Osterode. Zwei Jungjägerinnen aus Osterode am Harz beschreiben die entscheidende Phase auf dem Weg zum Jagdschein.

Mit bundesweit mehr als 400.000 Jagdscheinen waren im vergangenen Jahr mehr Jägerinnen und Jäger auf der Pirsch als jemals zuvor. Ihre Zahl steigt seit Jahren, dabei ist die Jagdausbildung langwierig und sehr schwierig.

Was genau das bedeutet, erläutern Valeska Wedemeyer und Kathrin Kowohl. Sie gehören zu der seit Jahren deutlich steigenden Zahl an Frauen, die auf die Pirsch gehen möchten. Gemeinsam haben sie einen Erlebnisbericht über die letzte und entscheidende Phase ihrer Ausbildung zum sogenannten „grünen Abitur“, dem Jagdschein, bei der Kreisjägerschaft Osterode geschrieben.

Der Erlebnisbericht

Die letzten zweieinhalb Monate vor der mündlich-praktischen Prüfung waren sehr turbulent und zeitintensiv vom Jungjägerlehrgang geprägt. Waren Anfang des Jahres aufgrund der Coronasituation nur Online-Meetings möglich, hatten wir ab Mitte Februar wieder Präsenzunterricht und ab Mitte März fast jedes Wochenende eine praktische Veranstaltung und waren somit drei- bis viermal die Woche ‚jagdlich‘ unterwegs.

Dazu zählte eine Pfostenschau der Jagdhunderassen mit Mario Weseler, der Aufbau einer Wildkammer und ein Besuch des Nationalparks Harz mit Alexander Ehrig, ein aufwendig vorbereiteter Reviergang in Riefensbeek mit Uwe Schmidt (und Motte), ein Besuch des Wisentgeheges in Springe mit Karl Schumann, eine praktische Vorführung der Fangjagd in Schwiegershausen mit Stefan Großkopf, tolle Anschauungs- und Anfassmöglichkeit im ‚Zaubergarten‘ in Lerbach mit Karl-Heinz Kanal, Übung der Waffenhandhabung in Aschenhütte mit Jörg Lüddecke und Alexander Blötz, praktische Vorführung zur Wildbrethygiene, Wildkrankheiten und Zerwirken in Riefensbeek und am alten Truppenübungsplatz mit Karsten Reimann und Zerwirken von Rehwild in Buntenbock mit Sebastian Viehweger.

Aufregung vor der Prüfung

Für die schriftliche Prüfung Ende April hatten alle viel gebüffelt, trotzdem waren wir extrem aufgeregt und konnte die tolle Kulisse des Café Wellenreiters am Seeburger See, wo für uns und den Jungjägerlehrgang der Jägerschaft Duderstadt die Prüfung stattfand, gar nicht genießen. Als wir am frühen Abend dann unsere Ergebnisse bekamen, konnte man eine Menge Steine fallen hören und alle waren erleichtert diese Hürde erfolgreich gemeistert zu haben.

Danach folgten noch viele der eben aufgezählten praktischen Termine und auch die Theorie wurde noch einmal im Schnelldurchlauf wiederholt.

Bei der mündlich-praktischen Prüfung am 21. Mai ging es morgens früh am Gelände des Schießstands in Aschenhütte los. Zu jedem der fünf Prüfungsgebiete war ein Stand aufgebaut und nachdem uns Claus-Wilhelm Deig als Leiter der Prüfungskommission begrüßt hatte, starteten wir mit dem ersten Prüfungspunkt, dem Erkennen von drei Jagdhornsignalen, welche von mehreren Mitglieder des Bläsercorps der Jägerschaft standesgemäß vorgetragen wurden.

Diese erste Hürde konnten wir alle relativ problemlos meistern, aber die Aufregung und Anspannung wollte erstmal nicht weniger werden. Wir wurden in fünf Gruppen à drei Prüflinge aufgeteilt, aber natürlich wurde jeder einzeln geprüft.

Wichtig: richtige Waffenhandhabung

Der erste Stand war Wildtierkunde, hierzu wurde unter anderem das Infomobil der Jägerschaft genutzt, welches mit Präparaten und Fellen ausgestattet war, die man identifizieren musste und über die dann Fragen zur Paarungszeit, Brut- und Setzzeit, Altersbestimmung, Lebensraum und vielem mehr gestellt wurden.

