Berlin. Die Altkanzlerin erhält die höchste Auszeichnung des Staates. Die Folgen ihrer Politik fallen dem Land gerade gehörig auf die Füße.

Ob die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel das Land in vergleichbarem Maße geprägt hat wie ihre Vorgänger Konrad Adenauer und Helmut Kohl (alle CDU), ist eine Fragestellung für die Geschichtswissenschaft. Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, einen Sozialdemokraten und ehemaligen Außenminister, gehört seine ehemalige Chefin auf jeden Fall in die Reihe der ganz großen: Am Montagabend will Steinmeier ihr das „Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung“ verleihen.

Das ist die höchste Auszeichnung, die das Land zu vergeben hat. Bisher erhielten sie nur zwei Personen, nämlich Adenauer und Kohl. 16 Jahre lang war Merkel Kanzlerin. Sie hat sich für das Land aufgerieben und es alles in allem gut durch diverse Krisen geführt, etwa durch die Finanz- und Eurokrise ab 2008 und zuletzt durch die Corona-Pandemie.

Politikredakteur Thorsten Knuf.
Politikredakteur Thorsten Knuf. © Reto Klar | Reto Klar

Angela Merkel hat in ihrer Amtszeit viel liegen lassen

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Merkel in ihrer Amtszeit viel hat liegen lassen und Weichen falsch stellte: Ihr Zickzack-Kurs in Energiepolitik und Klimaschutz, Deutschlands langjährige Nähe zu Russland, die marode Bundeswehr, eine kaputte Infrastruktur, die ausgebliebene Digitalisierung, die fehlende Vorbereitung des Landes auf den demografischen Wandel, ein mangelnder Ehrgeiz in Europa: All das fällt Deutschland und seinen Partnern gerade gehörig auf die Füße.

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Steinmeier war früher zeitweise Teil des Systems Merkel, insbesondere in der Russlandpolitik. Die Auszeichnung der Altkanzlerin hat damit einen schalen Beigeschmack. Anders als Merkel hat Steinmeier allerdings anerkannt, in Sachen Russland schwere Fehler begangen zu haben. Vielleicht wäre es besser gewesen, seinen Nachfolger über eine Ehrung entscheiden zu lassen.