Seesen. Zweite Streikwoche: Verdi spricht von Arbeitskampf in neuen Dimensionen. Auch DGB-Kreisverband Osterode zeigt sich solidarisch mit den Beschäftigten.

Im Tarifkonflikt mit der Asklepios Schildautalklinik in Seesen haben Dienstag in Seesen rund 120 Beschäftigte an einer Streikkundgebung teilgenommen. Nach einem Besuch des Notdienstes am Montag setzten sie damit den Streik in seiner zweiten Woche fort. Unter den Rednern war unter anderem der SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Alexander Saipa, der Asklepios aufforderte, „endlich Sozialpartnerschaft zu leben oder sich dann klar davon abzugrenzen“.

Die Streikenden führten ein kurzes Theaterstück auf, in dem ein „Kai“ als Sensenmann keine gute Figur machte. Kai Hankeln ist Vorstandsvorsitzender des Asklepioskonzerns. Verdi-Verhandlungsführer Jens Havemann erklärt: „Weil Asklepios seinen Beschäftigten Tarifverhandlungen verweigert, sehen wir uns gezwungen, den Streik fortzuführen. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der Klinik. Deswegen kämpfen die Kollegen so entschlossen. Nur mit deutlich besseren Arbeitsbedingungen lässt sich gutes Personal halten und gewinnen. Diese verweigert aber Asklepios weiterhin. Die erzwungene Reduzierung der Bettenbelegung kostet dem Konzern jetzt richtig Geld. Es trifft einen profitorientierten Konzern dort, wo es ihm am meisten weh tut – im Portemonnaie.“

Martin Kupferschmidt, Krankenpfleger und Mitglied der Verdi-Streikleitung zeigt sich beeindruckt: „Unglaublich, wie geschlossen und entschlossen wir zusammenstehen. Und großartig, wie viel Zuspruch und Unterstützung wir aus der Bevölkerung aber auch aus der Politik erhalten.“ Selbst Bundesgesundheitsminister Spahn habe auf einer Verdi-Kundgebung am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Berlin sein Missfallen darüber ausgedrückt, wie Asklepios mit seinen Beschäftigten umgeht.

Investitionen in Personal notwendig

Auf der Streikkundgebung forderten die Streikenden Asklepios auf, „endlich den Irrweg“ zu verlassen und in das Personal zu investieren. Sie bezogen sich auch explizit auf den Brandbrief, den ehemalige Chefärzte verfasst hatten (wir berichteten).

In einer Mitteilung von Verdi heißt es: „Seit Jahrzehnten war die renommierte Spezialklinik für Schlaganfallpatienten in Seesen Leuchtturm, Aushängeschild und Cashcow des Asklepios-Konzerns. Das hat sich seit 2017 komplett geändert. Kurzfristige Sparpolitik des Konzerns bestimmt die Personalpolitik. Die Personalausstattung und damit die Bedingungen für Patienten und Beschäftigte verschlechtern sich, die Klinik gerät nach und nach in eine negative Tendenz. Langjähriges Personal verlässt zuhauf die Klinik, neues ist bei dem Fachkräftemangel auf dem Markt für die gezahlten Gehälter und bei den Arbeitsbedingungen kaum zu bekommen. Zahlreiche Stellen bleiben unbesetzt. Es könnten weit mehr Patienten aufgenommen werden, wenn nur ausreichend Personal vorhanden wäre.“

Weiterhin betont die Gewerkschaft, die Klinik werde kaputtgespart. Deshalb stünden die Beschäftigten auf und streikten seit 14 Monaten. Oliver Kmiec, Betriebsratsvorsitzender und Mitglied der Verdi-Streikleitung: „Wir wollen endlich wieder eine gute Klinik sein, wie wir es über Jahrzehnte gewesen sind. Dazu brauchen wir dringend Personal. Das klappt aber nur, wenn die Arbeitsbedingungen sofort radikal verbessert werden. Es geht um die Zukunft der Klinik. Deshalb Tarifvertrag jetzt — konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen nach dem branchenüblichen Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes.“

DGB stärkt Streikende

„Man verweigert den Beschäftigten nicht nur eine angemessene Bezahlung, sondern versucht ihnen auch weiterhin zu unterstellen, angeblich unverantwortlich zu handeln, weil man nun von einem verbrieften Streikrecht Gebrauch macht“, betont der Osteroder Kreisverbandsvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Klaus Richard Behling. „Warum kommt die Geschäftsführung nicht an den Verhandlungstisch zurück? Es soll doch nur ein vernunftbegründeter Tarifvertrag verhandelt werden. Stattdessen droht man Beschäftigten in diesem systemrelevanten Bereich mit Kündigungen und anderen Repressalien“, so Behling.

Er erklärt: „Die Kollegen des DGB-Kreisverbandes Osterode empfinden vollste Solidarität mit den Klinikbeschäftigten und versichern der Gewerkschaft Verdi deren ganze Unterstützung. Sicherlich streikt niemand gern in einem Krankenhaus.“ Der Kreisverband Osterode stehe auf der Seite des Betriebsrates, der Beschäftigten und Streikenden – in der Hoffnung auf ein gütliches Einlenken der Klinik- Geschäftsführung. Möglichst ohne Drohungen und, wie stattgefunden, mit Kündigungsankündigungen.