Göttingen. Quintett triumphiert beim erstmalig unter freiem Himmel ausgetragenen Local-Heroes-Wettbewerb.

Die Punkrockband Pink Poison hat den Göttinger Local-Heroes-Wettbewerb 2020 für sich entschieden. Coronabedingt lief bei dem Bandcontest in diesem Jahr allerdings vieles anders. So fand der diesjährige Wettbewerb nicht wie gewohnt im Saal der Musa, sondern, eingebunden in das schon traditionelle Weststadtfest, zu ungewohnt früher Stunde am späten Nachmittag auf der Open-Air-Bühne vor der Musa statt.

Parallel dazu gab es Kinderbespaßung am dem Spielgerät „Bungee Run“, ein Wettspiel um Schnelligkeit und Kraft, sowie Theaterspiele unter der Betreuung von Nina de la Chevallerie vom Boat People Projekt. Für die Tanzaktion „Rhythm around the house“ am Haus der Kulturen bekamen die Teilnehmenden zur Distanzeinhaltung jeweils ein Fleckchen Filzteppich, auf dem sie sich frei bewegen konnten. Stände mit Flammkuchen, Eis und Getränken sorgten für das Wohl der Besucher.

Sah es erst noch nach einem sich anbahnenden Dauerregen aus, riss der Himmel kurz vor dem Start der ersten Band auf und die Sonne setzte das Licht auf der Bühne. Die Musikerin Frau Pauli übernahm die humorige Moderation zwischen den Auftritten und machte erst mal kleine Maskenübungen mit den zahlreichen vor der Bühne auf Abstand sitzenden Besuchern.

Das Los hatte entschieden, dass die dreiköpfige Band Plastic Hearts Club um Sänger und Gitarrist Thomas Langner, Bassist Moritz Bauer und Schlagzeuger Jan Schur als erste auf die Bühne musste. Zu Beginn noch mit knochentrockenem Indie-Rock unterwegs, ging im zweiten Teil die Reise mit wilderen Songs eher auf die Punk-Schiene. Nach eigener Aussage war es ihr erster Gig überhaupt und dafür legten sie einen blitzsauberen runden Auftritt hin.

Das seit drei Jahren existierende Quintett Pink Poison mit Sänger Jacob Pohl, Sonja Hauff (Gitarre und Gesang), Johann Wehner (Gitarre), Inka Hauff (Bass) und David Vogt-Reimuth am Schlagzeug brachte anschließend kompromisslos harten Punk-Rock mit gut gesetzten Breaks und kleinen Pogo-Einlagen auf die Bühne. Verhaltener und mit etwas weniger Druck legte das Trio The Human Computers mit Jakob Hagen (Gitarre und Gesang), Luke Tappé (Bass) und Victor Guerra (Schlagzeug) los, das sich dem Indie-Rock mit Nähe zu den „Queens Of The Stone Age“ verschrieben hat. Hagens Stimme kam erstaunlich klar und akzentuiert, was eher ungewöhnlich in diesem Genre ist.

Musikalisch bewegten sich alle drei Bewerber auf einer ähnlichen Spielwiese zwischen Punk und Indie-Rock. So fiel das Urteil von Publikum und Jury auch denkbar knapp aus. Die Meinung des Publikums machte dabei ein Drittel der Stimmen aus. Das Urteil der sechsköpfigen Jury, das die Auftritte nach zehn Kriterien – etwa Bühnenpräsenz, Zusammenspiel, Originalität, Instrumentalspiel oder gesangliche Leistung – beurteilte, wurde zu zwei Dritteln gewertet.

Der lukrative Preis für die Gewinner des Abends: vier Tage Tonstudio, ein Bandcoaching sowie die weitere Vertretung beim Landesentscheid. Diesen räumte unter großem Jubel und mit hauchdünnem Vorsprung Pink Poison vor The Human Computers ab, die sich über eine professionelle Erstellung von Bandfotos und einen 1.000 Euro-Gutschein der Firma Sound & Vision freuen konnten. „Zwischen Green Day, Beatles und Mozart“ hatte Pink-Poison-Sänger Pohl auf die Frage von Frau Pauli nach ihrer musikalischen Ausrichtung angegeben. Dies können sie ja vor ihrem Besuch in Tom Spötters Tonstudio noch mal überdenken. Direkt nach der Siegerehrung öffnete dann der Himmel wieder seine Schleusen, was dem Wettbewerb jedoch keinen Abbruch mehr tat.

Local Heroes ist ein bundesweiter Contest der regionalen Musikszene für Newcomerbands mit rein ideellem und nicht kommerziellem Charakter. Die Teilnehmenden müssen ein eigenes Programm von mindestens dreißig Minuten ohne Cover-Songs auf die Bühne bringen. Der Altersdurchschnitt der Band sollte dreißig Jahre nicht überschreiten, und der Wohnsitz der Bandmitglieder sollte mit über fünfzig Prozent in der Austragungsregion respektive im Austragungsbundesland liegen. Alle Musikstile der populären Musik sind zugelassen, menschenverachtende Texte und Symbole jedoch nicht. Eine der bekanntesten Bands, die diesen seit 1990 stattfindenden Wettbewerb als Sprungbrett nutzen konnte, ist die Göttinger Band Guano Apes, die 1996 den Bundesentscheid gewinnen konnte und in der Folge mehr als vier Millionen Alben verkaufte. Dass die Bewerbungen in diesem Jahr etwas zurückhaltender verliefen, lag sicher nicht zuletzt daran, dass viele Bands in den letzten Monaten nicht wie gewohnt proben konnten.