Osterode. Von Mai bis Juli gibt es wieder eine Volkszählung: Dafür ist sie gut, das kommt auf Bürger zu. Der Kreis Göttingen sucht noch ehrenamtliche Helfer.

Viele kennen ihn noch unter dem Namen Volkszählung – den Zensus, der in diesem Jahr wieder stattfindet (wir berichteten). Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer klingeln zwischen Mai und Juli an Haustüren in unserer Region mit einem Auftrag: Sie befragen zuvor ausgewählte Bürgerinnen und Bürger, um so die amtlichen Einwohnerzahlen von Städten und Gemeinden zu ermitteln.

Im Gespräch erklären Laura Heumann, Leiterin der Erhebungsstelle Zensus 2022, und Christiane Niesen, Leiterin des Fachdienstes Zentrale Verwaltung, warum der Zensus wichtig ist, was auf Bürgerinnen und Bürger zukommt, und wo in der Region noch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer gesucht werden.

Durch den Zensus soll ermittelt werden, wie viele Menschen in Deutschland leben und arbeiten. Warum ist das für den Landkreis Göttingen wichtig?

Heumann: Die Ergebnisse des Zensus betreffen jeden Bürger und jede Bürgerin explizit. Es geht dabei, um die Bereitstellung von Kindergarten- und Altenheimplätzen, um wohnungspolitische Fragen, um die Einteilung der Wahlkreise. Und natürlich auch um die Zuweisung von Geldern, der Länderfinanzausgleich wird zum Beispiel daraus ermittelt so wie auch EU-Fördergelder. Wir wollen eine Zahlengrundlage ermitteln, um den Menschen an der richtigen Stelle das richtige bieten zu können.

An den Ergebnissen des Zensus 2011 gab es viel Kritik, viele Kommunen klagten sogar dagegen. Welche Folgen kann der Zensus für Kommunen haben?

Heumann: Da geht es vor allem um die Finanzzuweisungen. Wenn die Einwohnerzahl massiv sinkt, dann sinken auch die Finanzzuweisungen. Dann können die Städte und Gemeinden natürlich nicht so gut wirtschaften wir vorher.

Ein konkretes Beispiel ist die Stadt Bad Lauterberg: Sie gibt für das Jahr 2020 eine Einwohnerzahl von 10.223 an. Die 10.000-Einwohner-Marke ist eine Art magische Grenze. Welche konkreten Folgen hätte es für die Stadt, würde die Zahl darunter fallen?

Niesen: Wie Frau Heumann schon erklärt hat, geht es um die Frage, wie die Finanzzuweisungen sich entwickeln. Wenn die Einwohnerzahl unter 10.000 fällt, hat das an verschiedenen Stellen Auswirkungen. Es kann beispielsweise auch um die Besoldungshöhe des Bürgermeisters gehen. Um das gleich ins richtige Licht zu rücken: Er bekommt dann natürlich nicht vom einen auf den anderen Tag weniger. Eine niedrigere Zuordnung bleibt laut der niedersächsischen Kommunalbesoldungsverordnung aber für die Dauer der jeweiligen Amtszeit und nach einer Wiederwahl auch für die unmittelbar folgende Amtszeit unberücksichtigt. Denn was tatsächlich beim Zensus rauskommt, und wo es Einbußen gibt, das stellt sich ja nicht heute oder morgen dar. Das wird sich erst nach der Gesamtauswertung der Ergebnisse zeigen, deren Veröffentlichung derzeit für 2023 vorgesehen ist.

Geben Sie uns doch bitte einen Einblick in die Themenbereiche, die abgefragt werden. Worauf müssen Bürgerinnen und Bürger sich einstellen?

Heumann: Bei der kurzen Befragung, die an der Haustür passiert, werden Kernmerkmale wie Vorname, Nachname, Geburtsdatum und Geschlecht abgefragt. Außerdem weitere Merkmale wie der Familienstand und die Staatsangehörigkeit oder Angaben zum Wohnungsstatus. Im langen Fragebogen werden Fragen zur Bildung, dem Beruf und zur Lebenssituation gestellt. Das ist ein deutlich ausführlicherer Fragebogen, der aber schriftlich beantwortet wird. Das ist auch online möglich.

Es gibt also zwei verschiedene Fragerunden: Einmal in Kurzform an der Tür, und einmal schriftlich in langer Version?

Heumann: Der Kurzfragebogen an der Tür wird bei allen zum Zensus gemeldeten Personen abgefragt, ein Teil dieser Menschen ist auch für die ausführlichere, schriftliche Befragung vorgesehen.

Was passiert, wenn man die Aussage verweigert?

Die mündliche Aussage darf man natürlich verweigern – allerdings nur im ersten Schritt. Dann startet automatisiert ein Mahnverfahren, das auch in einem Zwangsgeldverfahren enden kann. Das heißt jeder Bürger und jede Bürgerin, die an einer der ausgewählten Adressen wohnen, sind auskunftspflichtig.

Für die Befragung der Bürgerinnen und Bürger sucht der Landkreis noch freiwillige Helferinnen und Helfer. Müssen diese bestimmte Voraussetzungen mitbringen?

Heumann: Die sind einfach. Man muss volljährig, in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft sein und ein nettes, freundliches Auftreten haben. Nicht infrage kommen alle Personen, die in ihrem eigentlich Hauptberuf mit Meldedaten zu tun haben. Das betrifft vor allem die Jobcenter, alle Personen in Meldebüros, aber auch Standesbeamtinnen und Standesbeamte, Polizistinnen und Polizisten.

Niesen: Der letzte Punkt ist vor allem für das Thema Vertraulichkeit und Datenschutz wichtig, da er beides zusätzlich zu formalen gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet.

