Berlin. Gerhard Schröder kämpft um sein Altkanzler-Büro. Nun befasst sich sogar ein Gericht damit. Wird Schröder heute vor Gericht erscheinen?

  • Vor einem Jahr hatte der Bundestag Altkanzler Gerhard Schröder die Sonderrechte entzogen
  • Schröder wollte das nicht hinnehmen und hat geklagt
  • Am 4. Mai befasst sich das Berliner Verwaltungsgericht mit dem Fall
  • Wird Schröder erscheinen?

Wer Neuigkeiten über Gerhard Schröder erfahren will, muss sich auf dem Instagram-Account seiner Frau So-yeon Kim umsehen. Demnach hat der 79-Jährige zu Jahresbeginn seine Ernährung umgestellt und sieht seitdem deutlich schlanker und frischer aus. Offenbar spielen Artischocken dabei eine bedeutende Rolle, dienstags und freitags kommt in der Regel Fisch auf den Teller. Außerdem war das Paar kürzlich in Zürich, hat im Regen Golf gespielt und liebevoll gestaltete Osterkarten verschickt.

Gerhard Schröder selbst hat sich seit geraumer Zeit öffentlich nicht zu Wort gemeldet. Am heutigen Donnerstag, 4. Mai, hätte er die Gelegenheit dazu: in Saal 0416 des Verwaltungsgerichts Berlin. Verhandelt wird die Verwaltungsstreitsache mit dem Aktenzeichen VG 2 K 238/22, Gerhard Schröder gegen die Bundesrepublik Deutschland. Der frühere Bundeskanzler verlangt, dass ihm im Bundestag wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird.

Gerhard Schröder: SPD-Spitze hat sich wegen Nähe zu Putin distanziert

Politisch hat sich die SPD-Spitze maximal von dem früheren Parteivorsitzenden Schröder distanziert wegen seiner Nähe zu Russland und Wladimir Putin, weil sich der aus dem Kreml bezahlte Energie-Lobbyist auch nach dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht rigoros von seinen alten Seilschaften löste. „Eine klare Verurteilung des russischen Vorgehens ist Gerhard Schröder bis heute leider schuldig geblieben“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil kürzlich über seinen Parteikollegen und alten Weggefährten aus Hannover.

Russlands Präsident Wladimir Putin und Gerhard Schröder im Jahr 2018 in Moskau.
Russlands Präsident Wladimir Putin und Gerhard Schröder im Jahr 2018 in Moskau. © AFP | ALEXEY DRUZHININ

SPD-Chef Lars Klingbeil war Schröder freundschaftlich verbunden. Während seines Studiums arbeitete der 45-Jährige in Schröders Wahlkreisbüro in Hannover. Der Alt-Kanzler war Gast auf Klingbeils Hochzeit, Klingbeil besuchte die Hochzeit von Schröder und der Südkoreanerin So-yeon Kim, dessen fünfter Ehefrau. Seit Kriegsbeginn hatten Klingbeil und Schröder keinen Kontakt mehr. „Ich verstehe einfach nicht, wie man sich bei dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auf die falsche Seite der Geschichte stellen kann“, sagte Klingbeil und sprach von einem „Bruch“ und einem „Zerwürfnis“ zwischen ihm und seinem politischen Ziehvater.

Gerhard Schröder: Parteiausschluss des Altkanzlers in zwei Instanzen gescheitert

Juristisch fällt es der SPD deutlich schwerer, die Trennung von Schröder zu vollziehen. Ein Verfahren mit dem Ziel, den früheren Bundeskanzler wegen seiner Haltung zu Russland und Putin aus der SPD zu werfen, scheiterte im März in zweiter Instanz vor der Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover. Es lasse sich „nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen“, dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe, lautete die Begründung. Der Beschluss sei „juristisch solide und überzeugend sowie politisch konsequent“, freute sich der Jurist Schröder darüber.

Nun geht der frühere Rechtsanwalt also gegen den Verlust seines Altkanzler-Büros vor. Die Räume befinden sich in einem Bundestagsgebäude auf dem Boulevard Unter den Linden. Übrigens mit Blick auf die russische Botschaft auf der anderen Straßenseite. Es gibt dort keine Mitarbeiter mehr, die Technik und die Computer sind abgebaut, die Räume derzeit ungenutzt.

Schröder kritisiert Entzug seines Büros als rechtswidrig

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte Schröders Büro im vergangenen Mai auf „ruhend“ gestellt. Die Ampel-Fraktionen begründeten den Schritt damit, dass der Bundeskanzler a.D. „keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt mehr wahrnimmt“. Die Ausstattung für ehemalige Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler solle außerdem künftig nicht mehr „statusbezogen“ sein, sondern sich an den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt orientieren.

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau So-yeon Schröder-Kim im April 2023.
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau So-yeon Schröder-Kim im April 2023. © dpa | Uwe Anspach

Schröder ist nach einer Mitteilung des Berliner Verwaltungsgerichts der Meinung, die „Ruhendstellung“ sei rechtswidrig, er habe Anspruch auf ein Büro mit der bisherigen Sach- und Stellenausstattung. Der Anspruch ergebe sich aus der bisherigen Staatspraxis, entstandenem Gewohnheitsrecht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes. „Alle Bundeskanzler a.D. hätten das Büro auf Lebenszeit erhalten, ohne dass darauf abgestellt worden sei, ob und wie lange sie fortwirkende Aufgaben aus ihrem Amt wahrgenommen hätten.“ Im Übrigen nehme er solche Aufgaben weiterhin wahr, argumentiert Schröder.

Schröder reiste zweimal seit Kriegsbeginn nach Moskau

Was treibt den Altkanzler an? In seiner Partei ist er weitgehend isoliert – und dennoch kämpft er um sein SPD-Parteibuch. Wer als Journalist mit prominenten Sozialdemokraten über den Altkanzler sprechen will, bekommt Absagen. Nicht schon wieder Schröder, lautet der Tenor.

Will er sein politisches Erbe retten? Die Vermutung kam bereits auf, als Schröder nach Russlands Angriff auf die Ukraine im März und ein zweites Mal im Juli 2022 nach Moskau reiste und dabei auch seinen Duzfreund Putin traf. Im Anschluss behauptete Schröder, Putin wolle eine Verhandlungslösung. Es folgte eine Radikalisierung der Kriegsführung, indem Russland gezielt zivile Infrastruktur aus der Luft bombardierte.

Vor Gericht will der frühere Bundeskanzler nicht erscheinen

Im Streit um sein Büro geht es Schröder offenbar auch ums Prinzip. Als seine Rechtsanwälte vergangenes Jahr die Klage ankündigten, kritisierten sie den Ampel-Beschluss als willkürlich. Die Entscheidung erinnere in der Art und Weise ihrer Entstehung an einen „absolutistischen Fürstenstaat“ und dürfe in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Bestand haben. Vor Gericht will Schröder seine Position allerdings nicht selbst darlegen, wie sein Anwalt auf Anfrage mitteilte.