Bad Sachsa. Ob Nachbarschaftshilfe oder Gelder für Stadtwald oder Todkranke: Die Facebook-Gruppe hat die Gemeinschaft gestärkt. Darum wird sie dennoch aufgelöst.

Der Name war stets Programm: „Bad Sachsa hilft sich“. Inspiriert, angeleitet und koordiniert durch die Administratoren Elke Baldenweck, Anita Strebe und Elvira Jödicke haben die aktuell 3.521 Mitglieder der Facebook-Gruppe in den vergangenen Jahren vor allem viel Hilfe geleistet, einander beigestanden, aber auch reichlich Spaß gehabt.

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Doch das Ende der Gruppe in seiner jetzigen Form ist beschlossen: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören lautet ein bekanntes Sprichwort und am 24. September dieses Jahres trifft dies für „Bad Sachsa hilft sich“ ein, die Gruppe wird an dem Tag aufgelöst werden.

Kräfte und Zeit der Verantwortlichen reichen nicht mehr aus

Der Grund: Die körperlichen Kräfte der drei Verantwortlichen lassen nach und auch der Zeitaufwand für die ehrenamtliche Moderation und Organisation der Gruppe übersteigen das, was das Trio zur Verfügung hat. „Mein Fels in der Brandung Anita Strebe opferte ihre wenige Freizeit. Elvira Jödicke ist gesundheitlich angeschlagen und konnte uns körperlich nicht mehr unterstützen und auch bei mir waren die körperlichen Einschläge nach jedem Event wochenlang zu spüren. Ideen sind da, aber man muss sie auch zu 100 Prozent umsetzen können und dies ist einfach nicht mehr gewährleistet. So mussten wir einsehen, das Schluss sein muss. Halbherzige Arbeit liegt keinem von uns und so gehen wir mit einem guten Gefühl“, fasst Elke Baldenweck für die Administratorinnen die Entwicklung zusammen.

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Doch das Ende kommt mit einem richtigen Paukenschlag: Am 23. September wird ab 19 Uhr im Freizeitzentrum Walkenried eine große 70er-Jahre-Party gefeiert. Mit dem bevorstehenden Ende vor Augen nehmen sich Elke Baldenweck, Anita Strebe und Elvira Jödicke auch die Zeit einmal Bilanz zu ziehen. Und diese ist eindeutig positiv: „Viele schöne, erfolgreiche Jahre liegen hinter uns. Erfolgreich durch die Hilfe unserer Mitglieder, eine große Gemeinschaft, die uns stets unterstützt hat. Bei ihnen möchten wir uns von ganzem Herzen für ihr Vertrauen und ihren Einsatz bedanken“, erklären die drei unisono.

Für den Stadtwald gesammelt

Angefangen bei den Spendenaktionen, die man zur Rettung bzw. Wiederaufforstung des Stadtwaldes Bad Sachsa über die Jahre hinweg organisiert hatte. Im Juni 2020 konnte man an Förster Ulrich Bosse insgesamt 1.200 Euro übergeben, die dank Spendendosen, Sponsoren und dem Verkauf von Dekorationsartikeln über Monate gemeinsam mit vielen Einwohnern gesammelt wurden. Das Geld wurde zum Kauf von insgesamt 1.000 Setzlingen genutzt.

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Doch das war nur der Anfang. Im April 2021 überreichten die Administratorinnen stolze 5.300 Euro zur Wiederaufforstung. In nur knapp drei Monaten konnte diese Summe durch Überraschungspakete, die man aus Spenden zusammengestellt und verkauft hatte, Baumpatenschaften und der Arbeit der Gruppe „Homemade Bad Sachsa hilft sich“ gesammelt werden. Aber auch einzelne Geldspenden zwischen 1 und 100 Euro sowie die Versteigerung von Reitstunden flossen mit in die Gesamtsumme ein.

Jugendfeuerwehr unterstützt

Ein anderes Mal kamen durch verschiedene Aktionen auch 1.000 Euro zusammen, die für die Jugendfeuerwehren im Stadtgebiet von Bad Sachsa übergeben wurden – inklusive einer besonderen Torte im Stil eines Feuerwehrfahrzeuges.

