Braunschweig. Braunschweigs Stammtorhüter will im Derby gegen Hannover mit seinen Mitspielern etwas gutmachen. Hier spricht er über seine Entwicklung.

Im vergangenen März war Ron-Thorben Hoffmann noch Nebendarsteller im Derby. Bei Eintracht Braunschweigs rauschhaftem 1:0-Sieg gegen Hannover 96 drückte er die Bank, während Torwart-Routinier Jasmin Fejzic sein allerletztes Heimspiel im Stadion an der Hamburger Straße bestreiten sollte. Das wusste der Bosnier seinerzeit natürlich noch nicht, doch schon damals machte Hoffmann gehörig Druck auf die damalige Nummer 1 des Fußball-Zweitligisten.

Mittlerweile ist der 25-Jährige selbst Stammkeeper des Traditionsvereins. Am Sonntag (13.30 Uhr) wird er im Heimspiel gegen den Rivalen zwischen den Pfosten stehen. Damals war er einer der ersten Gratulanten nach Jannis Nikolaous Last-Minute Siegtor. Doch wie war das damals? „Sehr, sehr besonders, weil ich gerade in dem Spiel gespürt habe, was es dem Umfeld und den Fans bedeutet“, sagt er wenige Tage vor dem wichtigen und prestigeträchtigen Spiel. „Wir haben in dieser Woche auch mit Jasi darüber gesprochen. Es ist ein absolutes Privileg, ein Derby zu spielen.“

Eintracht Braunschweigs Thorben Hoffmann hat Lust auf Emotionen nach Derbysieg

Jetzt ist die Situation eine andere. Hoffmann steht als Leistungsträger selbst im Fokus. Und auch persönlich würde er das Gefühl eines Derbysieges noch einmal anders verspüren. „Ich habe Lust, diese Emotionen noch einmal verstärkt zu erleben, weil ich jetzt auch auf dem Feld stehe“, verdeutlicht er. Insbesondere, weil sein erstes Spiel gegen die „Roten“ in der Hinrunde mit 0:2 und einer verängstigten Vorstellung der Eintracht gehörig in die Hose ging. „Dieses Hinspiel war für mich und das Team der tiefste Punkt der Saison. Wir waren absolut tot danach, in uns war absolute Leere. Umso mehr weiß ich wertzuschätzen, an welchem Punkt wir jetzt stehen. Wir haben uns wieder etwas aufgebaut, Spiele gewonnen, Punkte gesammelt – darauf können wir und unsere Fans stolz sein. Das ist etwas, das uns beflügeln kann. Uns muss keiner mehr extra motivieren“, bekräftigt er.

Das Team hat unter dem neuen Trainer Daniel Scherning den Umschwung geschafft, ist nach einer starken Aufholjagd wieder dick im Geschäft um den Klassenerhalt in Liga 2. Und auch Hoffmann, der schon in Eintrachts schwacher Phase zu Saisonbeginn ein Stabilitätsfaktor war, ist noch einmal an seinen Aufgaben gewachsen. Auch mental wirkt er stärker, präsenter, und von seiner Persönlichkeit lauter als in der Vergangenheit. Nach einer Parade beim 5:0-Erfolg gegen die SV Elversberg reckte er jüngst die Arme gen Himmel und feierte. „Es war ein wichtiger Moment im Spiel. Beim Stand von 2:0 kam Elversberg mehr und mehr ins Spiel. Ein Gegentor hätte eine Tür geöffnet. Ich war froh, in der Eins-gegen-Eins-Situation gewonnen zu haben. Das fühlte sich einfach gut an. Generell gibt es sicher emotionalere Torwart-Typen als mich. Ich versuche, meinen Job zu machen und mich darauf zu fokussieren“, erläutert er.

Doch so ganz plötzlich kam der kleine Gefühlsausbruch dann doch nicht. „Lautstark auf dem Platz die Mannschaft zu pushen und die Defensive zu führen, ist mir wichtig. Es ist der Weg, den ich eingeschlagen habe und mein Anspruch an mich als Führungsspieler. Mit Blick auf das Derby ist es einfach wichtig, dass wir uns auf dem Platz gegenseitig pushen, über unsere Grenzen gehen und uns bedingungslos unterstützen“, weiß Hoffmann. Sein Vorgänger Fejzic ging schon mal ins Tête-à-Tête mit den Spielern im andersfarbigen Trikot, wenn ihm etwas nicht passte, um so auch ein Zeichen an seine Mitspieler zu senden. „Ich werde nie der Typ sein, der Kopf an Kopf mit seinem Gegenspieler dasteht, das bin ich nicht“, sagt Hoffmann. „Am Ende geht es darum, mit Leistung voranzugehen und dir damit das Vertrauen der Mannschaft und des Umfelds zu erarbeiten. Das ist mir in dieser Saison gut gelungen. Aber gerade die letzten sechs Spiele haben noch einmal ein anderes Gewicht. In diesen Momenten will ich weiter da sein und der Mannschaft mit guten Leistungen bestmöglich helfen, Punkte einzufahren. Mir bedeuten die Jungs sehr viel, genauso wie der Verein und vor allem die Fans.“ Für den langjährigen Nachwuchskeeper des FC Bayern München ist aber auch klar: „Ich will die Mannschaft von hinten führen und emotionaler werden, aber mich dabei nicht verlieren.“

