Hörden. Der 4-tägige „Marsch zum Gedenken“ soll an gefallene und verunglückte Soldaten und Bundeswehrangehörige erinnern. Jens Reinhardt aus Hörden war dabei.

Vom 6. bis 9. August marschierten Soldaten und Reservisten nach Berlin. Der „Marsch zum Gedenken“ war 110 Kilometer lang und sollte an die 110 gefallenen und verunglückten Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz erinnern. Weiterhin gedachte man der 3.292 Bundeswehrangehörigen, die seit Gründung der Bundeswehr infolge der Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen sind. Circa 140 Soldaten nahmen teil, von den Medien kaum beachtet. Einer von ihnen: der Stabsfeldwebel der Reserve Jens Reinhardt aus Hörden.

Jeder Teilnehmer trug den Namen eines verstorbenen Kameraden auf der Uniform. Auf der von Jens Reinhardt stand der Name des Hauptgefreiten Ronny Irrgang. Reinhardt erzählt: „Es war emotional. Alte Erinnerungen wurden wach. Es war ein Gemisch aus der Freude an der gemeinsamen Zeit, aber auch an die Trauer über den Verlust.“ Ronny Irrweg ist durch einen Unfall ums Leben gekommen, andere Soldaten starben in Gefechten. Jens Reinhardt: „Leider haben manche noch seelische Schäden, deshalb waren auch Psychologen der Bundeswehr dabei. Für manche ist der Marsch auch Verarbeitung.“

Erinnerung an Ronny Irrgang

Jens Reinhardt war sechs Mal für die Bundeswehr im Ausland. Im Februar besuchte er eine Tagung des Reservistenverbandes. Dort sprachen zwei Einsatzveteranen über den Marsch. „Mich hat das so begeistert, dass ich mich angemeldet habe. Ich trug auf meiner Uniform den Namen von Ronny Irrgang aus dem 1. Einsatzkontingent KFOR. Ich war mit ihm in der gleichen Kompanie in Prizren im Kosovo. Der Hauptgefreite Irrgang war mit mir in der Kompanie als Militärkraftfahrer eines LKW. Am 8. Juni 2000 stürzte er mit dem LKW mit Anhänger auf einer Brücke 70 Meter in eine Schlucht. Er hatte versucht, einem auf der Brücke im Gegenverkehr überholenden Fahrzeug auszuweichen. Ronny und sein Beifahrer, Hauptgefreiter Michael Unger, verloren ihr Leben.“

Die Soldaten legen unterwegs im Wald der Erinnerung Kränze nieder.
Die Soldaten legen unterwegs im Wald der Erinnerung Kränze nieder. © Jens Reinhardt

Organisiert wurde der „Marsch zum Gedenken“ vom Reservistenverband und der Bundeswehr. Die Marschstrecke führte vom Truppenübungsplatz Lehnin über Werder, Caputh und Potsdam nach Berlin. Am zweiten Marschtag besuchten die Soldaten den „Wald der Erinnerung“ am Einsatzführungskommando der Bundeswehr. Dort befinden sich Stelen mit den Daten, Einsatzmissionen und Namen der toten Soldaten. Hier steht auch der Name Ronny Irrgang.

Am vierten Tag erreichten Jens Reinhardt und seine Kameraden Berlin. Hier reihte sich ein prominenter Kamerad in den Zug ein: Der Staatssekretär und Hauptmann d.R. Dr. Peter Tauber (CDU). In Berlin marschierten die Soldaten vorbei am Funkturm, ICC, über den Ku'damm und entlang der Straße des 17. Juni zum Brandenburger Tor. „Die Reaktionen waren fast nur positiv“, erinnert sich Jens Reinhardt. „Beifall, Rufe. Es gab auch vereinzelt Kritik. Eine Frau meinte, ob wir uns nicht schämen würden hinter der Deutschlandflagge zu marschieren.“

Abschluss am Bendlerblock

Jens Reinhardt an einer Gedenktafel im „Wald der Erinnerung“, auf der auch der Name von Ronny Irrgang steht.
Jens Reinhardt an einer Gedenktafel im „Wald der Erinnerung“, auf der auch der Name von Ronny Irrgang steht. © Jens Reinhardt | Privat

Am Brandenburger Tor warteten Angehörige der toten Soldaten und begleiteten die Marschteilnehmer zum Bendlerblock. Hier fand der „Marsch zum Gedenken“ einen würdigen Abschluss. Jens Reinhardt: „Vor dem Ehrenmal wurde angetreten und Dr. Peter Tauber hielt eine Gedenkrede. Dann spielte eine Abordnung des Wachbataillon mit Trommel und Trompete das Lied vom guten Kameraden.“ Von Seiten des Reservistenverbandes heißt es: „110 Kilometer Fußmarsch haben ihre Spuren hinterlassen. Viele liegen sich in den Armen, bei einigen fließen Tränen. Es sind Tränen der Trauer, aber auch der Freude.“ Er sei gern mit Soldaten und Menschen zusammen gewesen, die ähnliches erlebt haben, resümiert Jens Reinhardt. „Die Trennung von Heimat und Familie, die Kameradschaft wenn man 24 Stunden am Tag zusammen verbringt. Das Leben im Zelt, Container, Gebäudeblock. Dinge erlebt zu haben, die sich manche nicht vorstellen können.“ Erinnerung sei für ihn ein Teil seiner Kultur, sagt Reinhardt. Seit 30 Jahren nimmt er am Volkstrauertag teil. „Ich finde es wichtig, die Erinnerung an die Bundeswehr-Einsatztoten wachzuhalten.“ Denn, so kritisiert Reinhardt: „Soldaten erfahren viel Kritik, auch durch die Medien. Dabei tun sie nur das, was ihnen die Politik vorgibt. Der Soldat kann nichts dafür, wenn die Politik meint, Deutschland müsse am Hindukusch verteidigt werden. Deshalb war es für mich auch wichtig mit durch Berlin am Reichstag vorbei zu marschieren. Als symbolischer Akt für unsere Volksvertreter. Wenn die Bundestagsabgeordneten für einen Einsatz stimmen, sollten sie zumindest hinter den Soldaten stehen, die ihre Politik im Ausland vertreten.“ kw