Berlin. Ukraines Präsident Selenskyj besucht Berlin. Nach einem Treffen mit dem Kanzler wendet sich Selenskyj an die Menschen in Deutschland.

  • Wolodymyr Selenskyj besucht Berlin und Aachen
  • Der ukrainische Präsident dankte den Deutschen
  • Am Nachmittag fliegt Selenskyj mit Kanzler Scholz zur Verleihung des Karlspreises

Es ist ein Besuch unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in Deutschland eingetroffen. "Bereits in Berlin", twitterte er am Sonntagmorgen. "Waffen. Starkes Paket. Luftverteidigung, Wiederaufbau. EU. Nato. Sicherheit.", fügte er hinzu Stichworte für die möglichen Gesprächsthemen in Berlin.

Anlass für seinen Besuch ist die Verleihung des Karlspreises in Aachen. Es ist die erste Visite des Staatschefs, seit sein Land im Februar 2022 von Russland angegriffen wurde. Details des Besuchs blieben zunächst geheim.

Am Morgen empfing Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Gast aus Kiew auf Schloss Bellevue. Selenskyj dankte Deutschland für die Unterstützung im Abwehrkampf gegen den Angriffskrieg Russlands.

Präsident Selenskyj: "Danke Deutschland!"

"In der schwierigsten Zeit in der modernen Geschichte der Ukraine hat sich Deutschland als unser wahrer Freund und verlässlicher Verbündeter erwiesen, der im Kampf für die Verteidigung von Freiheit und demokratischen Werten entschieden an der Seite des ukrainischen Volkes steht", schrieb er auf Englisch ins Gästebuch. Dazu ergänzte er: "Gemeinsam werden wir gewinnen und den Frieden nach Europa zurückbringen."

Ausdrücklich bedankte sich Selenskyj bei Steinmeier persönlich für dessen Unterstützung. Er schrieb: "Vielen Dank, Herr Bundespräsident, für Ihre persönliche Unterstützung der Ukraine und Gastfreundschaft" Er dankte auch dem deutschen Volk für dessen "fantastische Solidarität". Auf Deutsch ergänzte er: "Danke Deutschland!"

Nach dem Eintrag Selenskyjs ins Gästebuch war ein Gespräch des Bundespräsidenten mit dem ukrainischen Gast geplant. Auf beiden Seiten sollten je vier Berater dabei sein, hieß es.

Bundespräsident Steinmeier begrüßt den ukrainischen Präsidenten in Berlin.
Bundespräsident Steinmeier begrüßt den ukrainischen Präsidenten in Berlin. © Christophe Gateau/dpa Pool/dpa

Selenskyj trifft Scholz: Sicherheitskabinett soll beraten

Im Anschluss hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den ukrainischen Präsidenten mit militärischen Ehren im Kanzleramt in Berlin empfangen, ein Musikkorps spielte die Hymnen beider Länder. Selenskyj legte seine rechte Hand aufs Herz und sang mit, als die ukrainische Nationalhymne gespielt wurde. Dann zogen sich beide in das Kanzleramt zu einem Austausch zurück.

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Bei einer Pressekonferenz im Anschluss dankte der Bundeskanzler für den Besuch Selenskyjs in Deutschland. Gleichzeitig sicherte er der Ukraine weiter Hilfe zu. "Wir unterstützen Euch so lange, wie es nötig sein wird", sagte der SPD-Politiker. Bisher sei Hilfe im Wert von 17 Milliarden Euro geleistet worden. Deutschland stehe auch in voller Solidarität zu den geflüchteten Menschen. Scholz: "Diese Solidarität, sie ist anhaltend und sie ist stark."

Ukraines Präsident bittet um Kampfjets

Selenskyj sprach seinerseits der Bundesregierung und den Menschen in Deutschland seinen Dank aus. Die Unterstützung beschrieb er als "Schutz des Lebens". Gleichzeitig bat der Präsident auch um weitere Hilfen, vor allem beim Thema Kampfflugzeuge. Die Ukraine arbeite während seines Besuchs in europäischen Hauptstädten daran, "eine Kampfjet-Koalition zu schaffen", sagte Selenskyj.

"Das ist für die Ukraine sehr wichtig, unsere Anstrengungen zu koordinieren", sagte Selenskyj. Russland habe derzeit ein Übergewicht im Luftraum. Dies wolle man ändern.

Scholz äußerte sich dazu zurückhaltend. Deutschland habe der Ukraine sehr viel geliefert. Gerade was die Luftverteidigung betreffe, seien dies sehr moderne Waffen. "Das ist das, worauf wir uns als Deutsche jetzt konzentrieren."

