Berlin. Ab 1. Juli ändern sich die Hinzuverdienstgrenzen für Empfänger des neuen Bürgergelds. Was künftig gilt – und wofür es mehr Geld gibt.

  • Das Bürgergeld hat in Deutschland das alte System von Hartz IV abgelöst
  • Anfang des Jahres trat der erste Teil Sozialreform in Kraft
  • Jetzt gibt es eine weitere wichtige Änderung für Empfänger

Anfang des Jahres wurde in Deutschland das sogenannte Bürgergeld eingeführt. Es hat das alte System des Arbeitslosengelds II abgelöst, auch bekannt unter dem Namen Hartz IV. Ziel der Reform war es, Menschen in der Grundsicherung besser zu qualifizieren und dauerhaft in Arbeit zu bringen. „Dieses Bürgergeld sorgt auch dafür, dass wir Deutschland die Chance auf mehr qualifizierte Fachkräfte geben“, sagte ehedem Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Doch Anfang Januar trat zunächst nur der erste Teil der Sozialreform in Kraft. Der zweite soll zum 1. Juli folgen. Unter anderem wird es demnächst höhere Freibeträge für Aufstocker geben – also für Erwerbstätige mit geringen Einkommen, die ergänzend Bürgergeld beziehen. Was sich für Betroffene und deren Familien genau ändert:

ALG II: Welche Regelungen zum Bürgergeld gelten bisher?

Zum 1. Januar sind die Regelbedarfe gestiegen. Ein alleinstehender Erwachsener in der Grundsicherung etwa erhält seitdem pro Monat 502 Euro, das sind 53 Euro mehr als im alten Hartz-IV-System. Erst nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten wird geprüft, ob die Wohnung angemessen ist. Während dieser Zeit bleibt auch ein Vermögen von bis zu 40.000 Euro geschützt. Leben weitere Personen in der Bedarfsgemeinschaft, erhöht sich der Betrag um jeweils 15.000 Euro.

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Die Karenzzeit soll sicherstellen, dass sich Leistungsbezieher im ersten Jahr ohne Angst ganz auf die Jobsuche konzentrieren können. Nach Ablauf dieser Zeit gilt in der Bedarfsgemeinschaft ein Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro pro Person. In den Jobcentern soll es jetzt nicht mehr vorrangig darum gehen, Geringqualifizierte in irgendwelche Jobs zu vermitteln – sondern sie beruflich weiterzubilden. Kooperiert ein Bürgergeld-Bezieher nicht ausreichend mit dem Jobcenter, sind weiterhin ab dem ersten Tag Sanktionen möglich. Das war insbesondere der Union wichtig, die der Reform im Bundesrat zustimmen musste.

Bürgergeld: Was ändert sich zum 1. Juli?

Eine wichtige Änderung betrifft Erwerbstätige mit geringen Einkommen, die zugleich Bürgergeld beziehen. Für sie steigen die Freibeträge: Bei einem Job, der pro Monat zwischen 520 und 1.000 Euro Einkommen bringt, dürfen künftig 30 Prozent davon behalten werden. Bisher waren es 20 Prozent. Die untere Grenze von 520 Euro wurde gewählt, weil dies die aktuelle Verdienstgrenze für Minijobs ist.

Wer sich weiterbildet, kann monatlich 75 Euro zusätzlich erhalten.
Wer sich weiterbildet, kann monatlich 75 Euro zusätzlich erhalten. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Schon bisher wird ein Zuverdienst von bis zu 100 Euro beim Bürgergeld grundsätzlich nicht angerechnet. Bei Beträgen, die darüber hinaus gehen, gibt es eine prozentuale Staffelung: Wer zwischen 100 und weniger als 520 Euro pro Monat verdient, darf wie bisher 20 Prozent behalten. Wer zwischen 1.000 und 1200 Euro pro Monat verdient, darf zehn Prozent behalten.

Was ist mit Schüler- und Studentenjobs?

Bis zur Minijobgrenze von 520 Euro dürfen Schüler und Studenten ihr Einkommen komplett behalten – das heißt, es wird nicht auf das Einkommen der Familie angerechnet. Das gilt auch bei einer Berufsausbildung, beim Bundesfreiwilligendienst, einem Freiwilligen Sozialen Jahr oder einer dreimonatigen Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildung. Einkommen aus Schülerjobs in den Ferien bleiben komplett unberücksichtigt. Wer ein Ehrenamt ausübt und dafür eine Aufwandsentschädigung bekommt, darf bis zu 3000 Euro pro Jahr ohne Anrechnung behalten.

Wie helfen die Jobcenter den Bürgergeld-Beziehern bei der Eingliederung?

Bislang schließen die Jobcenter mit den von Arbeitslosigkeit Betroffenen eine Eingliederungsvereinbarung ab. Das ist ein Vertrag, in dem Pflichten und Leistungen beider Seiten im Rahmen der Jobsuche festgelegt werden. In der Praxis ist das jedoch kein Vertrag „auf Augenhöhe“. Ab dem 1. Juli soll die Eingliederungsvereinbarung schrittweise durch einen Kooperationsplan ersetzt werden, den Jobcenter und Bürgergeld-Bezieher gemeinsam erarbeiten.

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Er soll in verständlicher Sprache festhalten, welche Schritte beide Seiten unternehmen, um den Jobsuchenden in eine Beschäftigung zu bringen oder ihn beruflich weiterzubilden. Grundsätzlich gilt: Für die Jobcenter und die Arbeitsagenturen ist die gesamte Reform eine beträchtliche Herausforderung. Hier und dort dürfte es bei der Umsetzung ruckeln.

Arbeitslosenhilfe: Was ist in Sachen Qualifizierung geplant?

Die berufliche Qualifizierung der Bürgergeld-Bezieher soll nach dem Willen des Gesetzgebers künftig im Zentrum der Bemühungen stehen. Ziel ist es, die Betroffenen dauerhaft in Arbeit zu bringen und ihnen damit Einkommen und Teilhabe zu ermöglichen – anstatt sie von einem unqualifizierten Kurzfrist-Job in den nächsten zu schicken.

Künftig soll es individuelle Coachings geben, um auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Jobsuchenden einzugehen. Wer sich weiterbildet, bekommt fortan einen Zuschlag zum Bürgergeld: So ist ein Bonus von 75 Euro pro Monat für Weiterbildungen vorgesehen, die keinen konkreten Abschluss zum Ziel haben, aber wichtige Qualifikationen vermitteln (zum Beispiel Computer- oder Deutschkurse).

Was ist mit Leuten, die einen Berufsabschluss nachholen wollen?

Wer als Bürgergeld-Bezieher eine Weiterbildung macht, die einen konkreten Berufsabschluss zum Ziel hat, soll ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro erhalten. Bei bestandener Zwischenprüfung soll es eine zusätzliche Weiterbildungsprämie in Höhe von 1.000 Euro geben, bei bestandener Abschlussprüfung noch einmal 1.500 Euro. Wer eine geförderte Berufsausbildung macht, erhält dafür ab Juli auch mehr Zeit: Künftig unterstützt das Jobcenter dieses Vorhaben bis zu drei Jahre lang. Bisher gilt eine Obergrenze von zwei Jahren.