St. Andreasberg. Der Abend diente auch dazu, um zu sehen, was aus Menschen, die vor drei Jahren im Harzer Land ankamen, geworden ist.

Der iChor besteht aus jungen Menschen, die Spaß an deutscher Popmusik haben. Das Besondere an diesem Chor ist, dass die Sängerinnen und Sänger selbst gar nicht unbedingt deutsche Muttersprachler sind, sondern aus sechs Nationen stammen und sich die Songs von Adel Tawil, Mark Foster und anderen daher erst einmal erarbeiten müssen.

Am Donnerstag war der iChor nach St. Andreasberg zum Jahresempfang der Martinikirche eingeladen. Logistisch ist das schon eine kleine Hürde, da die Teilnehmer des in diesem Jahr von Dana Pruss, Silke Mursal-Dicty, Burkhard Brömme und Chorleiter André Wenauer gegründeten Chors aus dem gesamten Kirchenkreis Harzer Land kommen. Für einige ging es also mit dem „Tourbus“ von Osterode in den Oberharz, andere kamen aus Duderstadt. Für diejenigen aus Osterode gab es einen besonderen Abstecher: Dana Pruss lenkte den Bus vorbei an der Rehberg-Klinik, die für einige vor drei Jahren die erste Unterkunft in Deutschland war. Gerade St. Andreasberg ist für sie daher mit besonderen Erinnerungen verbunden, mit ersten Schritten in ein neues Leben und die freundliche Aufnahme in der Erstaufnahmeeinrichtung und auch in der Kirchengemeinde.

Zum Einsingen vor dem Auftritt stellte Pastor Walter Merz sein Wohnzimmer zur Verfügung. Dort gab es letzte Instruktionen für den Auftritt im gut gefüllten Gemeindehaus. Ebenso wie die Geflüchteten selbst war das Jahr 2015 auch für viele Gemeindeglieder ein besonderes, und sie haben dank der Ausnahmesituation andere Menschen kennengelernt und von ihren Schicksalen erfahren. „Flüchtlinge, das ist ein Thema, mit dem versucht wird, unsere Gesellschaft zu polarisieren“, sagte Pastor Merz.

Der Abend diente auch dazu, um zu sehen, was aus Menschen, die vor drei Jahren im Harzer Land ankamen, geworden ist. Zunächst einmal gute Sängerinnen und Sänger: Titel wie „Sowieso“ oder auch „Feuerwerk“ beherrscht der iChor sicher und präsentiert sie mitreißend und voller Freude. Das zeigt, wie Integration aussehen kann. Doch so wichtig solche Projekte auch sind, sie sind nicht alles. Was sonst noch passiert ist, darüber berichtete Ahmad Ali Soltani, der vor drei Jahren mit seiner Familie aus Afghanistan nach Deutschland kam. Auch er lebte erst in der Rehberg-Klinik, erinnert sich noch, wie er mit vielen anderen immer den Weg in den Ortskern zurücklegte und hier auf viele offene Menschen traf. Inzwischen wohnt er in Osterode, hat mehrere Sprachkurse absolviert und jetzt ein Praktikum in einer Tischlerei begonnen. „Ich bin froh, wieder als Tischler arbeiten zu können“, sagte er. „Deutschland bedeutet für mich Sicherheit und Zukunft.“

Damit wird deutlich, warum viele der Geflüchteten die deutschen Songs so gern singen. Für sie sind sie Ausdruck der Hoffnung, der Dankbarkeit und des Neubeginns hier. Dana Pruss ist jetzt Flüchtlingssozialarbeiterin im Kirchenkreis Harzer Land, damals noch in der Rehberg-Klinik beschäftigt. „Es hat sich viel getan in den drei Jahren und mir stellt sich die Frage, was sich in den kommenden Jahren entwickeln wird.“ Für den iChor geht es auf jeden Fall weiter, unter anderem mit einer Spende über 600 Euro der Kirchengemeinde. Das seien Spenden, die von damals noch übrig sind, so Walter Merz, und selbstverständlich soll das Geld auch weiterhin einem Projekt zukommen, das weiterführt, was damals auf den Weg gebracht wurde: Gemeinschaft und gemeinsamer Spaß, bei dem Nationalität keine Rolle spielt.