Göttingen. Social Entrepreneurship Meetup in Göttingen zeigt Praxisbeispiele sozialen Unternehmertums und Vernetzungsmöglichkeiten der Akteure.

„Konsum kann man nicht abschaffen, deshalb wollen wir korrekte Alternativen bieten“, erklärte Peter Eckert vom Berliner Unternehmen Quartiermeister vor rund 35 Interessierten beim 5. Social Entrepreneurship Meetup, das der Südniedersachsen-Innovationscampus (SNIC), social-startups.de, Startup Göttingen und die Gründungsförderung der Universität Göttingen im Startraum Göttingen ausgerichtet haben. „Zum Wohle aller“ steht auf jeder Bierflasche von Quartiermeister. Gebraut wird das Bier in unabhängigen regionalen Partner-Brauereien, um die mittelständische Bierbranche zu stärken und den Transportweg so kurz wie möglich zu halten. Doch das Hauptziel ist es, lokale soziale Projekte zu unterstützen. Und zwar mit 10 Cent pro verkaufter Flasche.

Mit ihrem Projekt starteten Sebastian Jacob und Peter Eckert 2010. „Das erste Bier, das wir gebraut haben, hat schrecklich geschmeckt“, erzählte Eckert. Doch aufgeben war keine Option. Sie zogen stattdessen eine wichtige Erkenntnis: Niemand will schlechtes Bier trinken – egal wie gut oder sozial die Absicht dahinter ist. „Social Business ist immer noch Business“, stellte Eckert klar. 2012 versuchten sie ihr Glück mit einer neuen Brauerei. Heute beschäftigen sie elf Mitarbeiter und verkaufen rund 550.000 Liter Bier jährlich.

Quartiermeister ist als erste Biermarke weltweit gemeinwohlzertifiziert. Dabei handelt das Unternehmen nach sechs Prinzipien: sozialer Profit, lokale Wirksamkeit, Mitbestimmung, Unabhängigkeit, politisches Engagement und Transparenz. So sind Gewinne zwar Ziel des Geschäftsmodells, aber nur als Mittel zum Zweck. „Je mehr Gewinn wir machen, desto mehr Projekte können wir fördern“, erklärte Eckert. Davon profitieren vorrangig kleine Projekte, die kaum Kapazitäten haben, um Fördergelder zu beantragen. Wohin das Geld fließt, entscheiden die Konsumenten online.

Um dem Prinzip der Transparenz gerecht zu werden, veröffentlicht Quartiermeister alle drei Monate seine Einnahmen und Ausgaben.

Die Einhaltung dieser Prinzipien kontrolliert ein Verein, der hinter der gleichnamigen GmbH steht. Die Kombination aus sozialem Verein und unternehmerischer Gesellschaft ist ihre rechtliche Lösung für Social Business. Denn bisher fehlt hierzulande neben Unterstützungsangeboten und Finanzierungsinstrumenten auch eine passende Rechtsform für Sozialunternehmen. Diesen Problemen nimmt sich seit 2017 das Social Entrepreneuship Netzwerk Deutschland (SEND) an. Die Organisation vernetzt Sozialunternehmer untereinander, vertritt ihre Interessen gegenüber der Politik und stärkt die Zusammenarbeit mit dieser sowie mit Verbänden.

Eines der Gründungsmitglieder des SEND ist der Mobile Retter e.V., den Dennis Brüntje, Leiter Operatives, vorstellte. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, mittels einer Smartphone-App die schnellstmögliche Ersthilfe bei Herz-Kreislauf-Stillständen zu gewährleisten. Daran sterben in Deutschland jedes Jahr rund 70.000 Menschen – trotz versuchter Reanimation. Auch wenn diese gelingt, sind durch den Sauerstoffmangel häufig schwere und irreversible Schädigungen des Gehirns die Folge. Pro Minute sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um 10 Prozent. Trotz eines gut strukturierten Rettungsdienstes vergehen nach Eingang des Notrufes bei den Leitstellen bis zu acht Minuten – in ländlichen Regionen sogar bis zu zwölf Minuten – bis zum Eintreffen der ersten Rettungskräfte.

Um schnellere Ersthilfe zu gewährleisten, spürt die App automatisch den am nächsten zum Einsatzort verfügbaren registrierten professionellen Ersthelfer auf. Wenn dieser einen Zeitvorteil gegenüber dem Rettungsdienst hat, wird er zum Einsatzort navigiert sobald ein Notruf eingeht. Dort übernimmt er bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes die lebensnotwendigen Wiederbelebungsmaßnahmen. Die Ersthelfer sind ausgebildete Personen wie Krankenschwestern, DLRG-Schwimmer oder Ärzte.

Bisher ist der Verein in 21 Landkreisen und kreisfreien Städten vertreten und hat mit mehr als 6.000 aktiven ehrenamtlichen Ersthelfern mehr als 6.200 erfolgreiche Einsätze durchgeführt.