Berlin. Lange galt die Devise: Schnell den Baukredit zurückzahlen ist die beste Lösung. Die Zinswende hat die Situation verändert. Was nun?

Eigenheimbesitzer mit laufendem Baukredit stecken einen unverhofften Geldsegen oft in ihr Haus. Schließlich kann der Kredit dann schneller zurückgezahlt werden. Solche Sondertilgungen sind zusätzliche jährliche Zahlungen auf das Baukreditkonto, die die Bank ihren Kunden einräumt.

Wie viel Häuslebauer über die normale Monatsrate hinaus tilgen dürfen, steht im Darlehensvertrag. Meist akzeptieren Banken bis zu fünf Prozent des anfänglichen Kreditvertrags im Jahr, manchmal auch mehr. Wer also 300.000 Euro von der Bank erhalten hat, kann bei einer Sondertilgung von fünf Prozent bis zu 15.000 Euro jährlich zusätzlich einzahlen. Gute Anlässe für eine Sondertilgung sind eine Bonuszahlung von der Firma, eine Erbschaft oder ein Geldzufluss aus einer Lebensversicherung.

Baukredite: Die Tendenz bei den Zinsen zeigt nach oben

Wie der Geldratgeber Finanztip berichtet, ist aber mit der Zinswende des vergangenen Jahres die Sondertilgung nicht immer die lohnendste Einsatzmöglichkeit für zusätzliches Geld: Bis Anfang 2022 lagen die Baukreditzinsen jahrelang bei ein bis zwei Prozent pro Jahr. Danach stiegen nicht nur die Kreditzinsen, sondern auch die Zinsen für Tages- und Festgeld ordentlich an. Inzwischen liegen die Bauzinsen bei Neufinanzierungen eher bei 3,5 bis 4 Prozent, Tendenz steigend. Die besten Angebote für Festgelder ab einem Jahr liegen inzwischen bei über drei Prozent pro Jahr. Wer sein Geld für drei Jahre anlegt, kann sogar 3,6 Prozent erreichen.
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Die meisten Kreditnehmern haben das Recht für Sondertilungen ausgehandelt. Die genauen Konditionen müssen schriftlich im Kreditvertrag festgehalten sein.
Die meisten Kreditnehmern haben das Recht für Sondertilungen ausgehandelt. Die genauen Konditionen müssen schriftlich im Kreditvertrag festgehalten sein. © dpa-tmn | Christin Klose

Bei vielen Haus- und Wohnungskäufern dürften die aktuellen Zinssätze bei der Geldanlage also deutlich über dem liegen, was sie für ihren Baukredit aus den vergangenen Jahren zahlen müssen. Diesen Zinsunterschied können Kreditnehmer jetzt für sich nutzen. Und weil es beim Baukredit und bei den Sondertilgungen um hohe Beträge geht, lohnt es sich, die Alternative zu prüfen.

Ein Beispiel: Wer 2019 einen Baukredit von 300.000 Euro zu damals üblichen 1,5 Prozent Zinsen aufgenommen hat und seinen Jahresbonus von 15.000 Euro im Jahr 2023 in den Baukredit einzahlt, spart sich in den nächsten drei Jahren etwa 685 Euro an Zinsen. Auf dem Festgeldkonto gäbe es im gleichen Zeitraum bei 3,5 Prozent aber 1631 Euro zu verdienen. Der Unterschied liegt also bei knapp 950 Euro.

Sondertilung: Ein guter Zeitpunkt ist die nächste Anschlussfinanzierung

Es lohnt sich also, den Zinsunterschied zu nutzen und das zusätzliche Kapital erst mit Verzögerung in den Baukredit einzuzahlen. Ein guter Zeitpunkt dafür ist die nächste Anschlussfinanzierung. Denn dass es dann noch mal Baugeld zu ähnlich günstigen Konditionen wie in der Niedrigzinsphase gibt, ist unwahrscheinlich. Das Festgeld verliert dann seinen Zinsvorteil.

Finanztip empfiehlt bei der Festgeldlösung noch weitere Punkte zu beachten: Wichtig ist die Zinsbesteuerung. Am meisten lohnt sich die Festgeldanlage, wenn die Zinsen und sonstige Kapitalerträge unter dem Sparerpauschbetrag liegen. Er beträgt 1000 Euro pro Jahr bei Singles und 2000 Euro bei zusammenveranlagten Ehepaaren. Für Erträge über dem Pauschbetrag werden Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent der Kapitalerträge und der Solidaritätszuschlag fällig, insgesamt knapp über 26 Prozent. Dazu kommt gegebenenfalls noch die Kirchensteuer. Eine Verzinsung von 3,5 Prozent vor Steuern verringert sich dann auf 2,6 Prozent nach Steuern, wenn der Sparerpauschbetrag bereits ausgeschöpft ist.

Außerdem erfordert die Festgeldlösung Disziplin. Nach Ablauf der Festgeldanlage fließt das Geld ja zum Sparer zurück. Dann sollte es nicht für einen luxuriösen Urlaub oder das neue Auto verwendet werden, sondern wie geplant in die Baufinanzierung fließen.

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Festgeld: Die Hausbank meist nicht mit dem besten Angebot

Und schließlich müssen Kreditnehmer bereit sein, konsequent Festgeldangebote zu nutzen, die einerseits attraktiv und andererseits möglichst risikoarm sind. Nur in Ausnahmefällen dürfte es dann die Hausbank sein, die ein überzeugendes Angebot macht. Meist liegen Banken aus den Euro-Nachbarländern vorn. Ein Vergleich ist hier sinnvoll.

Es ist also im aktuellen Zinsumfeld eine Überlegung wert, auf Festgeld statt auf die Sondertilgung zu setzen. Wer vergleicht, die steuerlichen Konsequenzen im Blick hat und mit spitzer Feder rechnet, dürfte eher zur Festgeldlösung greifen. Wer dagegen die einfache Lösung sucht und das sofortige Abschmelzen der Bauschulden feiert, fährt wahrscheinlich mit der Sondertilgung besser. In jedem Fall sollte überschüssiges Geld nicht unverzinst auf Girokonten herumliegen. Denn das ist in jedem Fall die schlechteste Lösung.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.