Herzberg. Die Fördermittel von „Perspektive Innenstadt“ sollen Herzberg durch fünf Projekte verschönern und beleben – auch Bürger dürfen sich dabei einbringen.

Es wird ernst im Rahmen des EU-weiten Förderprogramms „Perspektive Innenstadt“: Am Mittwochabend stellte die Stadt Herzberg mit der Planungsgruppe Puche die Maßnahmen vor, die durch die Förderungen umgesetzt werden sollen. Und diese, so waren sich die Anwesenden einig, sollen nur der Anfang sein.

„Wir müssen versuchen, die Innenstadt mit neuen Ideen und Impulsen mit mehr Leben zu füllen, sonst wird sich nie etwas ändern“, macht Bürgermeister Christopher Wagner eingangs klar. Anlieger und Immobilienbesitzer der Innenstadt scheinen diese Ansicht zu teilen: Bis auf wenige einzelne Plätze ist der Rittersaal an diesem Abend gefüllt. „Jedes Gebäude, das wir sinnvoll nutzen können, ist eine positive Sache. Wir können etwas erreichen.“

390.500 Euro Budget stehen der Stadt für die Maßnahmen zur Verfügung

Bei der Umsetzung der Projekte – fünf sind es insgesamt – soll die Planungsgruppe Puche aus Northeim helfen. Doch was genau ist das Ziel des Förderprogramms? Das fasst Jeremia Gessner, in der Gruppe zuständig für die Stadt- und Raumplanung, zusammen: „Ziel von Perspektive Innenstadt – einem Sofortprogramm der EU – sind die Abminderung der Folgen der Corona-Pandemie auf Innenstände wie Leerstände, die Anpassung dieser an neue Herausforderungen durch innovative Nutzungsformen und die kurzfristige Umsetzung von Projekten.“

Bewerben konnten sich niedersächsische Städte ab 10.000 Einwohnern. „Die Höhe der Förderung richtet sich dann nach der konkreten Einwohnerzahl.“ Mögliche Handlungsfelder beinhalten die sechs Bereiche: Konzepte und Strategien, Maßnahmen gegen Leerstand und „Problemimmobilien“, Handel und Dienstleistungen, Kultur, Freizeit und Tourismus, Natur und Klimaschutz sowie Verkehr/Logistik. Insgesamt, inklusive zweier Aufstockungen durch das Programm und mit Eigenmitteln der Stadt Herzberg, stehen für die Umsetzung 390.500 Euro zur Verfügung. „Drei der Maßnahmen sind bereits bewilligt, zwei von ihnen warten noch auf eine Bewilligung“, erläutert Gessner.

Das soll umgesetzt werden:

Bereits seit Beginn des Verfahrens im März im Einsatz ist das Innenstadtmanagement in Form der Planungsgruppe Puche, vertreten durch Jeremia Gessner und Lilli Brak. Ihre Aufgabe ist es, die Stadt bei der Erreichung der Planungsziele zu unterstützen, Informationsveranstaltungen zu organisieren und durchzuführen, sowie das Projektmanagement. Insgesamt belaufen sich die Kosten für diesen Bereich auf 45.000 Euro, gefördert wird dieser mit 40.500 Euro.

Die Aufenthaltsqualität am Juessee ist der Projektpunkt, für den die meisten Gelder veranschlagt werden. Sandy Köhler vom Stadtmarketing erklärt, was dort geplant ist: „Uns geht es darum, den Juessee attraktiver zu machen und die Aufenthaltsqualität zu steigern.“ In den Fokus der Arbeiten gerückt werden soll hier zum einen der Juesberg, der aktuell eine reine Freifläche ist. „Wir würden mit den Fördergeldern hier gerne eine Ruhezone mit Relax-Liegen und einer Sitzkombi einrichten. Auch die Seeterrasse, die Freifläche vor dem Schlösschen, soll das gleiche Mobiliar bekommen. „Uns ist es hier auch wichtig, modern zu bleiben und mit der Zeit zu gehen. Deshalb wollen wir einheitliche und nachhaltige Möbel, die aus recyceltem Material bestehen.“ In gleicher Manier, so Köhler, sollen rund um den Juessee auch alle Bänke und Mülleimer ausgetauscht werden.

Besonderen Fokus möchte die Stadt aber auf die Aussichtsplattform am Juessee richten, die zum Freibad gehört. „Wir wollen, dass dieser tolle Aussichtspunkt nicht nur zu den Öffnungszeiten des Freibades für Besucherinnen und Besucher zugänglich ist, sondern diese ganzjährlich zugänglich machen“, erklärt Sandy Köhler. Das soll durch die Schaffung eines separaten Einganges erfolgen. Der Terrassenboden soll zudem erneuert und ein Sonnenschutz installiert werden.

Auch der Fahrradabstellanlage vor dem Freibad möchte man sich annehmen: „Der Fahrradständer ist längst nicht mehr zeitgerecht. In Zeiten von Mountain- und E-Bikes möchten wir hier eine Kombination aus Fahrradabstellplätzen und solarbetriebenen E-Bike-Ladestationen anbieten.“ Insgesamt sind für diesen Projektteil rund 178.410 Euro veranschlagt, gefördert wird die Maßnahme mit 160.569 Euro.

