Göttingen. Nach Schockanruf: Ermittler haben bei einer fingierten Geldübergabe in Göttingen einen „Abholer“ festgenommen. Zum Erfolg trug auch ein Ehepaar bei.

Im Kampf gegen betrügerische Schockanrufer ist der Polizei Göttingen am Donnerstag in enger Zusammenarbeit mit einem Ehepaar aus dem Landkreis ein Erfolg gelungen. Das berichten die Beamten am Montag.

Ermittler der „SäM Südniedersachsen“ (Straftaten zum Nachteil älterer Menschen) und weitere Beamte nahmen demnach am Nachmittag in der Göttinger Innenstadt im Rahmen einer fingierten Geldübergabe einen mutmaßlichen Geldabholer fest.

Der 32 Jahre alte Tatverdächtige wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Göttingen dem Haftrichter vorgeführt. Dieser erließ U-Haftbefehl wegen Fluchtgefahr.

Aufmerksames Ehepaar hilft Polizei Göttingen

Das an dem Erfolg beteiligte Ehepaar hatte etwa zwei Stunden vor der Festnahme des Mannes einen Anruf erhalten, in dem eine angebliche Polizistin vorgab, die Tochter habe einen tödlichen Unfall verursacht und dann hinzudichtete, die Angehörigen des Unfallopfers würden gegen Zahlung einer „Kaution“ auf eine Strafanzeige verzichten.

Die Eheleute erkannten den Betrug sofort, ließen sich aber dennoch zum Schein darauf ein und informierten parallel dazu die Polizei.

Polizei ergreift sofort mehrere Maßnahmen

Der Eingang der Information löste sofort mehrere polizeiliche Maßnahmen aus, darunter auch verdeckte.

Mithilfe des ununterbrochenen Telefonkontaktes zu dem Ehepaar konnten Ermittler schließlich am vereinbarten Geldübergabeort zugreifen und den Tatverdächtigen gegen 16 Uhr in der Speckstraße festnehmen.

Der 32-jährige mutmaßliche Betrüger leistete keinen Widerstand. Die weiteren Ermittlungen dauern an.

Das ist die Ermittlungsgruppe „SäM Südniedersachsen“

Die EG „SäM Südniedersachsen“ wurde im Januar 2022 als Reaktion auf die unaufhörlich ansteigenden Fallzahlen im Zusammenhang mit Betrügereien zum Nachteil älterer Menschen im Zentralen Kriminaldienst der Polizeiinspektion Göttingen eingerichtet.

Bearbeitet werden hier der klassische Enkeltrick, der neue Enkeltrick per WhatsApp, Schockanrufe und die Fälle von falschen Polizeibeamte, die nach Bargeld und Wertgegenständen fragen.

Schockanrufe sind Betrugsmasche Nummer eins

Sogenannte „Schockanrufe“ stehen im Ranking der Betrugsmaschen aktuell auf Platz 1. Es zeichnet sich aber eine Ablösung durch den Enkeltrick 2.0 ab. Hierbei nehmen die Täter nicht mehr telefonisch Kontakt auf, sondern schreiben die Geschädigten per WhatsApp an.

„Neue Ausprägungen wie der Enkeltrick per WhatsApp zeigen, dass auch die Täter mit der Zeit gehen und ihren Handlungsbereich ausweiten. Hierbei beschränken sie sich nicht mehr ausschließlich auf ältere Menschen“, stellt der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Göttingen, Kriminaldirektor Oliver Tschirner fest.

Enkeltrick 2.0: Wie funktioniert die neue Masche?

Polizeikommissar Björn Wiesbaum erklärt: „Die Geschädigten erhalten per Messenger WhatsApp eine Nachricht, dass man eine neue Nummer habe und die alte gelöscht werden könne. Auf Nachfrage bestätigt der unbekannte Kontakt, der Sohn/die Tochter zu sein und bittet kurz darauf um Begleichung einer Rechnung, da er/sie keinen Zugriff auf das Online-Banking habe.“

Und weiter: „Hierbei handelt es sich um automatisierte Spam-Nachrichten, diese erhalten auch oft Personen ohne Kinder. Verdächtig ist allein schon die mangelhafte Rechtschreibung und Anrede, wer siezt seine Eltern schon? Im Zweifel rufen Sie Ihren Angehörigen unter der alten Rufnummer an und klären den Sachverhalt ab“, rät Ermittler Wiesbaum eindringlich.