Die zweite Station war eine der wichtigsten, die Waffenhandhabung. Dort wurden theoretische Fragen zu Munition, Jagdoptik (dem Zielfernrohr) und kalten Waffen (z.B. Messern) gestellt und der sichere Umgang mit verschiedenen Lang- und Kurzwaffen an einer konkreten Situation simuliert.

Valeska Wedemeyer (re.) beim Lehrgang.
Valeska Wedemeyer (re.) beim Lehrgang. © Kreisjägerschaft Osterode | Dirk Fischer

Teil drei umfasste dann unter anderem die Themen Naturschutz und Jagdbetrieb. Einige der Aufgaben in diesem Gebiet waren Baumarten und Feldfrüchte zu identifizieren, Wildschäden an Bäumen zu erkennen, aber auch anhand von Fotos jagdliche Situationen einzuschätzen, ob gefahrlos und waidgerecht geschossen werden darf.

Die vorletzte Station fand in der Nähe des Schwarzen Pfuhls statt und dort wurden Wildhygiene, -krankheiten, Jagdhundewesen und jagdliches Brauchtum abgefragt. Dazu gehören zum Beispiel das Aufzählen und Erkennen von bruchgerechten Baumarten und das Erkennen der Bruchsignale. Brüche sind von Jägern mit Zweigen ausgelegte Signale zur Verständigung, werden aber auch zur Würdigung des erlegten Wildes benutzt. Auch wurde nach den korrekten Bezeichnungen der einzelnen Körperteile von verschiedenen Wildarten gefragt und bestimmte Utensilien zur Jagdhundeausbildung mussten erkannt und deren Zweck beschrieben werden.

Endlich: die Jägerbriefe

Im Aufenthaltsraum des Schießstandes war dann die letzte Station, welche das Thema Jagdrecht behandelte. Dieses Gebiet war besonders umfangreich, da es neben dem eigentlichen Jagdrecht auch die Bereiche Tierschutz-, Waffen-, Naturschutzrecht sowie Hygieneverordnungen umfasste. Es war schon weit nach Mittag als endlich alle Gruppen durch waren und wir auf die Auswertung der Ergebnisse warteten.

Kathrin Kowohl bei der Ausbildung mit der Waffe.
Kathrin Kowohl bei der Ausbildung mit der Waffe. © Kreisjägerschaft Osterode | Birgit Fischer

Die Stimmung wurde langsam etwas gelöster und dann konnten wir auch schon unsere Jägerbriefe in den Händen halten. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto standen wir noch eine Weile zusammen und stießen mit zweien unserer Ausbilder an, die es sich nicht haben nehmen lassen, kurz nach Ende der Prüfung in Aschenhütte vorbeizukommen.

Da der Tag sehr lang und für einige auch die Nacht davor kurz war, hatten wir schon im Vorfeld beschlossen, die Feier zu einem späteren Zeitpunkt abzuhalten und dann alle Ausbilder einzuladen, um die Zeit der Ausbildung Revue passieren zu lassen und uns für das große Engagement bedanken zu können.

Info – Der Weg zum Jagdschein:

Wer in Deutschland Jäger werden möchte muss dazu eine gesetzlich vorgeschriebene Prüfung ablegen.

Die Jägerprüfung gliedert sich in drei Teile, die Schießprüfung mit Büchse und Flinte, die schriftliche und die mündlich-praktische Prüfung.

Die Prüflinge werden im schriftlichen und mündlich-praktischen Teil jeweils in fünf Fachgebieten geprüft.

Hierbei müssen sie ihr Wissen über Wild und andere frei lebende Tierarten, über Jagdwaffen und Fanggeräte, über Naturschutz, Hege und den Jagdbetrieb, die Behandlung des erlegten Wildes, Wildkrankheiten, Jagdhunde und jagdliches Brauchtum sowie über das Jagd- und Waffenrecht und andere relevante Rechtsbereiche unter Beweis stellen.

Die Jägerschaft Osterode bietet auch in diesem Jahr nach den Sommerferien wieder einen Vorbereitungslehrgang auf die Jägerprüfung an. Infos dazu unter: www.ljn.de/jaegerschaften/osterode.