Göttingen. Restrukturierung: Göttingen stellt sich im Bereich Bauen neu auf, bittet aber um Verständnis, dass die Aufarbeitung der Bauanträge noch Zeit braucht.

Lieferengpässe beim Material aufgrund der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine, kaum freie Kapazitäten bei Handwerkern aufgrund der Energiewende, dazu explodierende Kosten – Bauherren haben es in diesen Tagen alles andere als einfach. Aber auch bereits vor der Corona-Krise und dem Krieg brauchten Personen im Landkreis Göttingen oftmals einigen Langmut, wenn sie einen Bauantrag stellten, denn die Bearbeitung dauert.

Nicht umsonst war eine Neuordnung des Fachbereiches Bauen innerhalb der Kreisverwaltung eines der zentralen Themen im Landrats-Wahlkampf – und auch eines, dass Landrat Marcel Riethig seit seiner Wahl immer wieder ansprach. Die Verwaltung habe eine Verantwortung, als Dienstleister auf die Kundenzufriedenheit zu achten, erklärte er im Gespräch mit unserer Redaktion – und die Umsetzung dieser Maxime wird weiter umgesetzt. Doch – und das erklärt man im Kreishaus in Göttingen auch, müssen die Antragstellerinnen und Antragsteller im Landkreis bis Ende dieses Jahres eine Einschränkung bei der Erreichbarkeit des Fachbereiches Bauen hinnehmen.

Personalmangel und Pandemie

In einer Pressemitteilung der Kreisverwaltung wird betont, dass wesentliche Schritte der Neustrukturierung bereits umgesetzt seien. Dazu zählen eine personelle Neuaufstellung, Aufgabenneuordnung, eine Prozessoptimierung sowie verstärkte Kommunikation mit Antragstellenden und Verfahrensbeteiligten. Anlass sind massive Verzögerungen bei Baugenehmigungen aufgrund der anhaltend stark steigenden Zahl von Bauanträgen, von Fachkräftemangel und pandemiebedingten Ausfällen.

„Wir haben ein Riesenproblem, da gibt es nichts zu beschönigen“, räumt Erste Kreisrätin Doreen Fragel in der Mitteilung ein. „Bauvorhaben kommen nicht voran, Bauwillige sind zurecht verärgert. Unserem Anspruch, ein verlässlicher Dienstleister und professioneller Partner zu sein, werden wir derzeit nicht gerecht. Das muss und wird sich ändern“, betont Fragel eindeutig.

Doch die Veränderung und Optimierung schreite voran. Allen voran wurde das Team der Bauordnung innerhalb der Kreisverwaltung neu aufgestellt. Es gebe eine neue Führung mit einer fachlich kompetenten Teamleitung auch am Standort Göttingen und einer auf Verwaltungsprozesse spezialisierten Fachdienstleitung. „Die Fachbereichsleitung, die sich mit meiner Unterstützung um optimale Rahmenbedingungen kümmern wird, wird in Kürze neu besetzt“, kündigt die Baudezernentin zudem an.

700 offene Bauanträge liegen vor

Allerdings bremst sie zugleich eine gewisse Euphorie. Schnelle Erfolge seien nicht möglich, dafür sei der Antragsstau zu groß. Allein aus den Jahren 2021 und 2022 lägen noch 700 offene und inhaltlich unbearbeitete Bauanträge in der Bauordnung an den Standorten Göttingen und Osterode vor, nennt sie Zahlen zur Problematik. Die jetzt getroffenen Maßnahmen zielten darauf ab, diesen Antragsstau sukzessive abzuarbeiten und den unverändert steigenden Antragszahlen immer besser begegnen zu können.

„Wir haben wesentliche Bauvorhaben, die von öffentlichem Interesse oder anderweitig dringlich sind, identifiziert und priorisiert. Da sind wir schon schneller – jüngstes Beispiel ist die Kindertagesstätte in Uschlag“, beschreibt Doreen Fragel die aktuelle Situation. Dabei sei ihr bewusst, dass jedes Genehmigungsverfahren für die Antragstellenden individuell wichtig und bedeutsam sei. Deshalb würden die Verfahren insgesamt beschleunigt, macht sie deutlich.

Die Umstrukturierung der Bauordnung sei auch noch nicht beendet. „Wir holen uns Expertise von außen. Ein Organisationsgutachten ist beauftragt; ein Baubeirat, bestehend aus Expertinnen und Experten der Bauwirtschaft, Handwerk und Architekten, ist bereits installiert. Und wir reden mit den direkt Beteiligten: Ende August treten wir bei einer Fachkonferenz in den Austausch mit Architektinnen und Architekten; dabei arbeiten wir mit der Architektenkammer zusammen. Zudem verstetigen wir den beständigen Austausch in den einzelnen Verfahren, beispielsweise durch Videokonferenzen – das gab es vorher nicht.“

Erreichbarkeit wird eingeschränkt

Die Probleme in der Bauordnung seien aber über einen langen Zeitraum entstanden und keinesfalls den einzelnen Beschäftigten anzulasten, betont die Erste Kreisrätin ausdrücklich. Nun benötige es ebenso Zeit, sie wieder zu lösen. „Wir packen das an. Wir ändern Strukturen und Abläufe. Wir werden wieder der verlässliche Dienstleister und professionelle Partner, den Sie benötigen. Geben Sie uns etwas Zeit und Ihr Vertrauen“, wirbt Fragel bei Bauwilligen im Landkreis Göttingen um Verständnis und Unterstützung.

Aber nicht nur in diesem Bereich wird auf Verständnis gehofft. Um der Masse an Anträgen, die noch auf ihre Bearbeitung warten Herr zu werden, ist ab sofort die Erreichbarkeit des Fachbereichs Bauen des Landkreises Göttingen in Teilen eingeschränkt. Konkret betroffen ist der Bereich, der Bauanträge und Bauvoranfragen mit dem dazugehörigen städtebaulichen Planungsrecht und Baulasten bearbeitet.

Die Servicezeit (also die Erreichbarkeit per Telefon bzw. persönlich ohne vereinbarten Termin) wird beschränkt auf mittwochs zwischen 9 und 12 Uhr. Die Möglichkeit, Termine für andere Zeiten zu vereinbaren, blieben davon unberührt, heißt es weiter in der Mitteilung. Ziel sei es, zusätzliche Verzögerungen bei der Bearbeitung von Bauanträgen und Bauvoranfragen zu vermeiden und gleichzeitig auch Freiraum für eine konzentrierte Bearbeitung von Anträgen außerhalb der Servicezeit zu gewinnen. Geplant ist die Einschränkung aber nur bis zum 31. Dezember dieses Jahres.

Für dringende Nachfragen ist die Baubehörde erreichbar per E-Mail an sowie per Telefon unter 05522 960-4625 sowie unter 0551 525-2725.