Berlin. Eigentlich sollte der Finanzminister am Mittwoch nach China fliegen, dann wurde er ausgeladen. Jetzt fordert Lindner eine neue Balance.

Bundesfinanzministers Christan Linder (FDP) muss seine geplante Peking-Reise kurzfristig absagen. Das chinesische Finanzministerium habe am Wochenende aus terminlichen Gründen darum gebeten, die für Mittwoch geplanten Gespräche mit dem deutschen Minister zu verschieben, bestätigte das Bundesfinanzministerium.

Ursprünglich sollten bei dem Treffen die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen sowie ein hochrangiger Finanzdialog vorbereitet werden. Allerdings soll das Treffen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Lindner wird dennoch wie geplant am Mittwoch zu Gesprächen der G7-Finanzminister nach Japan fliegen.

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Besuch in Peking: Grund für Absage unklar

Es ist unklar, ob die Absage des geplanten Treffens zwischen dem deutschen Finanzminister Christian Lindner und seinem chinesischen Amtskollegen im Zusammenhang mit dem eher unterkühlten Verhältnis zwischen China und der FDP steht.

Im vergangenen März hatte die FDP-Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger als erstes Mitglied einer deutschen Bundesregierung seit 26 Jahren Taiwan besucht und damit in Peking erheblichen Unmut ausgelöst. Die chinesische Botschaft in Berlin hatte damals erklärt, dass man "großes Missfallen zum Ausdruck gebracht" habe.

China sagt kurzfristig Christian Linders Besuch in Peking ab.
China sagt kurzfristig Christian Linders Besuch in Peking ab. © Kay Nietfeld/dpa

Linder: Kritik an China und vergangene Reisen könnten Grund sein

Ausschlaggebend könnte ebenfalls sein, dass Linder Ende Februar nach einem Treffen der G20-Finanzminister Chinas Haltung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine öffentlich und deutlich kritisierte. Er bedauerte, dass China ein gemeinsames Abschlussdokument verhindert hatte, in dem die allermeisten Länder den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt hatten.

In Erinnerung dürfte auch Lindners Asienreise im Sommer 2019 bleiben, als er zunächst nach Hongkong reiste, um sich mit Vertretern der Opposition zu treffen, während dort seit Wochen Massenproteste gegen die zunehmend autoritäre Machtausübung auf dem chinesischen Festland stattfanden. Bei seinem anschließenden Besuch in Peking sah sich Lindner mit einer frostigen Atmosphäre konfrontiert, in der Termine kurzfristig abgesagt und sogar der Handschlag verweigert wurde.

Lindner fordert selbstbewussten Umgang mit China

Kurz nach seiner Ausladung sprach Lindner im Nachrichten-Podcast des Nachrichtenportals "The Pioneer" davon, eine neue Balance im Verhältnis zu China erreichen zu wollen. Es gehe um "einen selbstbewussten und realistischen Umgang mit China" und "ein weniger samtpfötiges Auftreten", als es die Vorgängerregierungen an den Tag gelegt hätten, so Lindner.

Der FDP-Chef sagte dem Nachrichtenportal weiter, wer nur auf wirtschaftliche Beziehungen setze, verliere ein Stück der zivilisatorischen Mission. "Wer andererseits nur mit Gesinnung argumentiert, wird nichts bewegen. Wir brauchen eine bessere Balance als in der Vergangenheit, als wir zu sehr auf die Wirtschaft geschaut haben."

Seine Prioritäten seien klar: "Wenn Werte in Spannung geraten, dann ist der Einsatz für das Völkerrecht zentral." Eine Entkopplung der deutschen Wirtschaft vom chinesischen Markt lehnte Lindner jedoch ab: "Trotz unserer systemischen Rivalität wäre es für unsere wirtschaftliche Entwicklung naiv zu glauben, wir könnten uns einfach abkoppeln." (fmg/dpa)