Osterode. „Klar, die Energiewende ist notwendig. Aber nicht so!“, schreibt unser Autor Michael Paetzold in seiner Kolumne.

Nicht, dass wir ohnehin Probleme hätten, unsere historischen Innenstädte attraktiv zu halten, den wertvollen Fachwerkbestand zu bespielen, zu bewohnen, zu pflegen und letztlich zu retten. Wir wissen um den Aufwand, die Häuser in Schuss zu halten, den schon jetzt nicht jeder betreiben will. Und nun? Aus für Öl- und Gasheizungen! Und wie soll es warm werden? Sollen Wärmepumpen den alten Gemäuern einheizen, die den energetischen Anforderungen in keiner Weise entsprechen, wie viele im Vergleich schon moderne Gebäude bis in die 80er Jahre? Auf zehn Millionen Wohngebäude soll das zutreffen. Oder Fernwärme, die es wenig gibt und deren Energie überwiegend aus fossilen Brennstoffen käme? Ich sehe schon die verwaisten Innenstädte des Fachwerkfünfecks, einen zerstörten Immobilienmarkt, Niedergang, verlassene alte Häuer, die keiner sanieren kann, wo nur kaputtgewohnt wird und nicht investiert. Und wenn man auch ländliche Regionen schwächen will, dann so.

Nun wollen wir nicht zu schwarz sehen. Vielleicht richtet sich alles von selbst trotz hoher Inflation, Kostensteigerungen, Lieferengpässen, hoher Bauzinsen und kleiner Gehälter und Renten. Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer haben die Zeichen der Zeit erkannt, kratzen ihr Erspartes zusammen (wenn denn was da ist), 50.000, 100.000 Euro oder mehr für die energetische Sanierung. Sicher: Rechnen tut sich das für Viele nicht, aber es geht ja ums Klima. Dämmen, dämmen, dämmen, da kommt Freude auf, auch beim Denkmalschutz, und der Notgroschen ist gut verwurstet. Und wenn es nicht reicht, geht der Rentner zur Bank, die ihm trotz des Alters gerne unter die Arme greift, während die Handwerker Schlange stehen und aus gut gefüllten Regalen alles Nötige herauskramen: „Eine Wärmepumpe? Kein Problem, dann kommen wir morgen!“ Und Förderungen werden nach unbürokratischer Antragstellung, wie in Deutschland Usus, schnell und reichlich fließen. Schön wär’s!

Klar, die Energiewende ist notwendig. Aber nicht so! Wenn nicht großzügige Übergangs- und Ausnahmeregelungen zum Schutz der Bürgerschaft Eingang finden in die Gesetzgebung zur Wärmewende, wenn nicht massive finanzielle Förderungen unbürokratisch solche Vorhaben flankieren, ist die Gefahr groß, dass eine neue soziale Armut entsteht. Da werden die Kosten für die Wärmewende in Gutsherrenart an Hausbesitzer und Mieter durchgereicht, eine Gefahr für den Wohlstand und sozialen Frieden. Robert Habeck in der grünen Öko-Blase: Das Bild passt. Die Wärmewende kann nur mit den Menschen, nicht gegen sie erfolgreich sein. Erstmal die Infrastruktur schaffen, Immobilienbesitzer finanziell nicht überfordern, Anreize schaffen mit guten Förderprogrammen und so freiwilliges Handeln auslösen bei denen, die es schultern können: Das scheint mir eher geboten als die Androhung von Zwangsmaßnahmen. Sonntag berät der Koalitionsausschuss. Es wird spannend.

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