Osterode. Ein Feuerwehrmann aus Lasfelde schildert, wie der Einsatz gegen die Fluten verlief – und worauf Bürger in Osterode jetzt besonders achten müssen.

„Die Weihnachtstage boten wenig Zeit für die Feuerwehrangehörigen der Feuerwehren der Stadt Osterode und den Angehörigen des THW-Ortsverbands Osterode, das Weihnachtsfest friedvoll und mit der Familie zu begehen“, erklärt Marc-Dennis Pülm von der Ortsfeuerwehr Lasfelde. Er berichtet dem Harz Kurier über den kräftezehrenden Dauereinsatz der Feuerwehren der Stadt Osterode am Harz und des Technischen Hilfswerks (THW) im Kampf gegen das Hochwasser.

Einsatzkräfte der Feuerwehr Lasfelde verstärken den Damm
Einsatzkräfte der Feuerwehr Lasfelde verstärken den Damm "An der Söse" in Katzenstein. © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

„Bereits am 23. Dezember 2023 wurde im Tagesverlauf bekannt, dass der Füllstand derSösetalsperre sich dem Maximum nähert und der Abfluss zur Verhinderung eines Überlaufens deutlich erhöht werden muss. Damit war klar, dass die gesättigten Böden und die bereits durch den Dauerregen gut gefüllte Söse sowie die kleineren Bäche dieses Wasser nicht mehr würden aufnehmen können und mit Hochwasser zu rechnen ist“, so Pülm in seinem Bericht. Berechnungen und Beratungen zwischen der Feuerwehr und der Stadtverwaltung hätten zu einem mehrtägigen Einsatz der Feuerwehren der Stadt Osterode geführt. Absehbar sei damit insbesondere gewesen, dass im Ortsteil Katzenstein mit Problemen zu rechnen sei.

Sandsackwall
Sandsackwall "An der Söse" in Katzenstein in Verlängerung des Dammes "Am Weelbeek". © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

Freiwillige Helfer unterstützen die Einsatzkräfte von Feuerwehren und THW im Harz

„Noch am Tag vor Heiligabend wurden daher zunächst die Feuerwehren Lasfelde und Förste, später Freiheit und Lerbach sowie am Abend noch die Feuerwehr Schwiegershausen mit der Löschgruppe Ührde nach Lasfelde alarmiert, um 5.000 Sandsäcke vorbereitend zu füllen. Eine Sandsackfüllstation wurde bei der Firma Borgstedt in Petershütte eingerichtet, wo die Einsatzkräfte vom Dauerregen geschützt in mühsamer Handarbeit die Säcke mit Sand füllten und auf Paletten transportfähig bereitstellten. Parallel wurden mögliche Gefahrenpunkte in Katzenstein an der Söse erkundet und priorisiert“, so Pülm.

Einsatzkräfte füllen in anstrengender Handarbeit Sandsäcke auf dem Betriebshof der Fa. Borgstedt am Tag vor Heiligabend.
Einsatzkräfte füllen in anstrengender Handarbeit Sandsäcke auf dem Betriebshof der Fa. Borgstedt am Tag vor Heiligabend. © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

Die vorbereiteten Paletten seien anschließend mit Unterstützung des THW und des städtischen Bauhofs an die vorher festgelegten Gefahrenpunkte transportiert worden. Insgesamt waren rund 145 Kräfte der Feuerwehren und des THW an diesem Tag im Einsatz, auch einige freiwillige Spontanhelfer unterstützten die Einsatzkräfte bei ihrer Tätigkeit.

