vertrag prüfen.

Mythos 6: Krankenkassenwechsel nur mit Kündigungsfrist

Die Kündigungsfrist beim Krankenkassenwechsel beträgt normalerweise zwei volle Monate zum Monatsende. In einigen Fällen gibt es aber ein sofortiges Krankenkassenwahlrecht. Damit können sich Versicherte von einem auf den anderen Tag bei einer neuen Kasse anmelden – ohne Kündigungsfrist.

Nützlich ist das beim Jobwechsel. Wer eine neue versicherungspflichtige Beschäftigung antritt, kann sich binnen 14 Tagen eine Krankenkasse aussuchen. Auch Menschen, deren Versicherungsstatus sich ändert, können die Krankenkasse neu wählen. Das gilt etwa, wenn sie in den Status der „freiwillig Versicherten“ wechseln, weil sie sich selbstständig machen oder ihr Gehalt die Versicherungspflichtgrenze übersteigt. Das Wahlrecht ist ohne Risiko: Wer es nicht nutzt, bleibt einfach bei der bisherigen Kasse.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit ­finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.