Washington. Die USA standen kurz vor der Staatspleite. Für die Welt hätte das verheerende Folgen gehabt – doch das Schlimmste ist nun abgewendet.

Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ist abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus billigte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) auch der Senat in Washington einen Gesetzentwurf, mit dem die staatliche Schuldenobergrenze in den USA vorerst ausgesetzt wird. Ohne den Schritt wäre der US-Regierung in wenigen Tagen das Geld ausgegangen.

Mit dem abschließenden Votum im Kongress endet eine lange politische Zitterpartie, die in den USA und darüber hinaus große Sorgen vor einer wirtschaftlichen Krise ausgelöst hatte. Bis zuletzt hatten die Demokraten von Präsident Joe Biden mit den Republikanern erbittert um einen Kompromiss gerungen. 63 von 100 Senatoren verhalfen dem Entwurf zur nötigen Mehrheit, darunter 46 Demokraten und 17 Republikaner.

Ein Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft hätte eine globale Finanzkrise und einen wirtschaftlichen Abschwung auslösen können. Die politische Hängepartie in Washington sorgte daher auch an Börsen für Unruhe.

Schuldenobergrenze in den USA: Heikle Abstimmung im Repräsentantenhaus

Zuvor hatte das US-Repräsentantenhaus in Washington am Mittwochabend den ersten Schritt zur Vermeidung eines drohenden Staatsbankrotts getan. Und das in selten überparteilicher Manier.

Mit 314 zu 117 Stimmen segnete die erste Kammer im Kongress am Mittwochabend das von Joe Biden und dem republikanische Vorsitzenden der Kongresskammer, Kevin McCarthy, ausgehandelte Kompromiss-Paket über die Staatsausgaben ab. Vier von insgesamt 435 Abgeordneten stimmten nicht ab.

Einer Anhebung der Schuldenobergrenze, die bisher bei 31,4 Billionen Dollar lag, stand nichts mehr im Weg, wenn auch der Senat zügig zustimmt würde – und das tat er. Die USA können damit ihre ausstehenden Rechnungen wieder bezahlen.

USA: Einsparungen von 1,5 Billionen Dollar vorgesehen

Der Senat beschäftigte sich am Donnerstag mit dem 99-seitigen Gesetz, das bis 2025 de facto ein Einfrieren der Staatsausgaben mit Ausnahme des Verteidigungsbudgets vorsieht. Über zehn Jahre kalkuliert sollen sich die Einsparungen auf 1,5 Billionen Dollar belaufen.

Der demokratische Mehrheitsführer Chuck Schumer sagte zuvor, dass spätestens bis zum Wochenende die nötige Mehrheit von 60 Stimmen vorhanden sei. Weil die Demokraten nur 51 Sitze haben, mussten also mindestens neun Republikaner mit dem politischen Gegner stimmen.

Präsident Biden, der zur Zeit der Abstimmung auf dem Rückflug von einem Termin im Bundesstaat Colorado war, würdigte das Abstimmungsergebnis als Ausdruck staatspolitischer Vernunft. "Diese Einigung ist eine gute Nachricht für das amerikanische Volk und die amerikanische Wirtschaft", sagte er.

Sein Gegenspieler Kevin McCarthy stellte heraus, dass mit der Entscheidung zum ersten Mal seit Jahrzehnten die ausufernden Staatsausgaben in den kommenden zwei Jahren zurückgehen würden. "Wir haben Geschichte geschrieben", sagte der Politiker aus Kalifornien sichtlich erleichtert.

70 Republikaner stimmen gegen eigenes Gesetz

Zuvor wurde die Sorge laut, dass zu viele der 222 konservativen Abgeordneten gegen den Kompromiss stimmen würden – und damit gegen den Speaker, nominell die Nummer Drei im Staat hinter US-Präsident und Vizepräsident.

Am Ende stimmten jedoch 149 Republikaner (von 222) zu – und 165 Demokraten (von 213). Der Widerstand in beiden Parteien – rund 70 bei den Republikanern, rund 50 bei den Demokraten – war beachtlich aber beherrschbar, weil die oppositionellen Demokraten die notwendige parlamentarische Mehrheit besorgten.

Die Aussicht auf die von Finanzministerin Janet Yellen als "verheerend" beschriebenen Auswirkungen eines andernfalls bereits am 5. Juni anstehenden Zahlungsausfalls auch für die Weltwirtschaft hatte nach Angaben von Abgeordneten "am Ende doch eine stark einschüchternde Wirkung".

Für McCarthy eine Niederlage

Wie sich die Abstimmung auf die Position von Kevin McCarthy auswirken wird, ist noch unklar. Dass am Ende deutlich weniger Republikaner als Demokraten für ein (maßgeblich von McCarthy ausgehandeltes) republikanisches Gesetz stimmten, setzt nach Ansicht von US-Kommentatoren ein Fragezeichen hinter die Autorität des Nachfolgers von Nancy Pelosi.

Vor allem der extrem rechte Flügel der Partei, der von Ex-Präsident Donald Trump offen zur Obstruktion und Inkaufnahme eines Zahlungsausfalls aufgefordert worden war, hatte massive Einschnitte vor allem in Sozialausgaben und Investitionen in umweltfreundliche Technologien gefordert. Das Lager um den Abgeordneten Chip Roy (Texas) ging jedoch völlig leer aus. Joe Biden widersetzte sich. Kevin McCarthy fügte sich.

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