Auch interessant

Aus dem Ablass an der Sösetalsperre schießt das Wasser am Mittwoch mit Hochdruck heraus. Um die prall gefüllte Talsperre zu entlasten, werden laut Angaben der Harzwasserwerke derzeit rund 15,8 Kubikmeter pro Sekunde abgelassen.
Von David Krebs, Svenja Paetzold-Belz, Thorsten Berthold, Mark Härtl

Nach weiterer Lagebewertung und Ankündigung der Erhöhung des Abflusses der Talsperre am Heiligabend wurden, so Pülm, gegen 10 Uhr alle elf Ortsfeuerwehren der Stadt Osterode wiederum nach Lasfelde alarmiert, um weitere Sandsäcke zu füllen und diese anschließend an den festgelegten und weiteren neuralgischen Punkten zu verbauen. Auch der THW-Ortsverband Osterode unterstützte wiederum mit 25 Einsatzkräften und Gerät. „Es wurden drei Einsatzabschnitte gebildet und die insgesamt rund 210 Einsatzkräfte in den kräftezehrenden Einsatz gebracht“, erklärt Marc-Dennis Pülm. Neben dem Bereich an der Söse in Katzenstein sei die ebenfalls stark angestiegene Bremke in Petershütte im Verlauf der Bremkestraße mit Sandsäcken gesichert worden. Die Feuerwehren Osterode und Förste wurden zwischenzeitlich von dieser Tätigkeit abgezogen und übernahmen andere Einsätze im Stadtgebiet. Zur Gesamtkoordination erfolgte im Feuerwehrhaus Osterode die Einrichtung einer Führungsstelle.

Schweres Gerät und eine erhebliche Logistik ist erforderlich, um die Sandsäcke vor Ort zu bringen. THW und Feuerwehr arbeiten Hand in Hand.
Schweres Gerät und eine erhebliche Logistik ist erforderlich, um die Sandsäcke vor Ort zu bringen. THW und Feuerwehr arbeiten Hand in Hand. © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

Allein Heiligabend rund 16.000 Sandsäcke in Osterode gefüllt

Insgesamt wurden am Heiligabend rund 16.000 Sandsäcke gefüllt, „teils auch angeliefert über den Landkreis“, so Pülm, und anschließend von Kräften verbaut. Schwerpunkte waren dabei der Wellbeekdamm zwischen dem Schützenhaus Katzenstein und der Straße „An der Söse“ sowie die anschließende Festwiese in Katzenstein. Der Osteroder erklärt weiter: „Durch die topografische Lage wäre bei einem Überlaufen des Damms neben der Gebäude ,An der Söse‘ die Bebauung im Verlauf der Katzensteiner Straße ab der Festwiese bis zum Hühnerbusch gefährdet. Auch Objekte zur Abwasser- und Stromversorgung mussten in Zusammenarbeit mit dem Energieversorger sowie den technischen Diensten der Stadt Osterode gegen eine Überflutung gesichert werden.“

Schutz für vom Hochwasser gefährdete Objekte durch Sandsäcke.
Schutz für vom Hochwasser gefährdete Objekte durch Sandsäcke. © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

Osteroder Feuerwehren wechseln sich in der Nacht im 4-Stunden-Schichten ab

Im gefährdeten Bereich wurden die Bevölkerung durch Lautsprecherdurchsagen und persönliche Ansprache über die Gefährdung informiert. Für den Eigenschutz der Anwohner stellten die Einsatzkräfte Sandsäcke zur Verfügung. Nachdem der Wellbeekdamm auf gesamter Länge um 30 Zentimeter erhöht worden war und die sonstigen relevanten Objekte und Stellen für den zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Ablass der Talsperre gesichert waren, konnten die meisten Einsatzkräfte für den Heiligen Abend eine kurze Pause machen. Für die Nacht wechselten sich die Feuerwehren Freiheit und Lerbach sowie Schwiegershausen und Förste in 4-Stunden-Schichten ab und kontrollierten den Damm sowie die Sandsackwälle auf Treibgut, Unterspülungen oder einen unerwarteten Anstieg des Pegels.

