Bad Lauterberg. Matthias Weitzel berichtet von seinen Eindrücken im Ahrtal. Heute startet sein zweiter Hilfstransport.

Der bereits zweite Hilfstransport ins Ahrtal startet heute. Matthias Weitzel vom Rewe-Markt in Bad Lauterberg bringt ganze Paletten mit Baumaterialien und Briketts zum Heizen in das Katastrophengebiet. Auch Nahrungsmittel und Hygieneartikel sind dabei – sowohl für die Betroffenen, als auch für die freiwilligen Helfer. Seine Frau Uta Weitzel fährt mit. Statt einen Urlaub zu machen, will das Ehepaar vor Ort in Walporzheim bleiben und mit anpacken.

Wie schlimm das Hochwasser die Region getroffen hat, zeigte sich beim ersten Transport vor einem knappen Monat. Während der Sattelschlepper die richtige Route nahm, verfuhren sich die Südharzer mit ihrem zusätzlichen Kleintransporter. Plötzlich hatte ihr Mobiltelefon – das als Navigationsgerät diente – keinen Empfang mehr. Und so kamen sie in Gegenden, „wo gar nichts mehr ist“.

Sie sahen Autofriedhöfe und Schrottberge mit kaputten Fundamenten – riesige Teile von Bahnanlagen, die wie Bausteine abgeknickt waren. Auch gigantische Haufen aus Treibgut, die nach dem Hochwasser mit Wärmebildkameras abgesucht worden waren – auf der Suche nach menschlichen Körpern. An der Wandverfärbung eines Hauses konnten sie sehen, dass das Wasser bis in die Mitte des zweiten Obergeschosses gestanden hat – „wer da nicht schnell genug weggekommen ist“.

Eine Polizistin hielt den Kleintransporter an, weil sie sichergehen wollte, dass es sich nicht um Touristen handelte.

T-Shirt wird zur Ersatz-Tragetasche

Weil breite Straßen gesperrt oder gar nicht mehr existent waren, konnte der schwere Sattelschlepper der Spedition Krüger aus Göttingen hingegen nicht bis zur Sammelstelle in Walporzheim fahren. Auf kleinere Lkw wurden die Waren wie etwa Stromaggregate und Werkzeuge umgeladen. Auch Bockwurst, Mineralwasser und Bier für den Feierabend und Süßigkeiten für Kinder waren dabei. Die kamen ins Versorgungszelt, wo Anwohner und Helfer kostenlos versorgt wurden.

Autowracks im Ahrtal.
Autowracks im Ahrtal. © Weitzel | Privat

Weitzel beobachtete eine Frau, sie hatte ein T-Shirt zusammengeknotet und benutzte es als Tragetasche. Der Zelt-Chef bestätigte, dass Taschen benötigt werden. Beim heutigen, zweiten Transport sind 1.300 Permanenttaschen dabei, die Rewe gesponsert hat.

In dem Zelt im Ahrtal gibt es auch Mahlzeiten. Die werden schon mal kalt, wenn eine Lieferung ankommt und die, die gerade beim Essen sind, die Waren schnell in die Regale einsortieren. „Das ist Solidarität. Niemand ist sich zu fein, um anzupacken.“

Unrat, Feuchtigkeit und Staub

Übrigens tragen alle Mund-Nase-Masken – nicht wegen der Corona-Ansteckungsgefahr, sondern eher wegen des Gestanks: faulig, moderig, nach Unrat und Müll, Feuchtigkeit und kontaminiertem Staub, beschreibt Matthias Weitzel. Und sehr laut sei es, weil an jeder Ecke gearbeitet wird: Presslufthämmer dröhnen, Schleifmaschinen surren, Wasserpumpen schlürfen und brummen, Trecker und andere Maschinen krachen.

Bemerkenswert sei, dass die ganze Arbeit durch Ehrenamtliche koordiniert werde. „Ohne freiwillige Helfer sind sie da unten verloren“, sagt Matthias Weitzel. „Es ist noch so viel Manpower erforderlich!“ Uta Weitzel ergänzt, dass viele der Freiwilligen Menschen mit Migrationshintergrund sind. Und „alle, die dort zum Helfen hingefahren sind, sagen einen Satz: ‚Wir kommen wieder‘.“

Die Freiwilligen kommen mittlerweile in einem Helferdorf unter. Dort gibt es Betten und beispielsweise Waschmaschinen.

Für das Dorf nehmen die Südharzer auch Dinge mit. Für 3.600 Euro hat Matthias Weitzel Kopfkissen, Bettbezüge, Matratzenschoner und Decken gekauft – damit können 75 der Betten ausgestattet werden. Auch Wasch- und Reinigungsmittel, Handtücher, Toilettenpapier, Seife und Duschgel sind bei dem heutigen Transport dabei.

Palettenweise wird der Lkw beladen, etwa mit Zement, Fertigputz und Rigips, mit Getränken, Konserven, Fertiggerichten und Nudeln. Fünf Tonnen Briketts kommen ebenso mit. Ein Ofen für das Versorgungszelt ist dabei, um Backwaren aufzubacken. Brot und Ähnliches hat die Harry-Großbäckerei gespendet, Ketchup und Nudelsoßen kommen von Werder-Feinkost.

„Jeder Cent kommt an“

Matthias Weitzel steht regelmäßig in Kontakt mit dem ehrenamtlichen Koordinator vor Ort – der weiß am besten, was aktuell gebraucht wird. Und das versucht Weitzel dann zu kaufen. Das Geld dafür stammt aus verschiedenen Spenden. „Jeder Cent kommt an, es gibt keine Verwaltungskosten“, dafür verbürge er sich. Das Spendenkonto ist weiterhin offen.

Andere Rewe-Marktleiter haben von der Aktion aus Bad Lauterberg gehört. Kaufleute aus der Region Nord, aus Bad Salzdetfurth, Harsum und Harsede, schicken heute ebenfalls Lieferwagen auf den Weg ins Ahrtal.

Lesen Sie, wie der erste Hilfstransport angekommen ist:https://www.harzkurier.de/lokales/bad-lauterberg/article233100369/Hilfstransport-So-geht-Naechstenliebe.html

Spendenkonto der Rewe-Fluthilfe Bad Lauterberg: DE12 2689 1484 0800 0190 00 bei der Volksbank im Harz