In den vergangenen Jahren – besonders 1987 – gab es ja auch großen Widerstand in der Bevölkerung, die die Angst vor dem „Gläsernen Bürger“ umtrieb. Welche Maßnahme hat das statistische Bundesamt, das den Zensus durchführt, getroffen, um den Datenschutz zu gewährleisten?

Heumann: Das Bundesstatistikgesetz sagt ganz deutlich, dass eine Reidentifikation ausgeschlossen sein muss. Das heißt, dass wir keinen Kontakt mit anderen Stellen wie dem Bürgerbüro haben. Die Erhebungsbeauftragten sind selbstverständlich zur Geheimhaltung verpflichtet. Wir arbeiten hier außerdem räumlich abgeschottet, in einer eigenen Immobilie, wir sind personell abgeschottet, niemand hier arbeitet in anderen Bereichen der Verwaltung. Und natürlich sind unsere Computer entsprechend geschützt.

Vor dem Hintergrund: Müssen die freiwilligen Helferinnen und Helfer damit rechnen, dass sie auf möglichen Unwillen gar auf offene Aggression bei den Betroffenen stoßen könnten? Wie bereiten Sie sie darauf vor?

Heumann: Zum einen habe ich in Schulungen zuletzt viele Erfahrungswerte vom Zensus 2011 gehört. 2011 ist alles sehr, sehr nett abgelaufen. Die meisten Menschen haben auf die Fragen geantwortet, manchmal sogar extra Kaffee gekocht. Es gab da laut den ehemaligen Erhebungsbeauftragten keine größeren Vorfälle. Mir sind auch keine Presseartikel oder Ähnliches bekannt. Natürlich ist eine Schulung der erste Baustein der Tätigkeit als ehrenamtlicher Helfer oder ehrenamtliche Helferin. Dabei wird natürlich auf solche Gefahren hingewiesen. Aber wir hoffen auf einen netten Umgang miteinander.

Wenn Bürgerinnen und Bürger nun Interesse haben, als Helferinnen und Helfer dabei zu sein, was sind die nächsten Schritte?

Heumann: Wer Interesse hat, kann sich per Telefon bei uns melden. Man findet auf der Website des Landkreises Göttingen ein Bewerbungsformular, das die Personendaten abfragt. Dann meldet sich ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, um gemeinsam Einsatzgebiete abzusprechen. Denn wir versuchen die Menschen natürlich wohnortnah einzusetzen. Dabei achten wir allerdings darauf, dass man nicht in der eigenen oder angrenzenden Straße zur Erhebung eingeteilt ist. Dann wird gemeinsam ein Schulungstermin abgesprochen, bei der in circa zwei Stunden die wichtigsten Dinge besprochen werden. Und dann bekommen die Helferinnen und Helfer schon ihre Materialien und können frühestens ab dem 15. Mai starten.

Es gibt für den Einsatz als Helferin oder Helfer eine Aufwandsentschädigung. Wie hoch fällt diese aus?

Heumann: Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, sich die konkreten Aufgaben der Erhebungsbeauftragten genauer anzusehen. Der erste Teil der Arbeit besteht aus einer Vorbegehung. Das heißt, alle Adressen, die ihnen zugelost wurden, werden darauf überprüft, ob der Stand des Melderegisters auch den Tatsachen vor entspricht. Also: Stimmt die Hausnummer? Stimmt der Straßenname? Dafür bekommt man niedersachsenweit einheitlich 5 Euro pro Adresse. An den Adressen wird eine Terminankündigung mit rechtlicher Unterrichtung und mit einem Flyer eingeworfen, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren. Zum Termin sucht der Erhebungsbeauftragte den Haushalt auf und stellt die acht Fragen des Kurzfragebogens. Dafür bekommt er oder sie eine Aufwandsentschädigung von 1 bis 5 Euro pro Haushalt. 1 Euro, wenn die befragte Person die Aussage verweigert, 5 Euro wenn alle Daten vollständig erfasst werden können. Wenn der Befragte noch für den schriftlichen Fragebogen vorgesehen ist, wird ein Schreiben für die Online-Meldung beziehungsweise ein Papierfragebogen übergeben. Dafür bekommt der oder die Erhebungsbeauftragte 2,50 Euro. Ein einfaches Beispiel: Wenn man einhundert Personen befragt mit einem gewissen Anteil an Ausfall, dann würde man auf ca. 700 Euro als steuerfreie Aufwandsentschädigung kommen.

Kann man sich vom Arbeitgeber dafür freistellen lassen?

Heumann: Leider nicht, die Tätigkeit ist ein Ehrenamt. Ich habe aber durchaus schon Helfer und Helferinnen, die in Vollzeit arbeiten und es trotzdem machen möchten. Wenn man sowieso viel unterwegs und kommunikativ ist, dann freut man sich über so eine Aufgabe.

Info: Ehrenamtliche Erhebungsbeauftragte gesucht

Für den Zensus, die Volkszählung 2022, benötigt der Landkreis Göttingen insgesamt 66 Freiwillige Helferinnen und Helfer. 44 Menschen haben sich bereits gemeldet.

Gesucht werden nun noch mindestens drei Erhebungsbeauftragte in Osterode am Harz, einer in Herzberg am Harz, sechs in Bad Lauterberg im Harz, acht in Bad Sachsa und vier in Walkenried.

Wer sich als Helfer oder Helferin melden möchte, erhält weite Informationen montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr sowie montags bis donnerstags von 13 bis 16 Uhr unter 0551 525-3500 sowie unter .

Auf der Website des Landkreises können Interessierte sich außerdem den Bogen zur Bewerbung herunterladen.