Bad Lauterberg/Stockholm. Der ehemalige Chefarzt des Diabeteszentrums in Bad Lauterberg im Harz, Professor Michael Nauck, bekommt die Claude-Bernard-Medaille. Sein Wirken.

40 Jahre und damit fast sein gesamtes Berufsleben hat sich Professor Michael Nauck in den Dienst der Diabetes-Behandlung und vor allem der Forschung gestellt. Mit großem Erfolg: Das von ihm maßgeblich mitentwickelte Therapieprinzip der sogenannten GLP-1-Rezeptor-Agonisten hat der Diabetes-Therapie zu einem Quantensprung verholfen und international schon Millionen von Patienten mit Diabetes Typ 2 geholfen.

Dafür wurde der ehemalige Chefarzt des Diabeteszentrums in Bad Lauterberg im Harz, eine Fachklinik für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten, von der European Association for the Study of Diabetes (EASD) am 20. September mit der Claude-Bernard-Medaille geehrt – das ist die höchste Auszeichnung, die in dieser medizinischen Disziplin für innovative Forschung zu vergeben ist.

Parallel dazu fand traditionell ein Vortrag („lecture“) zum Thema statt, den Michael Nauck in Stockholm vor prominentem internationalem Publikum gehalten hat. In Fachkreisen gilt er als ein Pionier der Diabetologie.

Chefarzt in Bad Lauterberg und Forscher auf der Weltbühne

Nauck war in den Jahren 2000 bis 2014 nicht nur Chefarzt des Diabeteszentrums Bad Lauterberg im Harz, sondern hat in dieser Zeit den maßgeblichen Teil seiner Forschung für die Patienten mit Diabetes mellitus vollbracht.

GLP-1-Rezeptor-Agonisten haben gegenüber dem herkömmlichen Insulin und weiteren Medikamenten erhebliche Vorteile: Sie verhindern die sonst übliche und von den Patienten gefürchtete Gewichtszunahme – im Gegenteil: Die Patienten nehmen deutlich ab und empfinden dies als riesige Erleichterung. Je nach Präparat sind es drei bis zwölf Kilogramm, mitunter mehr als zwanzig.

Das sind die Vorteile von GLP-1-Medikamenten gegenüber Insulin

Gefährliche Unterzuckerungen sind nahezu ausgeschlossen. Signifikant sinkt ferner das Risiko von Folgeerkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt, die bei Diabetes vermehrt vorkommen und eine häufige Todesursache sind. „Für Patienten mit solchen Risiken, die vielleicht sogar schon einen Schlaganfall beziehungsweise Herzinfarkt erleiden mussten, ist der Einsatz von GLP-1-Rezeptor-Agonisten nach den ärztlichen Leitlinien heute fast verpflichtend“, sagt Nauck.

Museumsstück: Insulinspritze aus der DDR.
Museumsstück: Insulinspritze aus der DDR. © HK-Archiv | Melina Debbeler

GLP-1-Medikamente wirken nicht wie das vor rund 100 Jahren entdeckte Insulin, sondern ähnlich wie Hormone aus dem Dünndarm (Inkretine), die die körpereigene Insulinproduktion anregen. Anders als bei Insulin, für das bei jedem Patienten individuell mit viel Aufwand die passende Dosierung gefunden werden muss, gibt es bei GLP-1-Rezeptor-Agonisten eine Standarddosierung: Eine Spritze pro Woche reicht heutzutage meistens aus.

Und in Zukunft? Von der Spritze zur Tablette

Inzwischen wird daran gearbeitet, das Medikament auch als Tablette einzunehmen. Weitere Forschungen beziehen sich auf Nachfolgesubstanzen, die auch über einen zweiten Hormonrezeptor wirken. Nach ersten Studien sinkt das Körpergewicht dort noch viel stärker.

Die Dynamik hält an. „Ich bin erstaunt, welches Entwicklungspotenzial das Therapieprinzip GLP-1 bewiesen hat, wodurch unseren Patienten mit Typ 2 Diabetes alle zwei bis drei Jahre Präparate mit immer noch deutlich stärkerer Wirkung auf Stoffwechselkontrolle und Körpergewicht zur Verfügung stehen“, betont Nauck. „Das lässt auch für die Zukunft weitere erhebliche Fortschritte erwarten.“