Hildesheim. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover hat Signalwirkung für alle Wasserversorger. Darum geht es.

Darf ein Landkreis einem Trinkwasserversorger die Wassermenge kürzen, obwohl eine langfristige Bewilligung besteht? Das Verwaltungsgericht Hannover entschied jetzt, dass das nicht geht – eine richtungsweisende Entscheidung nicht nur für die Harzwasserwerke, sondern für alle Trinkwasserversorger deutschlandweit.

Bis zum Jahr 2040 hatten die Harzwasserwerke ursprünglich an ihrem Standort Ristedt in der Nähe von Bremen das Recht bewilligt bekommen, pro Jahr 20 Millionen Kubikmeter Grundwasser für die öffentliche Trinkwasserversorgung zu fördern. Dies hatte der Landkreis Diepholz im Jahr 2010 entschieden. Doch 2021 änderte der Landkreis Diepholz seine Meinung und kürzte das Wasserrecht um 400.000 Kubikmeter.

Wie das Verwaltungsgericht Hannover am Dienstag, 17. Januar, entschied, war das nicht rechtens.

Für die sichere Versorgung der Kunden

„Die Entscheidung des Gerichts hat Signalwirkung für die Trinkwasserversorgung in Deutschland. Wir haben diesen Rechtsstreit nicht nur für uns als Harzwasserwerke geführt, sondern auch für die sichere Versorgung unserer Kunden und die Unternehmen in unserer Branche, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen“, sagt Lars Schmidt, Geschäftsführer der Harzwasserwerke.

Schmidt ergänzt: „Trinkwasserversorger gewinnen mit dieser Entscheidung Sicherheit, dass erteilte Wasserrechte, die sie nach den Vorgaben der Bewilligungsentscheidung bewirtschaften, nicht ohne zwingende Gründe reduziert werden können.“

Wassermenge nicht ausreichend ausgeschöpft?

Der Landkreis Diepholz kürzte das Wasserrecht, weil die Harzwasserwerke seiner Meinung nach die bewilligte Wassermenge in den vergangenen Jahren nicht ausreichend ausgeschöpft hatten. Zudem berief sich der Landkreis darauf, angesichts von Klimawandel und Rückgang des Grundwasserspiegels insgesamt strenger prüfen zu wollen, wie er Grundwasserrechte verteile.

„Es ist unsere Pflicht als Wasserversorger in Niedersachsen, in allen Berechnungen für Wasserrechte Sicherheitszuschläge und eine Reserve für besonders trockene Jahre einzuplanen. Diese werden natürlich nicht jedes Jahr abgerufen“, erklärt Schmidt.

Das Gericht bestätigte diese Argumentation in seiner mündlichen Urteilsbegründung. Der Landkreis Diepholz hat noch die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung gegen das Urteil zu beantragen. Auch dass ausgerechnet bei der Trinkwasserversorgung Wasserrechte gekürzt werden sollten, ist für die Harzwasserwerke nicht nachvollziehbar.

Die Harzwasserwerke

Die Harzwasserwerke versorgen eigenen Angaben zufolge vom Harz bis Bremen ca. zwei Millionen Menschen und zahlreiche Industriebetriebe mit Trinkwasser. Damit sind sie der größte Wasserversorger in Niedersachsen und gehören bundesweit zu den zehn größten Unternehmen ihrer Branche.

Ihr Verbundsystem besteht aus sechs Talsperren im Westharz (Eckertalsperre, Granetalsperre, Innerstetalsperre, Odertalsperre, Okertalsperre und Sösetalsperre) und vier Grundwasserwerken. Mit ihren sieben Wasserwerken – Eckertalsperre, Granetalsperre, Sösetalsperre, Liebenau, Ramlingen, Ristedt und Schneeren – produziert das Unternehmen mit Hauptsitz in Hildesheim jährlich insgesamt mehr als 90 Millionen Kubikmeter Trinkwasser.

Des Weiteren gehören der Hochwasserschutz und die Niedrigwasseraufhöhung in der Region und der Erhalt der Oberharzer Wasserwirtschaft zu den Aufgaben des Unternehmens. Außerdem produzieren die Harzwasserwerke umweltschonend Strom aus Wasserkraft.

Vorrang für Versorgung mit Trinkwasser

„Aus unserer Sicht muss die Wasserversorgung – und hier insbesondere die sichere Versorgung mit Trinkwasser – bei der Vergabe von Wasserrechten den klaren Vorrang vor anderen Verwendungsarten haben“, sagt Schmidt.

Wieder Planungssicherheit gewonnen

„Mit der nun vorliegenden klaren Entscheidung des Gerichts haben wir jetzt wieder das erforderliche Maß an Planungssicherheit, um unsere Kunden auch weiterhin sicher mit Trinkwasser versorgen zu können.“ Dieses Maß an Planungssicherheit und Verlässlichkeit sind letztendlich für die gesamte Branche erforderlich, auch um eine sichere Basis für große Bauprojekte und Infrastrukturmaßnahmen in der Wasserversorgung zu haben.

Rechte im Nordharz für weitere 30 Jahre

Befragt nach den Auswirkungen, die das aktuelle Urteil auf den Harz hat, erklärt Marie Kleine, Pressesprecherin der Harzwasserwerke: „Nur indirekt, aber es hat, wie schon gesagt, Signalwirkung für die Branche allgemein. Im Harz haben wir gerade erst die Wasserrechte für das Nordharzverbundsystem für weitere 30 Jahre bewilligt bekommen. Das Nordharzverbundsystem besteht aus den Talsperren der Innerste-, Oker und Grane.“

Wenn ein Unternehmen Wasserrechte bekomme, dann werde damit zugesichert, dass die Wasserbewirtschaftung rechtlich abgesichert sei. „Und das ist auch für den Harz wichtig für die Wasserversorgung“, so Kleine.