Berlin. Wegen seiner Nähe zu Wladimir Putin steht Altkanzler Gerhard Schröder in der Kritik. Doch woher kommt die Freundschaft der beiden?

Vor knapp einem Jahr hat der Haushaltsausschuss des Bundestags dem ehemaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) einen Teil seiner Sonderrechte und damit unter anderem die Mittel für sein Büro entzogen. Am 4. Mai befasst sich nun das Berliner Verwaltungsgericht mit dem Fall. Der frühere SPD-Chef fordert vom Bundestag die Mittel für sein Büro und die Mitarbeitenden zurück.

Vor der Entscheidung des Haushaltsausschusses hatte Schröder aufgrund seiner Verbindungen zu Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik gestanden. Doch was genau verbindet den früheren Kanzler eigentlich mit Russlands Staatschef? Die Geschichte ihrer Freundschaft.

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Schröder und Putin: Erstes Treffen in der Sauna

Das erste Mal, dass sich Schröder und Putin getroffen haben, ist über 20 Jahre her. Und schon damals zeigte sich: Privates und Berufliches lässt sich bei den beiden Staatsmännern nicht wirklich voneinander trennen. Das Treffen soll in einer Sauna stattgefunden haben, erzählten beide 2017 im russischen Fernsehen. Als es in dem Dampfbad dann plötzlich angefangen habe zu brennen, soll Putin gesagt haben: "Gerhard, wir müssen hier raus, wir brennen." Schröder habe ihm jedoch entgegnet: "Nein, ich will erst mein Bier austrinken".

Im Jahr 2000 wurde Putin zum russischen Präsidenten gewählt. Schröder war zu dem Zeitpunkt seit zwei Jahren als Bundeskanzler im Amt. Kurz darauf verkündeten beide einen Neustart der deutsch-russischen Beziehungen. Nur ein Jahr später fuhren Schröder und Putin gemeinsam mit ihren damaligen Ehefrauen in Moskau im Schlitten durch den Schnee – Putin hatte den früheren Bundeskanzler zum orthodoxen Weihnachtsfest nach Russland eingeladen. Die beiden Staatsmänner verstanden sich – auch sprachlich, denn der ehemalige KGB-Agent Putin spricht fließend Deutsch.

Schröder über Putin: "Alles, was er mir versprochen hat, hat er auch gehalten"

In den darauffolgenden Jahren folgten weitere private und berufliche Treffen. Immer wieder nahm der SPD-Politiker Putin in Schutz. 2004 antwortete Schröder in einer Fernsehsendung auf die Frage, ob Putin ein "lupenreiner Demokrat" sei: "Ja, ich bin überzeugt, dass er das ist". Im selben Jahr adoptierten Schröder und seine damalige Frau Doris ein Kind aus Russland, genauer gesagt aus Putins Heimatstadt St. Petersburg. Eine weitere Adoption folgte 2006. Putin soll dabei seine Hände im Spiel gehabt haben.

Doch Putin und Schröder verbindet nicht nur, dass sie zeitgleich als Staatschefs aktiv waren, sondern auch ihre Biografie. "Vielleicht verbindet uns auch die Tatsache, dass unsere beiden Familien durch den Zweiten Weltkrieg viel gelitten haben. Ich habe meinen Vater verloren, Putins Bruder starb während der Belagerung von Leningrad durch uns Deutsche", sollte Schröder einige Jahre später dazu sagen, "und alles, was er mir versprochen hat, hat er auch gehalten. Ich umgekehrt auch."

Ukraine-Krieg: Schröder feiert mit Putin Geburtstag

2005 endete Schröders zweite Amtszeit, Angela Merkel wurde zur neuen Bundeskanzlerin. Der Sozialdemokrat kündigte seinen Rückzug aus der Politik an, seiner Beziehung zu Putin tat das allerdings keinen Abbruch. Noch im selben Jahr übernahm Schröder den Aufsichtsratsvorsitz der Nord Stream AG, die zu 51 Prozent dem russischen Energieriesen Gazprom gehörte – wohl auch auf Empfehlung von Putin.

2014 sorgte dann ein Foto für Aufmerksamkeit, auf dem sich Schröder und Putin umarmen. Anlass war eine nachträgliche Geburtstagsfeier zu Schröders 70. Geburtstag in St. Petersburg. Kurz zuvor hatte Russland völkerrechtswidrig die Halbinsel Krim annektiert, zahlreiche westliche Staaten verhängten Sanktionen gegen das Land. Die Freundschaft zwischen Schröder und Putin beeinflusste das jedoch nicht, man habe nicht über aktuelle Politik gesprochen, sagte Schröder hinterher.

Einige Jahre später, 2017, wurde Schröder auf Vorschlag der russischen Regierung zum Aufsichtsratschef beim russischen Energiekonzern Rosneft gewählt. Der Altkanzler erntete dafür heftige Kritik, er mache sich zum Handlanger Russlands, hieß es. Schröder selbst jedoch erklärte gegenüber Journalistinnen und Journalisten, die Position sei eine Möglichkeit, "einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Beziehung nach Russland zu leisten".

Schröder: Kritik an fehlender Distanzierung zur Putin

Auch die Beziehung zum russischen Staatspräsidenten pflegte Schröder weiter. Als Putin 2018 zum vierten Mal vereidigt wurde, stand der Altkanzler in der ersten Reihe. Dann kam der 24. Februar 2022 und mit ihm der russische Überfall auf die Ukraine. Während sich die westlichen Staaten mit der Ukraine solidarisierten, schwieg Schröder zunächst. Schließlich teilte er mit, dass es die "Verantwortung der russischen Regierung" sei, den Krieg zu beenden. Die Verbindungen zu Russland dürften dennoch nicht komplett gekappt werden, so Schröder.

Drei Monate nach dem Angriff legte Altkanzler schließlich seinen Posten als Aufsichtsratschef bei Rosneft ab. Zu einer Distanzierung von Putin kam es allerdings nicht, zweimal reiste Schröder nach dem 24. Februar nach Moskau. Am Ende konnte auch die SPD Schröders Russland-Nähe nicht mehr ignorieren. Mehrere Verbände reichten einen Antrag auf einen Parteiausschluss Schröders ein – dieser jedoch wurde abgelegt. Das politische Ansehen Schröders litt dennoch unter seiner Putin-Freundschaft. Der Haushaltsausschuss des Bundestags entzog ihm schließlich seine Rechte. Ob Schröder diese zurückbekommt, wird nun das Berliner Verwaltungsgericht entscheiden. (csr)