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Große Summen konnte man dank der Unterstützung der Mitglieder und von Sponsoren sogar für todkranke Menschen sammeln. Insgesamt 3.728 Euro wurden mit Wichtelgeschenken und anderen Aktionen für den Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bundes, der todkranken Menschen letzte große Wünsche erfüllt, gesammelt.

Spendendosen für den Stadtwald
Spendendosen für den Stadtwald © Bad Sachsa hilft sich

Aber es waren nicht immer nur die großen Aktionen, bei denen viel Geld bewegt wurde, die im wahrsten Sinne des Wortes bewegten. In der Hoch-Zeit der Pandemie im November 2020 verteilten die Mitglieder der Facebook-Gruppe in den Senioren- und Pflegeheimen Haus Feierabend und Tannenhof in Bad Sachsa beziehungsweise dem mobilen Pflegedienst-Lammobil gespendete Kuscheltiere mit kleinen Grußbotschaften.

„Kuscheln gegen Corona“

Unter dem Titel „Kuscheln gegen Corona sollten gerade Senioren in den Pflegeeinrichtungen, die durch den Lockdown über Wochen oftmals allein waren, einen kleinen Ansprechpartner und Trostspender gleichermaßen erhalten.

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Zwei Jahre zuvor bescherte die Gruppe bereits vielen Einwohnern in Bad Sachsa ein besonderes und gleichermaßen unerwartetes Weihnachtsgeschenk. Aus einer spontanen Idee bei einem gemeinsam Currywurst-Essen wurde die Aktion, Menschen eine Freude zu bereiten. Z.B. der Verkäuferin, die immer lächelt und hilfsbereit ist, einfach Menschen, die in Bad Sachsa für andere da sind, sich einbringen, die Stadt lebenswert gestalten. Sie alle erhielten, gesponsort von Unternehmen, Firmen und Personen, kleine Präsente und Gutscheine. Nicht selten flossen damals bei den Überraschten ein paar Tränen.

TV-Show neu interpretiert

Über die Jahre hinweg entwickelte die Gruppe ein gewisses Eigenleben, es entstanden Ableger wie die Handarbeitsgruppe „Bad Sachsa handmade“ oder die Kaffeekränzchen-Gruppe. Diese veranstaltete gern kleine Partys, unter anderem ihre eigene Version des TV-Formats „Shopping Queen“.

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„Ich persönlich nehme viele Eindrücke durch meine Arbeit als Admin mit. Das schönste Erlebnis war, als ein Junge seine Wundertüte bei mir abholte und sagte: Tante, es ist schön, dass es dich gibt“, fasst Elke Baldenweck zusammen.

Tretboot mit Gruppennamen

Und auch wenn die Gruppe aufgelöst wird, zu sehen wird sie weiterhin auf dem Schmelzteich sein, denn dort steht ein eigenes Tretboot mit dem Namen der Gruppe, dass diese selbst finanzierte und das beim ersten Dammfest präsentiert wurde.

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Noch mehr aber hat die Gruppe auch gezeigt, dass die Einwohnerinnen und Einwohner einer Stadt und der Umgebung gemeinsam viel bewegen können – wie es auch die Gruppenregeln online beschrieben: „In unserer Gruppe geht es um Hilfe von Mitglied zu Mitglied. Die Admins der Gruppe versuchen im Jahr einige Aktionen auf die Beine zu stellen und freuen sich auf regen Zuspruch. Wir sind unpolitisch, neutral und tolerant.“

Für Abschiedsparty anmelden

Nun aber bereiten die Administratorinnen den letzten großen Streich, die 70er-Jahre-Party gemeinsam mit dem Team vom Freizeitzentrum in Walkenried vor. „Wir würden uns sehr freuen, dort das ein oder andere Mitglied zu treffen. Es ist der letzte Stammtisch, natürlich wie immer für jeden der möchte auch ohne bei Facebook aktiv zu sein“ Das zeitliche Motto wird dabei bei Musik und Essen natürlich umgesetzt, und wer mag darf gern passend gekleidet kommen. Auch eine Überraschung steht noch an. Um besser planen zu können, freut sich das Team vom Freizeitzentrum auch über eine Anmeldung für die Party am 23. September.

„Irgendwann ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen, um sich neuen Herausforderungen zuzuwenden“, sagen Elke Baldenweck, Anita Strebe und Elvira Jödicke. Der 23. September leitet diesen Neubeginn ein.