„Die Verkehrswende kann nicht gelingen, wenn das Personal vor Überarbeitung flüchtet, bevor die Wende überhaupt richtig angefangen hat.“

Am Sonntagabend werden Details zu den umfangreichen Entlastungsplänen der SPD-Bundestagsfraktion bekannt, am Montagmorgen bestimmt hauptsächlich eine der vorgeschlagenen Maßnahmen die Schlagzeilen: Ein 49-Euro-Ticket als Nachfolge des in dieser Woche auslaufenden 9-Euro-Tickets. Das zeigt vor allem einen Konstruktionsfehler in der Sozialpolitik und der Debatte darum: Die Töne der Gewerkschaften, wie sehr Beschäftigte der Verkehrsbetriebe unter den vielen zusätzlichen Fahrgästen litten, wurden nur leise vernommen.

Klar – alle hatten es gern, das 9-Euro-Ticket. Günstig an die See und in die Alpen, dagegen kann niemand ernsthaft etwas haben. Somit war es auch ein Werkzeug sozialer Teilhabe, Menschen mit wenig Geld konnten verreisen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ihr Heimatort entsprechend an den Regionalverkehr angebunden ist – keineswegs überall der Fall. Für die wichtige und richtige Nachfolge des günstigen Tickets sollten also zuerst die strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehören die zuverlässige Anbindung und Taktung auch in kleinen Orten, ein modernes Schienennetz, ausreichende Züge und Busse, aber vor allem auch: ausreichend Personal.

Was im Verkehrssektor passiert, wenn zu wenig Personal für zu viele Kunden da ist, konnten wir in dieser Sommersaison an den Flughäfen beobachten. Und wozu dauerhafte Überlastung bei der Arbeit führt, zeigt sich seit Pandemiebeginn in der Pflegebranche – Menschen verlassen ihren Beruf. Kein Job vor allem in diesen Lohnsektoren ist so gut, dass man nicht auch einen anderen für sich findet. Die Verkehrswende kann nicht gelingen, wenn das Personal vor den Fahrgästen flüchtet, bevor die Wende überhaupt richtig angefangen hat.