Lagebesprechung vor Ort zum weiteren Vorgehen nach einer Sitzung des Krisenstabes der Stadt.
Lagebesprechung vor Ort zum weiteren Vorgehen nach einer Sitzung des Krisenstabes der Stadt. © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

Aufgrund der erneuten Erhöhung der Abflussmenge aus der Talsperre ab Mittag des ersten Weihnachtsfeiertages wurden die Feuerwehr Lasfelde sowie der THW-Ortsverband Osterode gegen 11.30 Uhr erneut alarmiert. Die Sicherungsmaßnahmen wurden nochmals verstärkt und Maßnahmen zur Sicherung der Infrastruktur getroffen. „Auch eine mögliche Evakuierung von einzelnen Objekten wurde vorgedacht und erste Maßnahmen geplant, wäre es zu einem unwahrscheinlichem, aber nicht auszuschließendem unkontrollierten Überlaufen der Talsperre gekommen“, so Pülm. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr Lasfelde und des TWH wurden wiederum durch die Feuerwehren Freiheit und Lerbach abgelöst, welche die Sicherungsmaßnahmen am Abend beendeten. Anschließend übernahm die Feuerwehr Düna die Überwachung bis in die Nacht.

„Durch das Ende des Dauerregens gegen Mittag des ersten Feiertages entspannten sich die Pegel sowohl von Talsperre, als auch Bächen und Zuflüssen, sodass der Wasserstand sukzessive abnahm und eine weitere Gefährdung nicht mehr zu befürchten war. Am zweiten Weihnachtsfeiertag stellte die Feuerwehr Lasfelde in Schichten noch bis 18.30 Uhr Kräfte zur permanenten Kontrolle der Situation ab“, schreibt Pülm in seinem Bericht. Für die Nachtzeit wurden durch Führungskräfte der Wehr alle zwei Stunden Kontrollgänge durchgeführt und alle neuralgischen Punkte überprüft. „Glücklicherweise konnte sukzessive zurückgehende Pegelstände festgestellt werden, sodass derzeit von einer noch angespannten, aber stabilen Situation gesprochen werden kann“, heiß es im Bericht weiter.

Brennpunkt der über die Ufer getretenen Söse in Katzenstein.
Brennpunkt der über die Ufer getretenen Söse in Katzenstein. © Feuerwehr Lasfelde | Feuerwehr Lasfelde

Hochwasser: Schutzmaßnahmen müssen aufrechterhalten werden

„Dennoch müssen die Schutzmaßnahmen angesichts zu erwartender Niederschläge und weiterhin vollständig gesättigter Böden noch einige Zeit aufrechterhalten werden. Die Feuerwehr bittet daher dringend, die Sandsackwälle sowie die Dämme nicht zu betreten oder darauf herumzulaufen. Generell sollte weiterhin Abstand von den Fließgewässern gehalten werden, auch Uferbereiche sind noch aufgeweicht und können nachgeben. Darüber hinaus sollten die Absperrungen oder gesperrte Straßen beachtet werden. Im Einsatzverlauf waren auch zahlreiche Schaulustige feststellbar, die in Einzelfällen die Arbeit der Einsatzkräfte mit ihren Fahrzeugen behinderten oder in abgesperrte Bereiche gingen“, appelliert der erfahrene Feuerwehrmann.

Die Feuerwehr bittet dringend, die Sandsackwälle sowie die Dämme nicht zu betreten oder darauf herumzulaufen.
Marc-Dennis Pülm, Ortsfeuerwehr Lasfelde

„Positiv hervorzuheben ist die wertvolle und unbürokratische Unterstützung der Feuerwehr durch die örtlichen Firmen Borgstedt, Obermann, Meiners, Nils Dernedde, Christ und Seyer mit Material oder Gerät, ohne das die effiziente Bewältigung der Lage nicht möglich gewesen wäre. Auch die Unterstützung durch die Bevölkerung und Anwohner mit Kuchen- und Getränkespenden sowie Angebote zur Unterstützung, zum Beispiel beim Füllen von Sandsäcken war bei den Einsatzkräften sehr willkommen und sorgte für gute Stimmung trotz der Umstände. Die Feuerwehr bedankt sich ausdrücklich herzlich bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern“, so der Dank der Einsatzkräfte.

Mehr aktuelle News aus der Region Osterode, Harz und Göttingen:

Kurz, knapp, krass informiert: HK Kompakt, der Newsletter vom Harz Kurier, fasst die wichtigen News aus Osterode und dem Südharz zusammen: Hier kostenlos für den täglichen Newsletter anmelden!

Unser Top-Angebot: 12 Monate HK PLUS für 49 € lesen! Jetzt Angebot und Vorteile checken.