Seesen. Klinikleitung wirft Verdi Rücksichtslosigkeit in Bezug auf Patientenwohl vor. Verdi sieht Klinikleitung in der Verantwortung für Arbeitsorganisation.

Wegen krankheitsbedingter Ausfälle von Mitarbeitern am Mittwoch, dem fünften Tag des Tarif-Streiks an der Asklepios Klinik in Seesen (wir berichteten), streiten sich die Leitung der Schildautalklinik und die Gewerkschaft Verdi darum, wer die Verantwortung für den Personaleinsatz für einen reibungslosen Notdienst übernehmen muss. Die Klinikleitung wirft Verdi Gefährdung des Patientenwohls vor. Verdi weist die Vorwürfe zurück.

Sebastian von der Haar, Geschäftsführer der Asklepios Kliniken in Seesen, hatte das Verhalten der Gewerkschaft am Mittwoch scharf kritisiert: „Wir hatten leider krankheitsbedingte Mitarbeiter-Ausfälle, die Gewerkschaft hat dies aber weder bemerkt noch ausgeglichen. In dem betroffenen Bereich waren wir uns sogar mit Verdi über die Besetzung einig, hier gab es keinen Dissens, keine Meinungsverschiedenheit bei den Besetzungsplänen. Erst auf telefonischen Hinweis ist Verdi hier tätig geworden und hat dann sogar noch die organisatorische Verantwortung abgelehnt, entgegen ihrer vorher verteilten Flugblätter.“

Nur durch den Einsatz von Kollegen habe die Versorgung sichergestellt werden können, eine Patientengefährdung habe durch das schnelle Handeln der Führungskräfte zu keiner Zeit bestanden.

Haftung im Schadensfall

„Rechtlich ist die Gewerkschaft, wie sie selbst immer sagt, für die Streikorganisation verantwortlich, allein die Verantwortung will sie dafür nicht tragen. Auf die Frage, ob Verdi auch die Haftung übernimmt, sollte aus der Organisation ein Schaden entstehen, gibt Verdi indes keine Antwort. Daher haben wir die von Verdi kritisierte Notdienstverpflichtung ausgesprochen und umgesetzt. Wie man heute gesehen hat, nimmt die Gewerkschaft weder Rücksicht auf das Wohl der Patienten, noch will sie irgendeine Verantwortung tragen. Nicht einmal die Umsetzung der Besetzung hat sie kontrolliert, das ist mehr als fahrlässig“, so von der Haar. Hier sei die Klinik-Geschäftsführung auf einem völligem Irrweg, weist Verdi die Vorwürfe von Asklepios zurück.

Verantwortung bei Klinik

Dazu Verdi-Sprecher Jens Havemann: „Die Verantwortung für die Arbeitsorganisation liegt auch im Streikfall beim Arbeitgeber, vor allem wenn keine Notdienstvereinbarung zustande kommt. Solch eine Notdienstvereinbarung scheitert in Seesen aber an den absurden Bedingungen, die der Gesundheitskonzern für ein Zustandekommen aufstellt.“ Havemann: „Nun scheint die lokale Geschäftsführung in Seesen mächtig unter Druck zu geraten und wirft mit unhaltbaren und absurden Anschuldigungen um sich. Wir erkennen ein vollkommenes Scheitern der Geschäftsführung.“

Die Gewerkschaft sei im Rahmen des notgedrungen von ihr einseitig erklärten Notdienstes zur bestmöglichen Kooperation bereit. Genau so sei es auch am besagten Streiktag erfolgt. „Wir haben sofort reagiert: Nachdem wir von der Geschäftsführung um 10.13 Uhr über den genauen Sachverhalt unterrichtet wurden, haben wir umgehend mit dem Verantwortlichen der betroffenen Abteilung Kontakt aufgenommen und der Geschäftsführung um 10.31 Uhr die Klärung der akuten Situation mitgeteilt“, so Havemann. Dass auf krankheitsbedingte Ausfälle reagiert werden muss, um die vorgesehene Besetzung zu sichern, sei Alltag in einer Klinik. „Die Beschäftigten wollen ja mit ihren Streiks gerade dafür sorgen, dass durch bessere Arbeitsbedingungen mehr Personal in die Klinik kommt. Daher ist nicht der Streik die Ursache des Problems, sondern der Alltag in Seesen: die Profit-orientierte Geschäftspolitik des Asklepios-Konzerns.“

Asklepios habe laut Angaben von Havemann wiederholt Beschäftigten bei Ausübung ihres Streikrechtes mit Kündigung gedroht, obwohl sie gar nicht zum Notdienst eingeteilt waren. Es seien nicht die Beschäftigten individualrechtlich für die Sicherstellung des Notdienstes verantwortlich, sondern immer der Arbeitgeber in Absprache mit der Streikleitung von Verdi.