Samtgemeinde Hattorf. Am 19. März wird in Hattorf ein neuer Samtgemeindebürgermeister gewählt. Hartwig Lohrengel tritt als parteiloser Kandidat an. Das Interview.

Hartwig Lohrengel tritt als parteiloser Kandidat am 19. März zur Wahl um den posten des Hattorfer Samtgemeindebürgermeisters an. Was er vorhat, erzählt er im Interview.

Wie kam es zu der Entscheidung, sich aufstellen zu lassen?

Ich bin gebürtiger Hattorfer und 2007 aufgrund der Arbeitssituation in die Grafschaft Bad Bentheim verzogen. 2019 kamen meine Tochter und ich zurück – ich habe festgestellt, dass sich in diesen zwölf Jahren kaum etwas in der Samtgemeinde getan oder entwickelt hat. Neben einzelnen Geschäften, die wechselten, kleinen Änderungen und Verschönerungen in den Dörfern sowie der nun ausgebauten Oderstraße in Hattorf bzw. dem Netto in Wulften gab es nichts Neues – für mich etwas, wofür man sich nicht gerade auf die Schulter klopfen kann.

Bei der Wahl 2021 gab es einen Wechsel zum Positiven, es ging mit Ideen und Elan voran, es wurde nicht nur verwaltet. Ich habe die Befürchtung, dass wir nun wieder Gefahr laufen, dort hinzugehen, wo wir in den vergangenen Jahren auch schon waren: Es wird verwaltet, aber es passiert nichts Neues.

Gibt es etwas, das Sie sich konkret wünschen würden?

Wir sind mittlerweile Teil des Landkreises Göttingen, doch ich sehe hier noch nicht, dass uns das in irgendeiner Weise weitergeholfen hat. Die Gewerbegebiete in Hattorf, Wulften und Hörden haben sich in den letzten 20 Jahren nicht weiter entwickelt. Die Entwicklung ging eher zurück. Da muss man gegensteuern. In Hattorf gibt es ein Neubaugebiet am Oderpark, der Abschnitt drei ist soweit fertig, Abschnitt vier beginnt. Das Neubaugebiet in Wulften wird über einen Bauträger realisiert, Hörden sucht noch immer einen Bauträger. Hier würde ich mir mehr Fortschritt wünschen.

Welche Schwerpunkte setzen Sie selbst in Ihrer Kandidatur?

Kinder und Jugend ist ein großes Thema für mich: Es sind nicht genügend Kindergarten-Plätze da. Hier muss etwas getan werden. Wenn man sich entscheidet, Baugebiete weiter auszubauen, dann muss auch in Sachen Kindergarten-Plätzen nachgezogen werden. Denn mit Baugebieten siedeln sich junge Familien an, deren Kinder benötigen auch Betreuung. Es ist kein Sonderfall, dass Eltern Vollzeit arbeiten, gerade Alleinerziehende brauchen flexible Betreuungszeiten. Ein Kindergarten, der um 8 Uhr beginnt und am frühen Nachmittag endet, bringt diesen Familien nichts. Das gleiche gilt für Schulen: Es bringt nichts, wenn der Kindergarten die Versorgung bis zum späten Nachmittag anbietet, die nachfolgende Grundschule das dann nicht oder nicht ausreichend anbieten kann. Wir sollten gerade hierbei unsere Vereine und Verbände nicht vergessen, die dort hervorragende Arbeit leisten und nicht bis 2026/27 warten.

Gerade dieser Punkt hat für die Samtgemeinde eine insgesamt größere Bedeutung: Fehlen hier Angebote und Möglichkeiten oder kommen sie zu spät und nicht ausreichend, wird automatisch nach Alternativen gesucht – als Folge davon ziehen die Menschen meist weg.

Für die Gemeinde unsagbar wichtig ist das Schwimmbad: Etwas derartiges muss man sich zwar leisten können und wollen– ein Schwimmbad wird nie schwarze Zahlen schreiben – es ist aber ein wichtiger Bestandteil welcher die Samtgemeinde aufwertet und daher nicht zur Diskussion stehen darf.

Ein weiteres Anliegen für mich ist die bereits angesprochene Infrastruktur: Es hat sich zu wenig getan – und das ist sehr schade. Wir haben nicht einmal flächendeckend LED-Beleuchtung. So ziemlich jeder Hausbesitzer setzt in Sachen Beleuchtung auf LED, warum bekommen wir das für die Straßenbeleuchtung nicht hin? Ein anderer Punkt betrifft die öffentlichen Gebäude – hier gibt es kaum Solaranlagen. Die Flächen sind da – und Solarzellen sind eine gute Möglichkeit, um Einkommen zu generieren. Andere Landkreise machen das vor. Hätten wir das vor zehn Jahren gemacht, wären diese bereits längst abbezahlt – und die Gemeinde könnte davon finanziell profitieren. Dieses Geld könnte man in die Verwirklichung anderer Projekte investieren.

Wulften hat keinen Bankautomaten mehr – weder von der Sparkasse noch von der Volksbank. Ebenfalls weggefallen ist die Apotheke. Es gibt noch Ärzte und Zahnärzte, worüber wir froh sein können. Doch in einigen Bereichen fehlt ein gewisses Maß an Grundversorgung in einzelnen Gemeinden. Das betrifft Wulften, Hörden und Elbingerode. Hier muss gehandelt werden.

