Göttingen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen testet ein elastisches und aktiv gesteuertes Design.

Da Flugzeuge künftig leichter und dadurch sparsamer im Kerosinverbrauch sein sollen, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen jetzt im Rahmen eines EU-Projekts zwei neuartige Flügel getestet. Deren Bauweise sei bislang nicht möglich gewesen, teilt das DLR mit.

Die Reduzierung von Gewicht gelte neben sparsameren Triebwerken und schlankeren Flügeln als wichtigster Weg, den Treibstoffverbrauch im Luftverkehr zu verringern. Bei Flugzeugflügeln sei die Möglichkeit, mit herkömmlichen Bauweisen Gewicht einzusparen, allerdings praktisch ausgeschöpft. Da Flugzeugflügel hohen Belastungen standhalten müssen, sind sie besonders stabil gebaut. Früher bestanden sie aus dem Leichtmetall Aluminium, heutzutage zu immer größeren Teilen aus Kohlefasern.

Das EU-Projekt „FLEXOP“, in dem sich Forschungseinrichtungen aus sechs Ländern zusammengeschlossen haben, habe sich nun zum Ziel gesetzt, neuartige Möglichkeiten im Flügel-Design zu untersuchen, heißt es in der Mitteilung des DLR weiter. Die Forscher haben zwei unterschiedliche Varianten, die eine Gewichtsreduzierung versprechen, entworfen und zusammen mit einem Standardflügel als Modell gebaut.

Standschwingungsversuch

Um die Wirksamkeit der neuen Flügelbauweisen zu untersuchen, wurden sie nun im DLR-Institut für Aeroelastik in Göttingen in einem sogenannten Standschwingungsversuch getestet.

Das Modell des Standardflügels besteht aus Kohlefasern und ist dem Flügel eines klassischen Verkehrsflugzeugs nachempfunden. Der erste innovative Flügelentwurf, der sogenannte „Flatter-Flügel“, ist ein Entwurf der Technischen Universität München. Dieser aus Glasfaser bestehende Flügel sei bewusst so ausgelegt, dass er in den gefährlichen Zustand des „Flatterns“ kommen kann. Ähnlich wie bei einer Fahne im Wind schaukeln sich dabei Schwingungen immer stärker auf, bis es zu einem Bruch kommt. Ein neuartiges Flugregelsystem, das im DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik in Oberpfaffenhofen entwickelt wird, soll verhindern, dass ein solch kritischer Zustand eintritt.

Wie ein Dämpfer

Die äußeren Klappen an der Flügelhinterkante werden so gesteuert, dass sie wie Dämpfer wirken. Der Flügel kann hierdurch wesentlich leichter konstruiert werden und eine höhere Streckung haben, also schlanker sein. „Die aktive Regelung vergrößert die Möglichkeiten für eine wesentlich leichtere Bauweise maßgeblich“, sagt Gertjan Looye, Koordinator für die DLR-Beteiligung am Projekt.

Montage eines Beschleunigungssensors.
Montage eines Beschleunigungssensors. © janvetter.com

Ein zweites Flugregelungssystem wird vom Computer and Automation Research Institute der ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA SZTAKI) entwickelt. Der Projektleiter Bálint Vanek von MTA SZTAKI ergänzt: „Mit einem solchen Flügel könnten künftig 20 Prozent mehr Fracht transportiert oder sieben Prozent Treibstoff eingespart werden.“

Aeroelastischer Flügel

Ein weiterer Flügel im Test ist der sogenannte aeroelastische Flügel. Dieser wurde vom DLR- Institut für Aeroelastik zusammen mit der Universität Delft entwickelt. Er besteht zwar auch aus Kohlefasern, verfüge aber über besondere Eigenschaften: „Unter Belastung biegt sich der neue Flügel nicht nur, verdreht sich auch deutlich stärker als heutige Tragflächen“, sagt Versuchsleiter Yves Govers vom DLR Göttingen. Dadurch könne der aeroelastische Flügel den größten Lasten im Flug quasi ausweichen und sei genauso stabil wie der Standardflügel – obwohl er 20 Prozent leichter ist. Möglich mache dies ein speziell optimierter, unkonventioneller Lagenaufbau des Werkstoffs.

In der zweiten Jahreshälfte 2019 sollen die Flügel-Modelle auch in einem Flugversuch in Oberpfaffenhofen getestet werden.