Herzberg. Wolf Dieter Bührmann vom Heimat- und Geschichtsverein hat die Historie des Turms der Nicolaikirche recherchiert.

Wolf Dieter Bührmann vom Heimat- und Geschichtsverein hat die Historie des Turms der Nicolaikirche recherchiert und unserer Zeitung den Bericht zur Verfügung gestellt: Der Turm wurde mit Grauwackesteinen als Wach- und Feuerturm 1616 über Herzberg errichtet. Das Gebäude gehörte damals dem Flecken, der auch für den Unterhalt aufkommen musste. In die vier Himmelsrichtungen zeigte weit oben je eine Fensteröffnung. Sie waren mit Schiebefenstern ausgestattet. Der Turmwächter hatte die Aufgabe jede Stunde auf Herzberg herabzublicken und ein Trompetensignal hören zulassen. Bei Feuer war ein Alarmsignal oder gar Glockengeläut zu vernehmen, um die Bevölkerung zu alarmieren.

Zur Zeit von Amtmann Nanne und Pastor Oelffen wurde 1729 der Turm mit Schiefertafeln neu gedeckt. Dabei fand man die alte Wetterfahne mit dem zugehörigen Knauf vor. Dieser enthielt Gründungsdokumente aus dem Jahr 1616. Die Geräteteile wurden abermals verwandt. Ein Abbild der damaligen Fahne ist nicht vorhanden. Für das Jahr 1808 diente als Turmwächter der Musikus Philipp Hausmann, der jährlich mit 10 Talern bezahlt wurde. In der obersten der drei Turmetagen wohnte um 1900 der alte Rakebrandt, der als Turmwächter, Totengräber und Kirchendiener angestellt war.

Früher gab es von Meteorologen noch keine Meldungen über Wetter und Wind. Erfahrung, man denke an den Hundertjährigen Kalender, und der Blick zu Himmel mussten die erforderlichen Angaben für eine gewisse Zeit liefern. Zur Anzeige der Windrichtung hat man die Wetterfahne erfunden. Dabei handelt es sich um ein gut drehbares, senkrechtes gestelltes Metallschild. Es war handgeschmiedet und sollte sich in den Wind stellen. Die Wetterfahne ist also nur ein Windrichtungsanzeiger, der zunächst an der Spitze von Kirchen und öffentlichen Gebäuden angebracht wurde, da sich nicht jedermann einen solchen leisten konnte. Den Hauptteil der Vorrichtung bildet die senkrechte Haltestange. Unten finden wir den Knauf in Kugelform, also den Globus, der das alte Weltbild verkörperte. Auch heute noch dient ein solches Symbol als Herrschaftszeichen von Königshäusern. Oben sieht man die eigentliche Fahne, die auf der Rückseite ein Gegengewicht in Bügelform aufweist, damit keine einseitige Belastung entsteht.

Mit der Fahne des Turms ist ein älterer Windrichtungsanzeiger zu sehen, der die Zahl 1661 trägt. Auf dem Schild ist das Sachsenross mit der Hannoverschen Krone oberhalb angebracht. Das überkronte C L steht für den Fürsten Christian Ludwig (1622-1665), der seine ersten 14 Jahre in Herzberg verbrachte. Der falschen Überlieferung nach wurde Kurfürst Georg Ludwig (1660-1727) 1661 in der Schlosskapelle getauft, tatsächlich in Hannover geboren und sicherlich kurz danach auch dort getauft. 1661 steht vermutlich in Zusammenhang mit dem 1654 begonnenen Bau der Kirche für Leichenpredigten, der zweiten Nicolaikirche.

Am Turm begann 1841 der Neubau der Predigerkirche St. Nicolai. Die drei ineinander verschlungenen Buchstaben stehen für E (rnst) A (ugust) R (ex) ((König)), geb. 20. November 1629 auf Schloss Herzberg, der 1. Kurfürst von Hannover und Vater des 1. Königs von England aus dem Haus Hannover. Also kann das jetzige Fahnenbild erst nach 1841 entstanden sein.

Da es sich bei der Fahne um eine schmiedeeiserne Treibarbeit handelt, entsteht trotz ständiger Witterung nur geringfügig Rost. Reparaturen waren 1772 und 1841 notwendig, bei denen man die alte Fahne und Knauf wieder aufsteckte.

Der Turm trägt in der Glockenkammer das Balkengerüst für die drei Kirchenglocken. Die älteste soll im 13. Jahrhundert gegossen worden sein, die zweite 1624 und die dritte 1731. Da im Jahr 1900 ein Blitzeinschlag Reparaturen verursachte wurde ein Blitzableiter installiert und die Schieferabdeckung durch eine Kupferbedachung ersetzt. 1987 erneuerte man das Dach wieder mit dem Edelmetall. Noch um 1900 gehörte der Turm noch der politischen Gemeinde. Wann die Turmuhr eingebaut wurde ist wohl nicht bekannt. Im Knauf bewahrt man noch heute für die Nachkommen Dokumente und Münzen auf. Das Gebäude ist aus Sicherheitsgründen für Besucher gesperrt.