Eintracht Braunschweigs Torhüter nimmt vor Hannover-Spiel anderen Zug im Training wahr

Das wird für das gesamte Team im Derby wichtig sein. Der Schlussmann nahm in dieser Woche aber ein anderes Prickeln wahr als vor anderen Spielen. „Die Zweikämpfe im Training sind gefühlt noch einen Tick bissiger. Ich glaube, alle Spieler freuen sich und wollen das wiedergutmachen, was im Hinspiel schiefgelaufen ist“, ordnet er ein. „Es brennt schon. Vielleicht ist es meine subjektive Wahrnehmung, aber ich habe den Eindruck, dass es diese Woche noch ein bisschen lauter auf dem Platz ist. Die erfahrenen Spieler ziehen an und wollen vorangehen. Doch am Ende funktioniert es am Wochenende nicht mit fünf guten Spielern, sondern nur als gesamte Mannschaft.“

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In der Erstliga-Saison 2013/14 gewannen Hoffmanns Vorgänger gegen Hannover deutlich mit 3:0, aber stiegen danach ab, ohne einen weiteren Punkt zu holen. Es ist die Gefahr, zu viel Energie in ein Spiel zu stecken, das am Ende auch nur drei Punkte bringt. Doch die Nummer 1 glaubt nicht, dass sich die Geschichte wiederholt. „Wir werden einen Teufel tun, den Fokus zu verlieren. Was wir in dieser Rückrunde geschafft haben, dafür möchten wir uns mit dem Klassenerhalt belohnen. Wir sind mit zehn Gegentoren in der Rückrunde die defensivstärkste Mannschaft der 2. Bundesliga. Es fühlt sich ein bisschen wie Wiedergutmachung an, nachdem wir in der Hinrunde auch zurecht oft auf die Fresse bekommen haben. Wir wollen Siege mit dieser tollen Mannschaft und unseren super Fans feiern – im Derby und in den Spielen danach“, sagt der gebürtige Rostocker.

Jeder spielt um eine bessere Zukunft bei Eintracht Braunschweig - auch Thorben Hoffmann

Für ihn ist klar: „Jeder spielt auch um seine eigene Zukunft. Und jede persönliche Perspektive wird besser sein, wenn wir zusammen die Liga halten.“ Auch Hoffmanns Vertrag endet im Sommer. Wäre er im schlimmsten Fall bereit, ein Drittliga-Szenario mitzumachen? „Damit beschäftige ich mich überhaupt nicht, weil mein eigener Anspruch nicht damit zusammenpasst, mich mit dem zu befassen, was nach der Saison passiert. Der volle Fokus liegt auf dem nächsten Spiel. Wir wollen in Braunschweig 2. Bundesliga spielen“, sagt er.

Zunächst steht ein Derby an. Eines mit stets starker Atmosphäre von den Rängen. „Da freue ich mich sehr drauf, wenn jeder Zweikampf gefeiert wird, wenn der Rasen sprichwörtlich brennt“, so Hoffmann. Doch danach geht es unabhängig vom Ausgang des Spiels weiter auf der gemeinsamen Mission, an deren Ende ein weiteres Jahr 2. Liga stehen soll. Der Schlussmann ist davon jedenfalls fest überzeugt. „Den Klassenerhalt schaffen wir, weil wir eine tolle Mannschaft sind und mega Fans haben. Die Energie stimmt. Es gibt keine Grüppchenbildung. Jeder kennt seine Rolle und arbeitet für den anderen. Keiner bei uns dreht durch, seit November fühlt es sich so gut an, weil wir aus einer aussichtslosen Situation die Chance auf ein weiteres Jahr in der 2. Liga maximiert haben. Und am Ende wäre es eine Top-Leistung, die Klasse zu halten. Leicht wird es nicht, aber wir werden dafür kämpfen und alles geben.“

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