Bad Sachsa/Walkenried. Sonnenkraftwerk oder Windparks: Die erdachten Wege im Südharz hin zur Klimaneutralität sind vielfältig. Vor allem Bad Sachsas Plan ist ehrgeizig.

Den Weg aus der Energiekrise heraus und gleichzeitig hin zur Klimaneutralität – im Südharz versucht man beide Ziele mit Macht voranzutreiben. Sowohl in Bad Sachsa als jetzt auch in Walkenried haben die jeweiligen Räte einstimmig Energiesparpläne beschlossen. Ebenso einstimmig arbeitet man daran, selbst erneuerbare Energie vor Ort zu erzeugen, aber mit unterschiedlichen Herangehensweisen.

Experten erstellen Konzept

In der Uffestadt sollen Experten ein integriertes Energie-, Wärmeplanungs- und Klimaschutzkonzept erarbeiten, um die notwendigen Schritte aufzuzeigen. Das Ziel ist dabei klar definiert: mit der Hilfe des Teams der „ansvar2030 Holding“ um dem Transformationsstrategen Felix Rodenjohann und den Projektplaner Jörn Anhalt sowie den neuen Klimaschutzmanager sollen Bad Sachsa und dessen Stadtteile bis zum Jahr 2030 klimaneutral und energieautark sein.

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Aber auch in der benachbarten Einheitsgemeinde Walkenried schreiten die Planungen voran. Einstimmig hat der Gemeinderat in seiner aktuellen Sitzung eine Absichtserklärung über den Ausbau von erneuerbaren Energien abgegeben. „Durch den Ausbau von erneuerbaren Energien im Bereich der Gemeinde Walkenried kann die Stromversorgung ein Stück weit sichergestellt werden und die zu erwartenden Beteiligungen und Steuereinnahmen tragen nicht unwesentlich zu einem verbesserten Haushalt der Gemeinde Walkenried bei“, heißt es in dem Beschluss.

Arbeitsplätze erhalten

Damit vollziehen die Kommunalpolitiker einen Schritt, an dem Gemeindebürgermeister Lars Deiters schon lange arbeitet. Allein die seit Monaten andauernde Diskussion um die Umstellung der Schmelzöfen bei der Gießerei Harz Guss in Zorge von Kohle- hin zu Elektroöfen hat gezeigt, wie wichtig und schnell die Energiewende vor Ort vollzogen werden muss. Solarenergie, Wasserstoff, Energiespeicher etc. werden dort als Alternativen zur Kohle überprüft, „wir vor Ort tun mit Vertretern von Landkreis, Land und Bund, wie auch Privatfirmen alles, um die 600 Arbeitsplätze in Zorge zu erhalten und das Unternehmen zukunftssicher aufzustellen“, erklärt Gemeindebürgermeister Deiters im Gespräch mit unserer Zeitung.

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Der Fokus hier liege vor allem auf einem großen Feld von Photovol­taik­anlagen. Hier sei man auch in Gesprächen mit Bad Sachsa und der Firma „ansvar2030 Holding“. Aber die Zukunft der Energie in der Gemeinde Walkenried soll bzw. wird mehrgleisig erfolgen.

Windräder aufbauen

Ein weiteres Projekt ist die mögliche Aufstellung von fünf Windkraftanlagen östlich von Wiedigshof, die jeweils eine Leistung von 6 Megawatt erzielen können. Die Höhe der Windräder liege, wie bei einer Präsentation des möglichen Investors gegenüber Verwaltung und Ratsmitgliedern vorgestellt, bei etwa 250 Metern. Wie diese betrieben werden können, also beispielsweise auch über die Kommune mit einer Art Stadtwerk, durch eine Bürger-Gesellschaft oder eben durch den Investor sei dabei aber noch völlig offen. Versorgt werden mit Strom könnten durch diese Windkraftanlagen etwa 4.500 Haushalte, also nach aktuellen Zahlen die gesamte Gemeinde Walkenried.

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Lars Deiters war zu diesem und anderen Themen auch schon bei anderen Kommunen, die bereits energieautark sind, um sich deren Vorgehen anzuschauen. „Seit meinem Amtsantritt habe ich einen dreistelligen Bereich an Arbeitsstunden in dieses Thema investiert – und wir sind noch lange nicht fertig“, betont der Verwaltungschef.

Heizungen optimieren

Um für den Moment die Folgen der Energiekrise abzufedern, hat der Gemeinderat Walkenried in seiner jüngsten Sitzung aber auch einen Maßnahmenplan mit verschiedensten Punkten beschlossen. Unter anderem bedeutet dies eine generelle Optimierung der vorhandenen Heizungen in kommunalen Gebäuden bzw. eine Überprüfung, wann diese in welcher Stärke laufen. Grundsätzlich will man sich bei den Heiztemperaturen an folgendem orientieren: In einem Arbeitsraum in einem öffentlichen „Nichtwohngebäude“ darf die Lufttemperatur maximal auf die folgenden Höchstwerte geheizt werden: für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit 19 Grad Celsius, für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 18 Grad Celsius, für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit 18 Grad Celsius, für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 16 Grad Celsius sowie für körperlich schwere Tätigkeit 12 Grad Celsius.

