London. Pauline Bremer besorgte in der vorletzten Minute der Verlängerung für den entscheidenden Treffer im Champions-League-Halbfinale beim FC Arsenal.

Wer am Montag in London unterwegs war, mit einem der roten Doppeldeckerbusse, mit der U-Bahn oder sonst irgendwie, kam nicht um das Thema drumherum, das die britische Hauptstadt elektrisiert: Die Krönung von König Charles III am 6. Mai. Überall lächelt der Monarch von den Zeitungen und Zeitschriften, Blumengestecke und britische Flaggen zieren die Straßen. Am Montagabend aber gehörte die Aufmerksamkeit in der Metropole noch einmal dem ausverkauften und entscheidenden Champions-League-Halbfinale beim FC Arsenal. Und die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg sind vor dieser britischen Klub-Rekordkulisse auf ihrem Weg zur Krönung zu Europas Königinnen den entscheidenden Schritt näher gekommen. Der VfL gewann das hochdramatische Duell im Norden Londons mit 3:2 (2:2, 1:1) nach Verlängerung. Joker Paule Bremer gelang in der 119. Minute der entscheidende Treffer.

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Die gute Nachricht vor Spielbeginn: Alexandra Popp war bereit, stand wie von Coach Tommy Stroot angedeutet auch direkt in der Startelf. Wie wichtig die Kapitänin für ihre Mannschaft in diesen Topspielen ist, wurde im Laufe der Partie vor der fantastischen Kulisse von 60.000 Fans vielfach deutlich, aber dazu später mehr. Denn der Start lief so gar nicht nach dem Geschmack des VfL. Nach intensiver VAR-Prüfung wurde dem VfL ein Handelfmeter verwehrt; Sveindis Jonsdottir hatte zuvor hauchdünn im Abseits gestanden (3. Minute).

Auf dem Weg zur Führung: Arsenals Stina Blackstenius (Mitte) nutzt einen Absprache-Fehler zwischen Merle Frohms (links) und Kathrin Hendrich.
Auf dem Weg zur Führung: Arsenals Stina Blackstenius (Mitte) nutzt einen Absprache-Fehler zwischen Merle Frohms (links) und Kathrin Hendrich. © dpa | Adam Davy

Stina Blackstenius lässt Arsenal früh jubeln

Noch schlimmer: Eine böse Wolfsburger Fehlerkette führte zum frühen Rückstand gegen das englische Topteam: Lena Oberdorf verlor im Mittelfeld den Ball, Kathrin Hendrich und Keeperin Merle Frohms hatten eine schlechte Absprache und Stina Blackstenius bedankte sich – 1:0 (11.). Das hätte den Londonerinnen gereicht und das 1:0 spielte dem Team natürlich in die Karten. Sie ließen Wolfsburg kommen, schalteten aber immer wieder brandgefährliche Konter. Lynn Wilms lief Arsenal-Kapitänin Katie McCabe in höchster Not ab, Hendrich kurz darauf Victoria Pelova.

Auch wenn die Wolfsburgerinnen mehr reinwarfen, weitgehend die Kontrolle behielten, schwammen sie zu Beginn gehörig. Doch das änderte sich im Laufe der ersten Hälfte, mitentscheidend war Popp. Sie schmiss sich nach ihrer auskurierten Achillessehnenverletzung sofort in jeden Zweikampf, feuerte an – und half entscheidend beim 1:1. Sie holte den Freistoß im Mittelfeld raus, den Felicitas Rauch in den Strafraum auf Popps Kopf brachte, und von die Kapitänin legte für Jill Roord ab, die gegen ihren Ex-Verein klug ins lange Eck abschloss (41.). Mit dem wichtigen 1:1 kurz vor der Halbzeit war Wolfsburg endlich drin in diesem wichtigsten Match der Saison.