Etwas, das ich zeitnah überarbeiten würde, wäre der Internetauftritt der Samtgemeinde: Ich finde es ist wichtig, sich als Gemeinde so zu präsentieren, dass ich auf Besucher und mögliche neue Bewohner online attraktiv erscheine. Mir fehlt hier eine zentrale Übersicht mit Veranstaltungskalender, Vereinen, Handel und Gewerbe. Der Frühlingsmarkt in Hattorf sowie der Kinderbasar in Hörden sind online schwer auffindbar. Die Baugebiete sind kaum beworben. Wulften hat das sehr schön gemacht und führt auch freie Bauplätze online auf. Für Hattorf und Hörden sehe ich hier noch Luft nach oben. Wenn ich mich als Arbeitnehmer von außerhalb umsehe, wo ich wohnen kann und was umliegende Gemeinden zu bieten haben, würde die Samtgemeinde aufgrund des umständlichen Internetauftritts wegfallen – das können wir uns nicht erlauben.

Gibt es Dinge, die die Samtgemeinde gut macht und an denen man für den Fortschritt anknüpfen muss?

Nachmittagsbetreuungen wurden eingeführt, es ist geplant den Windpark zu vergrößern und einen Solarpark auf der alten Deponie zu errichten – das sind Punkte, in denen wir bereits fortschreiten und die weiter verfolgt werden müssen, gerade im Hinblick auf eine freiwillige finanzielle Beteiligung der Bürger.

Wo besteht demnach Ihrer Meinung nach der größte Bedarf an Nacharbeit?

Das was man am einfachsten – und kostengünstigsten – machen kann, ist die Außenwahrnehmung der Gemeinde. Des weiteren fände ich es wichtig, alle kommunalen Einrichtungen auf Energieeffizienz zu überprüfen. Solarzellen auf allen öffentlichen Gebäuden sind eine Option, aber natürlich auch ein Kostenfaktor, den man möglich machen muss. Doch ich bin der Auffassung, dass man irgendwo einfach anfangen muss – wenn auch nur klein. So würde ich mich bemühen, alle Leuchten zeitnah auf LED umzustellen. Das senkt unsere Ausgaben.

Auch das Problem der Bankautomaten könnte man angehen: Eine Möglichkeit, die ich in anderen Orten gesehen habe, ist es, eine Fertig-Garage mit Bankautomaten aufzustellen, die von allen Bankkunden genutzt werden können. Hier könnte ich mir auch einen Fahrdienst gut vorstellen, immerhin hat nicht jeder Senior oder Seniorin Familie in der Nähe, die unterstützt.

Was bringen Sie selbst persönlich an Erfahrungen und Wissen für das Bürgermeister-Amt mit?

Beruflich bin ich im Bohrgeschäft tätig, aktuell betreue ich sieben Bohranlagen im Ausland und war an mehreren Großprojekten beteiligt. Problemlösung ist mein tägliches Geschäft, bei sieben Bohranlagen ist immer irgendetwas. Ich kann organisieren und bin es gewöhnt, mich an Pläne zu halten – sowohl budget- als auch zeittechnisch. Das ist etwas, das wir hier definitiv brauchen. Es hilft nichts, über das zu reden, was man machen und umsetzen könnte, wenn es am Ende des Tages zu keinem Ergebnis kommt. Außerdem ist mir Transparenz sehr wichtig. Das würde ich in der Verwaltung in Form einer regelmäßigen Bürgerauskunft etablieren wollen. Ebenso sollte es eine zentrale Rufnummer geben für Fragen und Anregungen aus der Gemeinde.

Denken Sie es kann von Vorteil sein, parteilos zu sein?

Ich denke es ist im Wahlkampf nicht unbedingt von Vorteil. Doch als Samtgemeindebürgermeister hätte ich den Vorteil, an keine Parteipolitik gebunden zu sein. Ist ein Vorschlag sinnhaft und finanzierbar, hat er meine Unterstützung – ungeachtet der Partei, Person oder Gruppe, die ihn einbringt.

Sie sind 2019 nach Hattorf zurückgekehrt – was macht die Gemeinde für Sie besonders?

Die Samtgemeinde bedeutet Heimat für mich. Die Gemeinde und ihre Einwohner sind lebens- und liebenswert: Ich habe alles in kurzer Entfernung: Schwimmbad, Wald, Wiesen und Seen liegen vor der Tür. Also alles was ich zum Leben brauche in der Nähe – ohne den Trubel einer Großstadt. Zudem ist das Harzvorland touristisch sehr attraktiv.

Zur Person

Hartwig Lohrengel, geboren am 3. November 1977, begann 1998 seine Ausbildung zum Industrieelektroniker und machte 1999 seine Fachhochschulreife, 2007 zog es den gebürtigen Hattorfer weg aus der Heimat in Richtung Bad Bentheim im Landkreis Grafschaft Bentheim (Niedersachsen). Hier begann er als Service Techniker bei der Firma benTEC GmbH Drilling and Oilfield Systems zu arbeiten. Seit 2008 arbeitet er für die KCADeutag Drilling GmbH und betreut derzeit international sieben Bohranlagen.

2019 kehrte Hartwig Lohrengel zurück in die Samtgemeinde. Seitdem lebt er wieder in Hattorf. Der 45-Jährige ist geschieden und hat zwei Kinder – eine Tochter und einen Sohn.

Am 19. März wird Hartwig Lohrengel als parteiloser Kandidat zur Wahl antreten.