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Auch die Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern von außen, mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung ist untersagt, wird vorerst unterbleiben. Beispielsweise das Kloster Walkenried, oder aber die Glockentürme in Wieda und Zorge bleiben somit über die Nacht hin im Dunkeln. Gleichzeitig wird betont, dass die Regelungen nicht für Schulen, Kindergärten oder Kindertagesstätten gelten.

Beleuchtung wird ausgeschaltet

In Bad Sachsa hat der Stadtrat bereits Anfang August einen 20-Punkte-Plan beschlossen, um Strom und Gas zu sparen. Unter anderem sieht dieser vor, dass die Straßenbeleuchtung ab 22 Uhr auf sogenannte „Ganznachtschaltung“ gestellt wird; das bedeutet, dass weitestgehend nur noch ca. jede zweite Straßenlampe eingeschaltet ist. Zudem erfolgt auch die Ausschaltung der Parkbeleuchtungen im Stadt- und Vitalpark von 22 bis 6 Uhr.

Der Glockenturm in Wieda soll um Energie zu sparen nicht mehr beleuchtet werden.
Der Glockenturm in Wieda soll um Energie zu sparen nicht mehr beleuchtet werden. © HK | Thorsten Berthold

In seiner jüngsten Sitzung hat man aber vor allem die Pläne hin zur klimaneutralen und energieautarken Kommune noch einmal bekräftigt mit dem Beschluss, dass Experten ein Konzept erstellen sollen. Bürgermeister Daniel Quade war es dabei wichtig zu betonen, dass bei allen Überlegungen auch die Einwohnerinnen und Einwohner bzw. die Unternehmen vor Ort eingebunden werden.

Mammutaufgabe steht bevor

Ihm sei klar, dass all das, was komme, eine Mammutaufgabe mit einem Mix aus vielen Positionen sei. „Durch die Dekarbonisierung werden fossile Energieträger durch heimische, saubere und günstige Energie ersetzt.

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Durch die Elektrifizierung aller Bereiche kann Bad Sachsa in diesem Jahrzehnt dafür sorgen, eine energieautarke, wirtschaftlich solide und zukunftsfähige Stadt zu werden“, heißt es in der Sitzungsvorlage beim angestrebten Ziel der Umsetzung bis zum Jahr 2030.

Sonnenkraftwerk errichten

Unter anderem werden in den Plänen, die die Verwaltung vorstellte, dabei der Betrieb eines Sonnenkraftwerks inklusive Speicherung und digitalem Strom-Management genannt, wie auch der Austausch von Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen, einen Ausbau der Elektromobilität und eine Energieversorgung durch Eigenstrom.

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Auch erste Berechnungen für die Stromerzeugung konnte die Verwaltung präsentieren, so benötige man insgesamt 123 Hektar Fläche aus dem Stadtgebiet, das sind ca. 6,4 Prozent der gesamten Fläche, um den für die Kommune benötigten Strom bei einer vollständigen Elektrifizierung der Uffestadt (211 Gigawatt wären dies pro Jahr) benötigten, um dort entweder 17 Windräder oder aber Solaranlagen aufzustellen, die diesen Strom erzeugen könnten.

Um all dies zu schaffen, lautet die Devise für Daniel Quade vor allem eines: schnell sein. „Wir müssen schneller als andere sein, denn jeder weiß, wie lang heute Lieferketten sind.“ Und all das erfolge aus gutem Grund: „Schaffen wir es, entlastet es uns alle finanziell.“

Klimasparbrief nutzen

Aber nicht nur Pläne im großen wurden bei der Sitzung des Stadtrates besprochen, sondern auch konkrete Maßnahmen, die schnell umgesetzt werden sollen. So beteiligt sich die Stadt Bad Sachsa am Klimasparbrief des Landkreises Göttingen – und mit dessen Hilfe sollen die Heizungen im Rathaus und auch dem Gebäude, in dem das Bau-, Ordnungs- und Standesamt untergebracht sind, saniert werden. Man habe beide Objekte als Projekte angemeldet und 115.000 Euro für die Umsetzung eingesetzt, „wobei unser Eigenanteil dank des Sparbriefes nur bei 15.000 Euro liegt“, erklärt der Bürgermeister. Die Umsetzung soll im Jahr 2023 erfolgen, „und wir wurden bereits aufgefordert, weitere Projekte zu nennen.“