Schierke am Brocken. Am 22. Mai wird der als „Brocken-Benno“ bekannte Wanderer 88 Jahre alt. Trotz angeschlagener Gesundheit will er auch an diesem Tag auf den Berg.

Der 1141 Meter hohe Brocken zieht ihn an wie ein Magnet. Der deutschlandweit bekannte Wanderführer „Brocken-Benno“ aus dem Harz hat es mit seinen Tausenden von Auf- und Abstiegen mehrfach ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Bei Wind und Wetter ist er seit 30 Jahren fast täglich zum Brocken gelaufen, Zehntausende Kilometer über Stock und Stein. Hunderte Höhenmeter hat er dabei jeweils überwunden, mit eiserner Disziplin und Faszination für das Schauspiel der Natur.

„Brocken-Benno“ ist trotz angeschlagener Gesundheit bereits 8888 Mal auf dem Berg gewesen

Auch zu seinem 88. Geburtstag will er auf den Berg wandern, der vom Nationalpark Harz umgeben ist. Ursprünglich hatte er nach dem Aufstieg eine große Feier geplant, doch die Corona-Pandemie und eine Krebserkrankung halten Benno Schmidt, wie der Rekordwanderer heißt, davon ab. Entmutigen lasse er sich nicht. „Ich werde oben sein, ausnahmsweise hoch gefahren“, sagt er. Die Abstands- und Kontaktregeln wegen Corona halte er ein. „Ich kann es mir nicht erlauben, dass ich angesteckt werde“, sagt er. Drei Operationen und die Chemotherapie stecken ihm in den Knochen.

Rasten komme für ihn nicht in Frage, sagt der abgehärtete Mann, den selbst strömender Regen beim 7000. Aufstieg nicht aufhielt. Statt wie sonst fast täglich am Brocken zwölf Kilometer Wanderstrecke zu absolvieren, dreht er derzeit in der Umgebung von Wernigerode (Landkreis Harz) seine Runden. Mit Ehefrau Helga, die ihn auf seinen Gipfelwanderungen strammen Schrittes bisher 1250 Mal begleitet habe, treibt er zu Hause Sport - mit Blick auf den Brocken, so Benno Schmidt.

Die „magische Marke“ von 8888 Brocken-Aufstiegen hat der bald 88-Jährige übrigens bereits im Januar erreicht, wie er nun der „Volksstimme“ verriet. „Das habe ich bislang geheim gehalten“, erzählt er – die Januar-Tour sei ursprünglich auch nicht geplant gewesen, „aber das Wetter Ende 2019 und der Winter waren einfach mild und haben zum Wandern eingeladen.“

Für sein Engagement für die Natur wurde „Brocken-Benno“ mehrfach geehrt

Der Berg war bis zum Fall der Mauer militärisches Sperrgebiet. Heute gilt der Brocken als Symbol der Einheit. Wanderfreunde aus der ganzen Welt zieht es hinauf – vom Tal in Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen aus. Für sein Engagement für die Natur wurde „Brocken-Benno“ – den Spitznamen haben ihm Wanderfreunde verliehen – mehrfach geehrt, bekam Anerkennung von Prominenten wie etwa dem weltberümten Bergsteiger Reinhold Messner.

Den 3. Dezember 1989 werde er nie vergessen, erzählt Schmidt. „Das war ein Glücksgefühl ohnegleichen, dass wir wieder auf den Brocken hoch durften“, sagt er. Seit 1961 war der Berg für Wanderer gesperrt. „Ich konnte ihn sehen, ich durfte 28 Jahre lang nicht hoch, das war schlimm“, sagt der frühere Verwaltungsangestellte, der in Bochum geboren wurde.

In zwei Jahren soll Aufstieg Nummer 9000 folgen

„Ich habe viel erlebt“, sagt er. In Büchern, Vorträgen und auf unzähligen Führungen durch die Natur hat „Brocken-Benno“ seine Erfahrungen weitergegeben, wurde deutschlandweit auch über Fernsehsendungen bekannt. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) verlieh ihm 2018 den Verdienstorden des Landes für sein großes ehrenamtliches Engagement um den Brocken und die gesamte Harzregion. Seiner Initiative sei die Ausweisung zweier neuer Wanderwege zu verdanken, der „Harzer Grenzweg“ und der „Teufelsstieg“. Darüber hinaus habe Schmidt die Harzer Wandernadel ins Leben gerufen.

„Man muss immer ein Ziel haben“, sagt „Brocken-Benno“. Für ihn sei das, wieder richtig auf die Beine zu kommen. In zwei Jahren, zum 90. Geburtstag, will er zum 9000. Mal auf den Brocken. „Das ist locker zu schaffen“, sagt er mit fester Stimme. Etliche Schuhe („gut gedämmt müssen sie sein und passen“) habe er abgelaufen, stets seinen Rucksack mit etwas Proviant - Apfelstückchen, Müsliriegel, Nüsse - und eine Thermoskanne mit Tee und Wechselsachen dabei. „Langweilig wird es nie“, sagt Schmidt. Fotos in seinem privaten Brocken-Museum beweisen, wie glücklich er ist, wenn er es bis ins hohe Alter zu Fuß auf den Gipfel geschafft hat. dpa/red