Eindhoven. VfL Wolfsburg oder FC Barcelona: Wer krönt sich Samstag in der Champions League zu Europas Fußball-Königinnen?

Am Freitag war an der Frederikslaan in Eindhoven noch nicht viel davon zu merken, dass hier am Samstag um 16 Uhr (live im ZDF und auf DAZN) das wichtigste Spiel im weiblichen Klubfußball angepfiffen wird. Zahlreiche Blumenbouquets wurden angeliefert, der Stadionsprecher testete alle möglichen Szenarien durch. Am Samstag wird es dagegen rappelvoll, 8000 Fans aus Barcelona haben sich angesagt, 5000 aus Wolfsburg, das Stadion ist seit Wochen ausverkauft. Inhaltlich ging es bei beiden Mannschaften vor allem darum, wer aus welchem Spiel die größeren Lehren gezogen hat – und sich schließlich im Finale der Uefa Women’s Champions-League-Finale die Krone des europäischen Frauenfußballs aufsetzen wird.

Das Team des VfL Wolfsburg beim Abschlusstraining im Philips-Stadion Eindhoven.
Das Team des VfL Wolfsburg beim Abschlusstraining im Philips-Stadion Eindhoven. © dpa | Martin Meissner

Da ist der VfL Wolfsburg, der sich vor allem auf das Halbfinale des Vorjahres bezieht. Mit 1:5 haben die Grün-Weißen das Hinspiel vor Weltrekordkulisse von mehr als 90.000 Fans im Camp Nou verloren. Vielleicht ein bisschen zu beeindruckt, am Ende tief gedemütigt. Das Rückspiel in Wolfsburg gewann der VfL zwar, so richtig spannend konnte er es mit dem 2:0-Sieg aber nicht gestalten. „Das Rückspiel war in dem Kontext wichtig, weil wir für unsere eigene Entwicklung viel rausgezogen haben“, sagt VfL-Trainer Tommy Stroot.

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Alexandra Popp: „Wir werden Barcelona nicht beim Tiki Taka zuschauen“

Stimmt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Barcelona auch in Wolfsburg riesige Chancen hatte, nicht zwingend verlieren musste. Stroot hatte genau die Konstellation für Eindhoven „weit vor der Saison im Kopf“. Gerne noch mal den spanischen Meister, aber bitte auf neutralem Grund. Und am liebsten in Eindhoven, wo er mit Twente Enschede vor seiner Wolfsburger Zeit große nationale Erfolge feiern konnte. „Wir sind auch wieder in dem Hotel, in dem ich damals war, als wir mit Twente Meister geworden sind, da kommen sehr viele positive Erinnerungen hoch.“ Die Stimmung bei beiden: eine Mischung aus Konzentration, Anspannung und nötiger Lockerheit.

Alexandra Popp sagt mit Blick auf Barcelonas Stärken und den Tiki-Taka-Stil: „Es macht wahnsinnig Spaß, ihnen zuzuschauen – was wir aber nicht tun werden.“ Diesen Spielstil, so die Anführerin weiter, müsse man „taktisch sehr gut und sehr clever bespielen. Es müssen alle zu 100 Prozent da sein, tanzt eine ein bisschen aus der Reihe, wird es schwer, an den Ball zu kommen. Aber ich glaube, wir haben die Möglichkeit, dagegen anzugehen.“ Ganz klar: Die Wolfsburgerinnen wollen zeigen, dass sie ihre Lehren gezogen haben.

Tommy Stroot, Trainer vom VfL Wolfsburg, spricht mit seinen Spielerinnen während der letzten Trainingseinheit vor dem Uefa Women's Champions-League-Finale.
Tommy Stroot, Trainer vom VfL Wolfsburg, spricht mit seinen Spielerinnen während der letzten Trainingseinheit vor dem Uefa Women's Champions-League-Finale. © dpa | Martin Meissner

Und genauso ist es bei Barcelona. Die Katalaninnen haben sich im vergangenen Jahrzehnt zu einem der Topklubs Europas gemausert. Als sich Wolfsburg und Barca 2014 das erste Mal im Viertelfinale gegenüberstanden, war es noch eine klare Sache für die Wolfsburgerinnen. Im Halbfinale des Finalturniers 2020 sprang noch mal ein glücklicher grün-weißer Sieg heraus. Aber es war zu sehen, dass hier ein neuer Big Player am Start ist. Zum vierten Mal binnen fünf Jahren steht das Team im Endspiel, konnte es aber nur 2021 (4:0 gegen Chelsea) für sich entscheiden.

VfL Wolfsburg steht seit 2013 jährlich mindestens im Champions-League-Viertelfinale

Die Vorjahresniederlage im Endspiel von Turin gegen Lyon schmerzt die stolzen Katalaninnen noch immer. Alle sahen schon das Ende der großen Olympique-Ära und eine neue durch Barca gekommen. Doch am Ende stand ein enttäuschendes 1:4. Der Abo-Sieger hatte es immer noch drauf. „Es war traumatisch, für mich und die ganze Mannschaft“, so Superstar Alexia Putellas, die weiter sagt: „Jetzt können wir das als Extra-Motivation nutzen, um den Pokal nach Barcelona zurückzubringen. Durch so viele Finals haben wir an Erfahrung gewonnen. Und wir sind auch durch die mentale Vorbereitung besser geworden. Diese Mannschaft wird jedes Jahr besser.“

So ähnlich sehen sie es auch in Wolfsburg. Popp sprach unlängst im Gespräch mit der Uefa von der besten VfL-Mannschaft, in der sie je gespielt hat. Mit der seit der EM in England vielleicht besten Alex Popp, die es je gegeben hat. Ihr Erfolgsrezept auch für Samstag: „Ich glaube, das Beste ist, so zu sein, wie ich bin. Meine Mentalität und meine Art und Weise auf den Platz zu bringen und meine Mannschaft mitzuziehen. Wenn ich versuche, etwas Besonderes zu tun, dann klappt es eh nicht.“

Ihr Klub steht seit 2013 jedes Jahr immer mindestens im Viertelfinale. Am Samstag wartet das sechste Endspiel, nur dreimal erreichten sie seitdem nicht das Halbfinale. Die vergangenen drei Endspiele 2016, 2018 und 2020 haben sie zwar verloren. Diese Konstanz ist aber als großer Erfolg zu werten in einem Konzert, in dem immer mehr Weltklubs dem Frauenfußball einen hohen Stellenwert beimessen. So sehr man dem VfL zutrauen muss, am Samstag erfolgreich zu sein: Dass gleich davon gesprochen wird, dass er eine Ära prägen kann, ist erst mal nicht zu erwarten. Der Samstag soll vor allem zeigen, wer die richtigen Lehren aus den im Vorjahr erlittenen Traumata zieht – und auf wen im Falle einer Niederlage die große Leere wartet.