Osterode. Die Ambulante Hilfe der Diakonischen Gesellschaft appelliert im Kampf um die Wohnungslosigkeit an Kommunen und Bund.
Auch im Raum Osterode herrscht Mangel an bezahlbarem Wohnraum, das bestätigt die Ambulante Hilfe Osterode der Diakonischen Gesellschaft Wohnen und Beraten. Die Ambulante Hilfe betreut im Altkreis Osterode seit mehr als 30 Jahren Menschen, die wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind, sowie Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten und Psychiatrie- und Psychoseerfahrene.
Demnach stehe die Stadt Osterode im Wohnraumversorgungskonzept des Landkreises Göttingen an dritter Stelle in der Negativbilanz über fehlenden Wohnraums für Einpersonenhaushalte mit niedrigem Einkommen – gleich nach Göttingen und Hann. Münden. Auf eine preisgünstige Wohnung kämen rund drei Interessierte. „Bei den Empfängern von Grundsicherung dürfte das Verhältnis noch negativer ausfallen, da diese sich nach der Bemessungsgrenze richten müssen, die der Landkreis für die Miete gewährt“, erklärt Sonja Jakob von der Ambulanten Hilfe Osterode. Diese Grenze liege für eine 50 Quadratmeter große Wohnung derzeit bei 338 Euro inklusive Nebenkosten plus Heizungskosten.
Steigende Zahlen
Auf der Bundestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) stellten die Verantwortlichen eine Gesamtzahl von rund 678.000 Menschen vor, die im Jahr 2018 in Deutschland von Wohnungslosigkeit betroffen waren – das bedeute einen Anstieg von 4,2 Prozent zum Vorjahr, erklärte BAGW-Geschäftsführerin Werena Rosenke. Der Nachfrage von Einpersonenhaushalten (17,3 Millionen) stand im Jahr 2018 ein Angebot von 5,4 Millionen Ein- bis Zweizimmerwohnungen gegenüber.
Rosenke: „Der Bund muss mehr Verantwortung für seine soziale Wohnungspolitik übernehmen“. So habe der Bund auch bei der Prävention Regelungskompetenz, die er wahrnehmen müsse: Bei der Mietschuldenübernahme im SGB II sollte wie im SGB XII eine Leistungsgewährung als Beihilfe vorgesehen werden. Darüber hinaus müsse durch den Gesetzgeber klargestellt werden, dass bei einer Mietschuldenbefriedigung nicht nur die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, sondern auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung geheilt sei, so Rosenke.
Kommunale Fachstellen einrichten
Karin Kühn, die Vorsitzende der BAGW, ergänzte: „In jede Kommune und jeden Landkreis gehört eine Fachstelle zur Verhinderung von Wohnungsverlusten“. Die Kompetenzen müssten als Ansprechpartner an einer Stelle gebündelt werden, damit Unternehmen der Wohnungswirtschaft und private Vermieter bei ersten Anzeichen eines gefährdeten Mietverhältnisses kompetente Ansprechpartner in der Kommune und bei den freien Trägern der Wohnungsnotfallhilfe finden, die frühzeitig intervenieren können, um den Wohnungsverlust abzuwenden.
Dem schließen sich auch die Verantwortlichen der Ambulanten Hilfe Osterode an: „Wir als Wohnungslosenhilfe wissen, bezahlbarer Wohnraum ist zwar Voraussetzung für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit, aber nicht ausreichend. Oft werden Wohnungslose stigmatisiert und ausgegrenzt. Deshalb appellieren wir an die Kommunen, alle zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen, um wohnungslose Menschen mit eigenen Wohnungen zu versorgen.“
Machbar seien etwa Bindungen und Quotierungen im Sozialwohnungsbestand für vordringlich Wohnungssuchende. Aber auch die gezielte Akquirierung von Wohnungsbeständen bei privaten Vermietern und der Wohnungswirtschaft sollte zu den vorrangigen Aufgaben gehören. Gewährleistungsverträge zwischen Kommunen und Vermietern und andere positive Anreize seien laut den Mitarbeitern der Diakonischen Gesellschaft bereits erfolgreich in der Praxis erprobt. „Zusätzliche Wohnungen für Wohnungslose lassen sich auch dadurch erschließen, dass die Richtwerte für die Kosten der Unterkunft deutlich überschritten werden können“, erklärt Sonja Jakob von der Ambulanten Hilfe.
Unterstützer gesucht
Um Wohnungslosen in Osterode in der Adventszeit eine Freude zu machen, richten die Verantwortlichen der Ambulante Hilfe der Diakonischen Gesellschaft Wohnen und Beraten seit vielen Jahren eine Weihnachtsfeier für Menschen aus, die sozial benachteiligt sind und oft am Rande der Gesellschaft leben. „Einmal im Jahr können sich die Besucher dann bewirten lassen und ihre Sorgen für einen kurzen Moment vergessen – gemeinschaftliche Beschäftigungen wie Kegeln und Knobeln tragen zu einem ausgelassenen Nachmittag bei“, so Jakob.
Nach dem gemeinsamen Essen darf sich jeder Gast ein Weihnachtsgeschenk aussuchen. „In der Vorweihnachtszeit ist bei den Betroffenen die Einsamkeit noch schmerzhafter spürbar. Die Festtage sind mit Isolation und negativen Emotionen verbunden. Das soll wenigstens einen Nachmittag lang keine Rolle spielen“, erklärt Jakob weiter.
Die Organisation der Feier und das Beschenken seien nur durch die Spenden aus der Bevölkerung möglich. So hofft das Team der Ambulanten Hilfe auch in diesem Jahr wieder auf eine rege Beteiligung aus Osterode und Umgebung, damit es die Feier ausrichten kann.
Die Ambulante Hilfe Osterode bietet jeden Vormittag von 9 bis 11 Uhr eine offene Sprechstunde für von Obdachlosigkeit Betroffene oder Bedrohte in der Abgunst 14/15 an. Darüber hinaus können abweichende Termine unter Telefon 05522/6661 vereinbart werden. Spendenkonto: Ambulante Hilfe Osterode, Diakonische Gesellschaft Wohnen und Beraten, Bankverbindung DWB Ambulante Hilfe, DE11263510150160095121. Unter Angabe von Namen und Anschrift können Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.