Scharzfeld. Die Höhle ist ein Schlüsselfundplatz für die Erforschung des Neandertalers im Norden. Er schlug hier bereits vor 130.000 Jahren sein Lager auf.

Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege und die Gesellschaft Unicornu fossile führen mithilfe von Fördermitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur gemeinsame Ausgrabungen an der überregional bedeutenden Einhornhöhle bei Scharzfeld durch (wir berichteten). Seit Dienstag werden die Grabungsarbeiten fortgesetzt, wie das Landesamt mitteilt. Sie sollen bis 2. Oktober dauern.

Die Höhle ist ein Schlüsselfundplatz für die Erforschung des Neandertalers im Norden, der bereits vor mindestens 130.000 Jahren das Felsmassiv erstmals als Lagerplatz genutzt hat. In der Einhornhöhle und an einem heute verschütteten Höhleneingang haben sich die Hinterlassenschaften der letzten 130.000 Jahre in mächtigen Ablagerungen überliefert, in denen zahlreiche hervorragend erhaltene Tierknochen und Werkzeuge unseres eiszeitlichen Vorfahren zu finden sind.

Klimaveränderungen rekonstruieren

Die Höhle bietet damit auch ausgezeichnete Möglichkeiten, die natürlichen Klimaveränderungen von der Eiszeit bis heute zu rekonstruieren. Knochen von Höhlenbär, Wolf und sogar Fledermäusen werden u. a. in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Braunschweig analysiert, so wird eine verlässliche Rekonstruktion der Umweltverhältnisse möglich.

Ziel der diesjährigen Forschungen ist es, den Eingangsbereich zur Höhle weiter zu erschließen. Mit Hilfe der freigelegten Steingeräte und Faunenreste sowie mit physikalischen Altersdatierungen für die verschiedenen Fundschichten soll geklärt werden, wann und unter welchen Klimabedingungen der Mensch sich im Harz aufgehalten hat.

An der Grabung werden Studierende der Georg-August Universität Göttingen, der TU Clausthal, der TU Braunschweig, der Eberhard-Karls Universität Tübingen, der Universität Regensburg, sowie der Ruhr-Universität Bochum teilnehmen.

Außengrabungsstelle kann besucht werden

Unter Einhaltung aktuell geltender Corona-Maßnahmen (1,5m Abstand) kann die Außengrabung dienstags bis freitags von 11 bis 16 Uhr besucht werden.

Bei der Grabungskampagne im vergangenen Sommer haben die Archäologen und Geowissenschaftler bereits eine große Menge an altsteinzeitlichen Artefakten und auch an eiszeitlichen Tierknochen mit einer überwiegend guten Erhaltungsqualität gefunden. Sie stießen unter anderem auf Tierknochen, etwa von Hirschen und Bisons, sowie auf Steinwerkzeuge. Auch ein großer fossiler Knochen von einem Höhlenbären und dessen Unterkiefer mit Zähnen waren darunter.

Die Grabungsstelle an der Einhornhöhle im vergangenen Jahr.
Die Grabungsstelle an der Einhornhöhle im vergangenen Jahr. © HK-Archiv | Martin Baumgartner

Im August 2019 hatte das Team um Grabungsleiter Dr. Dirk Leder, vom Landesamt für Denkmalpflege mit der Arbeit begonnen und Schicht für Schicht den Höhleneingang freigelegt. Dabei wurde das Werkzeug immer filigraner: Zunächst Spitzhacke und Schaufel, um die Erde abzutragen, dann Hammer und Kelle und schließlich Pinsel und Handfeger, je näher die Forscher an die oft zerbrechlichen Objekte im Boden heranrücken. Die an der Ausgrabung beteiligten Studenten lernen dabei das Handwerk der Archäologen in der Praxis. Dabei gilt es vor allem, sehr sorgfältig vorzugehen, auf die unterschiedlichen Schichten und Veränderungen im Boden zu achten.

Kleines Untersuchungsfeld

Das Untersuchungsfeld am Felsportal ist relativ klein. Etwa fünf bis sechs Meter hinter der Felskante, die aus dem Boden ragt, befindet sich der sogenannte Jacob-Friesen-Gang, dort wurden 1984 erste Steingeräte gefunden. Über mehrere Jahre wurde dort bereits gegraben.

Viele hundert interessierte Höhlenbesucher hatten die Gelegenheit im vergangenen Jahr genutzt, von einem über der Außengrabung gelegenen Podest einen direkten Einblick in die Grabungsarbeiten und die örtliche Situation zu Neandertaler-Zeiten zu erhalten.