Und auch die Kultur soll nicht zu kurz kommen: Für insgesamt 51.000 Euro möchte die Stadt auf „Kultur in der Kiste“ setzen. Angeschafft werden soll dafür ein Pkw-Anhänger mit einer Bühne, einer aufblasbaren Leinwand und einem DJ-Pult. Durch den vielfachen Nutzen, so die Stadt, kann der Anhänger für viele In- und Outdoor-Veranstaltungen in und um Herzberg eingesetzt werden. Für die Stadt selbst eine Erleichterung. „Bisher mussten wir Equipment für Veranstaltungen entweder ausleihen oder selbst anschaffen.“

Auf eine Bewilligung wartet unter anderem noch das Projekt „Nutzungskonzept Innenstadt und Beratung von Eigentümer:innen“. Dieser Projektpunkt bezieht sich auf den Marktplatz und die Hauptstraße der Stadt. Zum einen gehe es dabei um eine Bestandsanalyse des Einzelhandels in dem Bereich, aber vor allem auch der Leerstände. So sollen Eigentümern leerer Immobilen Vorschläge einer neuen Nutzung unterbreitet und bei dem Konzept geholfen werden.

Für das Innenstadt-Bild besonders wichtige Bereiche sollen erfasst und in Konzeptstudien ausgearbeitet werden. Außerdem möchte die Stadt es sich in diesem Rahmen offen halten, den Bebauungsplan zu verändern, um Eigentümern mehr Handlungsspielraum zu geben. So müsse es, wie Kerstin Bührmann von der Stadt betont, nicht nur um Einzelhandel oder Gastronomie gehen. „Es geht um Leben an sich, also beispielsweise auch Wohnen.“ Ebenfalls schließe die Stadt die Möglichkeit eines Co-Working-Space nicht aus. Für das Beratungskonzept plant die Stadt mit 70.000 Euro, 63.000 davon werden gefördert.

Das finale Vorhaben, das noch auf Bewilligung wartet, ist ein Park- und Besucherleitsystem für die Innenstadt. Bei dem rund 50.000 Euro teuren System solle es vor allem um die Verbesserung und Vereinheitlichung der Schilder gehen sowie um eine deutlichere Ausweisung von Parkplätzen an den Stadteingängen. Neu und besser ausgewiesen werden sollen auch die Fußgängerwege in die Innenstadt. In diesem Rahmen wäre für die Stadt ebenfalls eine Machbarkeitsstudie für die „Gartenstraße“ mit Blick auf E-Auto-Ladesäulen und Flächenoptimierung interessant.

Auch Bürger sind gefragt

Doch in „Perspektive Innenstadt“ sollen nicht nur Stadt und Planungsgruppe eingebunden werden: Prompt werden Zettel und dicke Filzstifte durch die Reihen gegeben, die Powerpoint-Präsentation zeigt den Anwesenden eine klare Aufgabe: Sie haben 20 Minuten Zeit, weitere Dinge aufzuschreiben, bei denen in der Innenstadt Handlungsbedarf besteht. Aufgeteilt werden diese Vorschläge in die Kategorien „Handel und Gewerbe“, „Kultur und Freizeit“, „Immobilien & Leerstand“ sowie „Öffentlicher Raum und Verkehr“.

Es dauert nicht lange, bis der Raum in lautes Gemurmel ausbricht und die ersten Menschen sich auf den Weg zu den Pinnwänden machen, um ihre Vorschläge anzuheften und sich in die zugehörigen Arbeitsgruppen einzutragen. Am Ende bleiben vier gut gefüllte Tafeln mit verschiedensten Vorschlägen. So wünscht sich jemand im Bereich „Kultur und Freizeit“ unter anderem ein Juesseefest, ein anderer schlägt einen Mittelaltermarkt im Schlossinnenhof vor, ein anderer könnte sich eine Cocktail-Night auf dem Marktplatz vorstellen.

In Sachen „Öffentlicher Raum und Verkehr“ reichen die Vorschläge von Toilette am Busbahnhof über insektenfreundliche Bepflanzung und Pflege von Obstbeständen im Stadtraum bis hin zu innenstadtnahen Wohnmobilstellplätzen. Bei „Handel und Gewerbe“ gibt es Vorschläge wie eine Co-Einzelhandelsfläche, eine Online-Plattform zur Präsentation des Handels sowie Räume und Schaufenster für die Stadtjugendpflege. Mehr Außengastronomie, kleine Wohneinheiten für Singles und Azubis sowie mehr Solaranlagen auf Dächern mit Zuschuss für Steckersolaranlagen wünschen sich die Anwesenden anonym unter „Immobilien und Leerstand“.

So geht es mit dem Projekt weiter

Da der Projektabschluss bis zum 31. März 2023 erfolgen muss, so Stadt und Planungsbüro, seien auch die nächsten Termine kurzfristig: Am Samstag, 19. November, können Interessierte ab 10 Uhr vom Marktplatz aus an einem Innenstadtspaziergang mit den Vertretern der Planungsgruppe teilnehmen und einen genauen Blick auf die Innenstadt werfen. Am Dienstag, 29. November, soll ab 16 Uhr ein Kinder- und Jugendworkshop stattfinden, Details hierzu werden noch bekanntgegeben.

Die einzelnen Dialoggruppen werden sich ebenfalls an folgenden Tagen sammeln: „Kultur und Freizeit“ trifft sich am Montag, 28. November, ab 18 Uhr. „Handel und Gewerbe“ am Montag. 5. Dezember, ab 18 Uhr, „Immobilien und Leerstand“ am Dienstag, 13. Dezember, sowie die Arbeitsgruppe „Öffentlicher Raum und Verkehr“ am Donnerstag, 15. Dezember, um 18 Uhr. Die Treffpunkte, so die Stadt, werden noch bekannt gegeben. Für Interessierte und Unentschlossene sei es bei Interesse zudem möglich, ebenfalls zu einer der Arbeitsgruppen-Termine zu erscheinen.