Jill Roord (rechts, mit Felicitas Rauch) besorgte kurz vor der Halbzeit das 1:1.
Jill Roord (rechts, mit Felicitas Rauch) besorgte kurz vor der Halbzeit das 1:1. © Getty Images | Clive Rose

Rückkehrerin Popp krönt den VfL-Abend in London

Die Wolfsburgerinnen hatten auch zu Beginn des zweiten Durchgangs mächtig Dusel, Blackstenius hatte keine zwei Minuten nach Wiederanpfiff erneut getroffen und das Arsenal-Stadion in ein Tollhaus verwandelt, doch Vorlagengeberin Noelle Maritz hatte hauchdünn im Abseits gestanden. Es war der schnelle Weckruf, den die Gäste gebraucht hatten. Sie wurden von Minute zu Minute sicherer – und Popp ging weiter voran,setzte diesem frühlingshaften Abend in London die Krone auf. Ecke Rauch, Popp hat bei ihrem Kopfball am ersten Pfosten aus kurzer Distanz viel zu viel Platz – 2:1 für den VfL (58.).

Arsenal stand unter Schock, die Wolfsburgerinnen hatten die Partie unter Kontrolle. Und die Entscheidung auf dem Fuß: Nach einem richtig guten Angriff verpasste Svenja Huth das 3:1, ihr Schuss nach tollem Pass von Sveindis Jonsdottir ging knapp am langen Pfosten vorbei (69.). Doch die Londonerinnen bissen sich zurück in die Partie, nach einer Flanke von Imke Wubben-Moy traf Jennifer Beattie per Kopf ins lange Eck (75.). Bitter für Arsenal: Laura Wienroither zog sich eine Knieverletzung zu. Es sah böse aus und wäre in dieser Saison schon die vierte.

Joker Bremer sorgt für die Erlösung

Die Spannung im Stadion war in der Schlussphase zu greifen. Die Gäste riskierten ein wenig mehr als Arsenal, doch es passierte nichts Entscheidendes mehr. Dieses packende Halbfinale musste in der Verlängerung entschieden werden. Hier wog es hin und her, die Kräfte schwanden bei beiden. Die eine Großchance aber hatten die Arsenal Ladies. Lina Hurtig scheiterte an Frohms, die ihr ganzes Können aufbot (98.). Im zweiten Teil der Verlängerung war es auf der Gegenseite Pauline Bremer, die aus sieben Metern vorbeizielte (112.) und kurz darauf für Arsenal McCabe, deren Flanke an dei Latte ging (115.).

Wolfsburg hatte ihn noch, den entscheidenden Schlag. Jule Brand erkämpfte den Ball auf Außen, legte ihn in die Mitte, wo Bremer ihn aus kurzer Distanz über die Linie schob. Die letzten Minuten waren Nervenkitzel pur, doch die Führung hielt, der VfL ist weiter auf dem Weg sich zu Europas Königinnen zu krönen.

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Auf die VfL-Fußballerinnen wartet zunächst einmal wieder der Bundesliga-Alltag, in dem die Stroot-Elf dem Spitzenreiter Bayern München auf den Fersen bleiben will. Am Sonntag (12 Uhr) muss dafür im AOK-Stadion ein Pflichtsieg gegen den abstiegsbedrohten 1. FC Köln her.

Spiel kompakt:

FC Arsenal: Zinsberger – Maritz (64. Wienroither, 82. Kuhl), Beattie, Wubben-Moy, Rafaelle – Maanum, Wälti, Pelova – McCabe, Blackstenius (64. Hurtig), Catley.

VfL Wolfsburg: Frohms – Wilms (106. Hegering), Hendrich, Janssen, Rauch – Oberdorf, Popp – Huth (90. Bremer), Roord (120.+1 Blomqvist), Jonsdottir (101. Brand) – Pajor (77. Waßmuth).

Tore: 1:0 Blackstenius (11.), 1:1 Roord (41.), 1:2 Popp (58.), 2:2 Beattie (75.), 2:3 Bremer (119.).

Gelbe Karten: Maritz, Beattie, Catley / Huth, Waßmuth, Rauch.

Schiedsrichterin: Lina Lehtovaara (Finnland).

Zuschauer: 60.063 im Emirates Stadium (ausverkauft).