Scholz und Selenskyj schreiten die Ehrenformation der Bundeswehr vor dem Kanzleramt ab. Zur ukrainischen Hymne legt der Präsident seine Hand aufs Herz.
Scholz und Selenskyj schreiten die Ehrenformation der Bundeswehr vor dem Kanzleramt ab. Zur ukrainischen Hymne legt der Präsident seine Hand aufs Herz. © Maurizio Gambarini/FUNKE Foto Services

Zum Abschluss des Besuches von Selenskyj in Berlin waren am Sonntag Beratungen im Rahmen des Sicherheitskabinetts geplant. Neben Scholz gehören dem Gremium unter anderen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an.

Selenskyj besucht Deutschland: Schwere Sicherheitspanne

Selenskyj gilt als der meistgefährdete Staatsmann in Europa. Seine Auslandsreisen werden sehr kurzfristig angekündigt. Im Vorfeld des Besuchs in Deutschland hatte es jedoch eine schwere Panne gegeben, da es schon Anfang Mai detaillierte Berichte über die Besuchspläne gegeben hatte.

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Es wurde sogar ein Hotel genannt, in dem der ukrainische Präsident absteigen wolle. Der Besuch stand damit auf der Kippe. Einzelheiten des Besuchsprogramms wurden am Samstag zunächst nicht mitgeteilt. Unklar blieb auch, ob Selenskyj am Samstag oder am Sonntag in Deutschland eintreffen will.

Selenskyj in Berlin: Bundeswehr im Einsatz

Entsprechend hoch sind nun die Sicherheitsvorkehrungen für den Besuch Selenskyjs. Ein Airbus A319 der Flugbereitschaft der Luftwaffe hatte Selenskyj am Samstagabend in Rom abgeholt, wie die Luftwaffe auf Twitter mitteilte. Zwei Eurofighter seien vom Fliegerhorst Lechfeld in Bayern gestartet und "eskortierten ihn sicher nach Berlin", hieß es weiter.

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Die Luftwaffe veröffentlichte auch zwei Fotos, eines aus dem Fenster des Flugzeugs mit Blick auf einen der begleitenden Kampfjets, das andere mit Blick auf den Airbus. Die Berliner Polizei kündigte für den Sonntag "umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen und Verkehrssperrungen" besonders rund um das Regierungsviertel an.

Polizei und Feldjäger sichern eine Straße am Bundesministerium der Verteidigung und einem Hotel.
Polizei und Feldjäger sichern eine Straße am Bundesministerium der Verteidigung und einem Hotel. © Kay Nietfeld/dpa

Selenskyj-Besuch: Deutschland kündigt neue Waffenlieferung an

Die Bundesregierung empfängt Selenskyj mit der Ankündigung, die Ukraine im Kampf gegen Russland mit einem umfangreichen Waffenpaket im Wert von 2,7 Milliarden Euro weiterhin zu unterstützen.

"Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist", erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am Samstag in Berlin. Schon jetzt gehört Deutschland hinter den USA zu den Ländern, die den größten Beitrag bei der Versorgung der Ukraine mit Waffen leisten. Das könnte Sie auch interessieren: Auszeichnung für Selenskyj: Was ist der Karlspreis?

Textbaustein: Ukraine-Krise - Hintergründe und ErklärungenTextbaustein: Ukraine-Krise - Hintergründe und Erklärungen

Selenskyj soll in Aachen der Karlspreis verliehen werden

Selenskyj soll am Nachmittag der Karlspreis verliehen werden. Kanzler Scholz wird die Laudatio halten. Als weitere Redner sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dabei.

Scholz und Selenskyj werden gemeinsam nach Aachen fliegen, bestätigte der Kanzler. Bisher war aus Sicherheitsgründen noch offengeblieben, ob Selenskyj selbst zur Verleihung des Preises nach Nordrhein-Westfalen kommt.

In der Begründung für die Verleihung wurde die Rolle Selenskyjs bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs hervorgehoben: Er sei nicht nur der Präsident seines Volkes und der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee. Er sei "auch der Motivator, Kommunikator, der Motor und die Klammer zwischen der Ukraine und der großen Phalanx der Unterstützer".

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Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, Europa wolle mit der Auszeichnung ein Zeichen setzen: "Wir stehen an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer." Man werde in der Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen - "humanitär, wirtschaftlich und mit Waffen". Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach von einem "starken Signal in Zeiten des Krieges". "Mit Präsident Wolodymyr Selenskyj wird in Aachen ein entschlossener Kämpfer für die Werte des freien Europas gewürdigt."

Voriges Jahr hatten die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja und zwei Mitstreiterinnen den Karlspreis bekommen, 2021 der rumänische Präsident Klaus Iohannis. Auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Papst Franziskus sind Preisträger. Der Karlspreis ist nicht dotiert. (mit dpa)